Kleine Anfrage 5211
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD
Charter-Überstellungsflug für 7 Personen nach Bulgarien – PR-Coup 2 zwei Wochen vor der Bundestagswahl oder nachhaltiger Sinneswandel?
Am 11. Februar hat das Land NRW sieben Asylsuchende mit einem ersten selbst organisierten Charter-Abschiebeflug nach Bulgarien überstellt. Im Detail handelte es sich um vier syrische und drei afghanische Staatsbürger. Das berichtete zuerst die Rheinische Post am 12. Februar. Wie die RP weiter berichtet, handelte es sich dabei nicht um Straftäter oder Gefährder. „Drei Ausreisepflichtige seien aus der Abschiebehaftanstalt in Büren abgeholt worden, einer aus einer Landesunterkunft. Die drei Afghanen hatte die Bundespolizei zuvor aufgegriffen.“1
Wie uns zugetragen wurde, handelte es sich bei dem Sonderflug nach Sofia um einen Airbus
A 321 (OY-RUU), welcher aktuell von der Fluggesellschaft ‚Danish Air Transport‘ betrieben wird.2 Das verwundert, da Flugzeuge dieses Typs – je nach Ausstattung – für bis zu 220 Passagiere ausgelegt sind. Angeblich hätten noch mehr Personen rücküberstellt werden sollen. In diesen Fällen scheiterte die Dublin-Rücküberstellung allerdings.
NRW-Fluchtministerin Josefine Paul (Grüne) wird wie folgt zitiert: „Sieben Personen, das klingt nach nicht viel. Aber wir haben es hier mit einem großen Schritt nach vorn zu tun […] Die Bundesländer hatten bisher nicht die Möglichkeit, eigene Charterflüge nach Bulgarien zu organisieren. Jetzt können wir das endlich. […] Überstellungen sind mit Charterflügen organisatorisch sehr viel effizienter durchführbar, als wenn man sie in Einzelmaßnahmen über die begrenzten Platzkapazitäten in Linienflügen hinbekommen muss. Wir können unserem Auftrag, für Rückführungen zu sorgen, dadurch besser gerecht werden. […] Bulgarien gehört zu den wichtigsten Zielländern für Dublin-Fälle […] Wir hoffen, dass wir solche Charterflüge jetzt häufiger durchführen können, brauchen dazu aber immer die Genehmigung durch das Bundesamt für Migration, das die Konditionen mit Bulgarien aushandelt und auch die Bedarfe anderer Bundesländer im Blick haben muss.“3
Gegenüber dem WDR ergänzte Ministerin Paul, dass in Zukunft der Bund für solche Rücküberstellungen in andere EU-Länder zuständig sein müsse: „Das ist zeitlich aufwändig. Und insbesondere bei den Dublin-Überstellungen, wo die Fristen sehr kurz sind, wäre es sinnvoll, wenn der Bund die Gesamtverantwortung nicht nur für das Verfahren, sondern auch für die Rücküberstellungen übernehmen würde. […] Wir können unserem Auftrag, für Rückführungen zu sorgen, dadurch besser gerecht werden.“4
Von Seiten des BAMF kam auf Nachfrage der WAZ Widerspruch zur Darstellung der Ministerin. Von einer Änderung des Verfahrens kann demnach nicht die Rede sein. Ein BAMF-Sprecher äußerte sich wie folgt: „Der konkrete Vollzug der Überstellung im Dublin-Verfahren obliegt den Ausländerbehörden und der Bundespolizei.“ Auch die Planung einer Überstellung liege im Verantwortungsbereich der Ausländerbehörde bzw. der Bundesländer.5
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte ebenfalls, das BAMF koordiniere nur die Überstellung mit den nach der Dublin-III-Verordnung zuständigen EU-Ländern. Es bestehe „ein in der Praxis etabliertes Verfahren, nach dem die Bundesländer im Wechsel Charterflüge in die zuständigen Mitgliedstaaten organisieren und durchführen können“.6
Ich frage daher die Landesregierung:
- Nach Aussage der zuständigen Ministerin hatten die Bundesländer „bisher“ nicht die Möglichkeit, eigene Charterflüge nach Bulgarien zu organisieren; „jetzt“ könnten sie das aber endlich. Womit begründet sich die angedeutete Änderung des Verfahrens in Bezug auf Dublin-Rücküberstellungen nach Bulgarien, die seitens des BAMF in dieser Form nicht bestätigt wurde?
- Im Rahmen der Debatte zu einer Aktuellen Stunde auf Antrag der Fraktion der AfD am 19.02.2025 sprach die zuständige Ministerin von einer Höchstzahl von 10 Personen je Flug im Zusammenhang mit Dublin-Rücküberstellungen nach Bulgarien. Auf Grundlage welches Abkommens ist diese Höchstzahl festgeschrieben? (Bitte das entsprechende Dokument der Antwort beifügen)
- Wie viele Personen sollten mit dem oben aufgeführten Flug ursprünglich nach Bulgarien rücküberstellt werden? (Bitte in diesem Zusammenhang auch angeben woran die weiteren Dublin-Rücküberstellungen gescheitert sind)
- Welche Kosten sind im Zusammenhang mit dem Flug-Charter von Düsseldorf nach Sofia – in einem für lediglich sieben rückzuüberstellende Personen viel zu großen Fluggerät – insgesamt angefallen? (Bitte die angefallenen Kosten im Detail aufschlüsseln)
- Warum wurde in diesem Zusammenhang kein kleineres Fluggerät genutzt, um die Kosten für den Steuerzahler nach Möglichkeit zu reduzieren?
