Bezahlte Engagements von Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und privatrechtlicher Medien bei Ministerien und Behörden des Landes Nordrhein-Westfalens

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1522

des Abgeordneten Sven W. Tritschler vom 13.03.2023

Bezahlte Engagements von Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und privatrechtlicher Medien bei Ministerien und Behörden des Landes Nordrhein-Westfalens

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland genießen laut Grundgesetz Rundfunkfreiheit (Artikel 5 Absatz 1 Satz 2). Die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von staatlicher Einflussnahme soll durch die „Wahrung einer hinreichenden Staatsferne“ sichergestellt werden (Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. März 2014, 1 BvF 1/11 bis 1 BvF 4/11).

Unlängst wurde jedoch bekannt, dass Ministerien des Bundes sowohl Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als auch Mitarbeiter sogenannter privater Medien mitunter regelmäßig für bestimmte Tätigkeiten anwarben und vergüteten (Drucksache 20/5822 des Deutschen Bundestages). Derartige Zahlungsflüsse sind umstritten, da sie im Verdacht stehen, die gebotene Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und damit auch seine inhaltlich-redaktionelle Autonomie zu unterlaufen.

Daher frage ich die Landesregierung:

  1. Welche Aufträge (z.B. Moderation, Rhetorik- oder Sprach-Training etc.), Honorare und sonstige Zahlungen erhielten freie, festangestellte, neben- und hauptberufliche Journalisten der Sendern von ARD, ZDF, Deutschlandradio oder Deutsche Welle in den Jahren 2017 bis 2022 von Ministerien oder Behörden des Landes NRW? (Bitte aufschlüsseln nach: Jahr, Datum, Art des Auftrags, Ministerium, Journalist, Sender des/der Journalisten, Höhe des Honorars bzw. der Zahlung/Rechnungssumme brutto)
  2. Welche Aufträge (z.B. Moderation, Rhetorik- oder Sprach-Training etc.), Honorare und sonstige Zahlungen erhielten freie, festangestellte, neben- und hauptberufliche Journalisten privatrechtlich verfasster Radio- und Fernsehsender, Zeitungen oder sonstiger Medienerzeugnisse in den letzten fünf Jahren von Ministerien oder Behörden des Landes NRW? (Bitte aufschlüsseln nach: Jahr, Datum, Auftrag, Ministerium, Journalist, Sender des/der Journalisten, Höhe des Honorars bzw. der Zahlung/Rechnungssumme brutto)
  3. Wie bewertet die Landesregierung ihre Auftragspraxis im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gebotene „hinreichende Staatsferne“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks?

Sven W. Tritschler

 

Anfrage als PDF


Der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien und Chef der Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage 1522 mit Schreiben vom 12. Juni 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen dem Ministerpräsidenten und allen Mitglie­dern der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die erbetenen Informationen wurden im Wege einer Ressortabfrage erhoben. Mit Blick auf den Abfragezeitraum ist es aufgrund des zweimaligen Regierungswechsels und der damit einher­gehenden Organisationsentscheidung des Ministerpräsidenten zu Veränderungen von Ress­ortzuschnitten und Zuständigkeiten gekommen, die soweit möglich in der Gesamtübersicht berücksichtigt sind. Eine flächendeckende Abfrage im nachgeordneten Bereich war in der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

In der Gesamtübersicht sind solche Aufträge aufgeführt, die nach Kenntnis der Landesregie­rung unmittelbar an den in der Kleinen Anfrage benannten Personenkreis erteilt worden sind.

Ob Einzelpersonen darüber hinaus oder vor bzw. nach dem Auftragszeitraum journalistisch tätig waren, kann die Landesregierung nicht ausschließen.

Die Anonymisierung der Namen der beauftragten Journalistinnen und Journalisten sowie die Aggregierung der Zahlungen jeweils der einzelnen Ressorts unter Kenntlichmachung von Hauptarbeitgeber und der Art des Auftrages für die Landesregierung bringt das berechtigte Informationsinteresse des Fragestellers mit den Persönlichkeitsrechten und Geschäftsge­heimnissen der von der Beauskunftung betroffenen Journalistinnen und Journalisten in einen angemessenen Ausgleich.

Die Übermittlung der Namen von Auftragnehmern der Landesregierung, die natürliche Perso­nen sind, unterliegt datenschutzrechtlichen Beschränkungen. Es bedarf im Rahmen der Be­antwortung Kleiner Anfragen daher stets einer Abwägung zwischen dem parlamentarischen Auskunftsanspruch und dem grundrechtlich geschützten Interesse der natürlichen Personen an einem selbstbestimmten Umgang mit ihren Daten. Neben dem Schutz von Persönlichkeits­rechten, hat die Landesregierung auch Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse Dritter zu wah­ren.

Die Einschränkung des Informationsinteresses des Landtages darf allerdings nicht weiterge­hen, als es zum Schutz der Persönlichkeitsrechte bzw. Geschäftsgeheimnisse zwingend ge­boten ist. Die Abwägung hat so zu erfolgen, dass die geschützten Interessen und das Infor­mationsinteresse jeweils in bestmöglicher Weise zu Geltung kommen.

Auf Basis dieser Grundsätze war eine in die Rechte der Betroffenen besonderes eingreifende Benennung von Klarnamen und Preisangaben durch das Kontroll- und Informationsinteresse des Landtages nicht geboten. Die Darlegungen erfüllen den aus der Anfrage objektiv erkenn­bar werdenden Informationsbedarf auch ohne die vorgenannten Angaben.

  1. Welche Aufträge (z.B. Moderation, Rhetorik- oder Sprach-Training etc.), Honorare und sonstige Zahlungen erhielten freie, festangestellte, neben- und hauptberufli­che Journalisten der Sendern von ARD, ZDF, Deutschlandradio oder Deutsche Welle in den Jahren 2017 bis 2022 von Ministerien oder Behörden des Landes NRW? (Bitte aufschlüsseln nach: Jahr, Datum, Art des Auftrags, Ministerium, Journalist, Sender des/der Journalisten, Höhe des Honorars bzw. der Zahlung/Rechnungssumme brutto)

Für die Beantwortung wird unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Vorbemerkung auf Anlage 1 verwiesen.

  1. Welche Aufträge (z.B. Moderation, Rhetorik- oder Sprach-Training etc.), Honorare und sonstige Zahlungen erhielten freie, festangestellte, neben- und hauptberufli­che Journalisten privatrechtlich verfasster Radio- und Fernsehsender, Zeitungen oder sonstiger Medienerzeugnisse in den letzten fünf Jahren von Ministerien oder Behörden des Landes NRW? (Bitte aufschlüsseln nach: Jahr, Datum, Auftrag, Ministerium, Journalist, Sender des/der Journalisten, Höhe des Honorars bzw. der Zahlung/Rechnungssumme brutto)

Für die Beantwortung wird unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Vorbemerkung auf Anlage 2 verwiesen.

  1. Wie bewertet die Landesregierung ihre Auftragspraxis im Hinblick auf die verfassungsrechtlich gebotene „hinreichende Staatsferne“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks?

Das Prinzip der Staatsferne des Rundfunks stellt sicher, dass staatliche Institutionen keinen unmittelbaren oder mittelbaren Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung des Programms des Rundfunks nehmen. Die aufgezeigte Praxis, für einzelne Veranstaltungen der Landesregie­rung oder ihr nachgeordneter Behörden Journalistinnen und Journalisten etwa als Dozenten oder Moderatorinnen zu beauftragen, steht dem nicht entgegen.

 

Antwort als PDF

Beteiligte:
Sven Tritschler