Enxhi Seli-Zacharias
2 Vgl. https://www.airfleets.net/ficheapp/plane-a321-878.htm
4 Vgl. https://www1.wdr.de/nachrichten/nrw-erster-abschiebeflug-100.html und
https://www.youtube.com/watch?v=pXythBoROkY
6 Ebd.
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 5211 mit Schreiben vom 20. März 2025 namens der Landesregierung beantwortet.
- Nach Aussage der zuständigen Ministerin hatten die Bundesländer bisher nicht die Möglichkeit, eigene Charterflüge nach Bulgarien zu organisieren; jetzt könnten sie das aber endlich. Womit begründet sich die angedeutete Änderung des Verfahrens in Bezug auf Dublin-Rücküberstellungen nach Bulgarien, die seitens des BAMF in dieser Form nicht bestätigt wurde?
Die Zentralstelle für Flugabschiebungen des Landes Nordrhein-Westfalen (ZfA) hat sich am 05. April 2023 sowie 12. September 2024 schriftlich an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gewandt und die Durchführung von Chartermaßnahmen angefragt. Auf beide Anfragen hat die ZfA die Rückmeldung erhalten, dass die Ausrichtung vom Land nicht möglich sei. Chartermaßnahmen wurden bis dahin für die Überstellung der Aufgriffshaftfälle (Art. 28 Abs. 3 Dublin-III-VO) der Bundespolizeiinspektionen verwendet. Sofern die Bundespolizei die Maßnahme nicht selbst durch Aufgriffshaftfälle auffüllen konnte, wurden die Bundesländer mit hohem Rückführungsbedarf kontaktiert und eine Beteiligung angeboten. In der Vergangenheit hat sich Nordrhein-Westfalen an Maßnahmen am 25.04.2024, 07.05.2024, 06.06.2024, 24.10.2024 und 15.01.2025 ab Stuttgart sowie am 12.09.2024 ab München beteiligt.
Am 22. November 2024 hat die ZfA schließlich die Bestätigung des BAMF für die Ausrichtung der Charter-Maßnahme am 11. Februar 2025 nach Bulgarien erhalten.
- Im Rahmen der Debatte zu einer Aktuellen Stunde auf Antrag der Fraktion der AfD am 19.02.2025 sprach die zuständige Ministerin von einer Höchstzahl von 10 Personen je Flug im Zusammenhang mit Dublin-Rücküberstellungen nach Bulgarien. Auf Grundlage welches Abkommens ist diese Höchstzahl festgeschrieben?
Der Abschluss von Verwaltungsvereinbarungen mit den jeweiligen Mitgliedstaaten in Bezug auf Dublin-Überstellungen liegt nicht im Zuständigkeitsbereich der Landesregierung. Die Zuständigkeit liegt beim Bund.
- Wie viele Personen sollten mit dem oben aufgeführten Flug ursprünglich nach Bulgarien rücküberstellt werden? (Bitte in diesem Zusammenhang auch angeben woran die weiteren Dublin-Rücküberstellungen gescheitert sind)
Laut den der ZfA übermittelten Vorgaben der bulgarischen Behörden dürfen lediglich 10 Personen per Chartermaßnahme befördert werden, entsprechend hatte das Land die Rücküber-stellung von maximal zehn Personen vorgesehen.
- Welche Kosten sind im Zusammenhang mit dem Flug-Charter von Düsseldorf nach Sofia in einem für lediglich sieben rückzuüberstellende Personen viel zu großen Fluggerät insgesamt angefallen? (Bitte die angefallenen Kosten im Detail aufschlüsseln)
Für die Chartermaßnahme wurden Kosten in Höhe von 63.470 € erhoben. Hierbei handelt es sich ausschließlich um die Kosten für das Fluggerät und das Flugpersonal. Zusätzlich fallen wie bei jeder anderen Chartermaßnahme weitere Kosten an (Begleitpersonal der Bundespolizei, Medical Team, Dolmetscher, Sicherheitspersonal des Flughafens). Die Rechnungen hierfür liegen bis dato nicht vor, weshalb der Betrag nicht weiter beziffert werden kann.
- Warum wurde in diesem Zusammenhang kein kleineres Fluggerät genutzt, um die Kosten für den Steuerzahler nach Möglichkeit zu reduzieren?
Die organisatorische Vorbereitung – in diesem Zusammenhang die Bereitstellung des Luftfahrzeuges – erfolgte durch die Bundespolizei und lag damit außerhalb der Einflusssphäre der Landesregierung.