Effektive Brandbekämpfung bei Bränden von E-Autos – Welche Rolle spielen fluorhaltige Elektrolyten und Schaummittel?

Kleine Anfrage
vom 08.11.2021

Kleine Anfrage 6120des Abgeordneten Christian Loose vom 08.11.2021

 

Effektive Brandbekämpfung bei Bränden von E-Autos Welche Rolle spielen fluorhaltige Elektrolyten und Schaummittel?

Eine Batterie braucht einen sog. Elektrolyten, um zwischen den Elektroden zu vermitteln. In Elektroautos mit einer Lithium-Ionen-Batterie wird dazu auch Lithiumhexafluorophosphat verwendet (LiPF6). LiPF6 besteht aus dem Kation Lithium+ und dem Anion Hexafluorophosphat PF6. Wenn das Anion in Kontakt mit Wasser (H2O) gerät (dazu reicht bereits die Luftfeuchtigkeit aus), bildet sich Fluorwasserstoff (HF). Die wässrige Lösung von Fluorwasserstoff ist die Flusssäure (HFaq); diese ist als eine hochgiftige Flüssigkeit bekannt. Bei Elektrobränden setzt die Feuerwehr kein reines Löschwasser ein. Als weiteres Mittel zur Bekämpfung von Autobränden haben Einsatz- und Rettungskräfte den sog. Löschschaum. Der Löschschaum ist ein spezielles Gemisch aus Wasser und Schaummittel. Es gibt unterschiedliche Schaummittel. Weit verbreitet unter den Einsatz- und Rettungskräften ist immer noch der Einsatz von Fluorproteinschaum (FPS) und filmbildende Fluorproteinschaummittel (FFFP).

Aus Gründen des Umweltschutzes wird daran gearbeitet, den Einsatz von fluorhaltigen Schaummittel zu reduzieren und letztlich abzuschaffen. So empfiehlt das Umweltbundesamt, auf Übungen mit fluorhaltigen Schaummitteln zu verzichten.1

Die Gruppe der poly- und perfluorierten Chemikalien (PFOS) ist bereits verboten worden. PFOS-haltige Feuerlöschschäume dürfen nach EU-Richtlinie 2006/122/EG und entsprechend umgesetzter nationaler Gesetzgebung (GefStoffV, 23.12.2004) ab dem 27. Juni 2008 nicht mehr eingesetzt werden.2

Die Frage, inwieweit die Anstrengungen zur Senkung fluorhaltiger Schaummittel die Brandbekämpfung von Elektrobränden behindert, insbesondere bei der steigenden Zahl zugelassener E-Autos, wurde bisher nicht geklärt.

Vor diesem Hintergrund frage ich:

  1. Wie schätzt die Landesregierung die Gefahr von Bränden von E-Autos in Tiefgaragen ein, insbesondere bei Autos mit Batterien, in denen Lithiumhexafluorophosphat verwendet wird?
  2. Wie schätzt die Landesregierung die Umweltgefahren von fluorhaltigen Löschmitteln ein?
  3. Wie steht die Landesregierung zu einem kompletten Verbot von fluorhaltigen Löschmitteln?
  4. Welche Alternativen sieht die Landesregierung für das effektive Löschen von E-Auto-Bränden, wenn fluorhaltige Löschmittel verboten würden?
  5. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um die Gefahren von E-Auto-Bränden zu reduzieren?

Christian Loose
Andreas Keith

 

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1 Vgl. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/-fluorhaltige_schaumloeschmittel_version_21.6.2013a.pdf#:~:text=Die%20EU%20verbietet%20das  %20Inverkehrbringen%20und%20Verwenden%20von,sind%20nur%20die%20PFOS%20enthalten  den%20Schaum-%20l%C3%B6schmittel%20betroffen, abgerufen am 04.11.2021.

2 https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/362/dokumente/  dreher_umgang_mit_fluorhaltigen_loeschschaeumen_in_nrw.pdf, abgerufen am 04.11.2021.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 6120 mit Schreiben vom 25. November 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung sowie der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbrau­cherschutz beantwortet.

1. Wie schätzt die Landesregierung die Gefahr von Bränden von E-Autos in Tiefga­ragen ein, insbesondere bei Autos mit Batterien, in denen Lithiumhexafluorophos-phat verwendet wird?

Von Bränden mit Elektrofahrzeugen in Tiefgaragen geht nach derzeitigem Stand von Wissen­schaft und Technik keine größere Gefahr aus als von Kraftfahrzeugbränden mit Verbrennungs­motoren in Tiefgaragen. Aus Brandversuchen und Forschungsberichten ist bekannt, dass der natürliche Brandverlauf eines Elektrofahrzeugs dem natürlichen Brandverlauf eines gleichgro-ßen Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor sehr ähnlich ist. (siehe auch https://www.feuerwehr-verband.de/keine-erhoehte-brandgefahr-durch-in-tiefgaragen-abgestellte-elektrofahrzeuge/).

2. Wie schätzt die Landesregierung die Umweltgefahren von fluorhaltigen Löschmit­teln ein?

Gefahren durch die Freisetzung fluorhaltiger Löschmittel können über den Wirkungspfad Bo­den-Grundwasser für das Schutzgut Grundwasser oder über den Wirkungspfad Boden-Nutz­pflanze bestehen. Gefahren sind immer einzelfallbezogen zu bewerten. Durch den Einsatz von fluorhaltigen Löschmitteln sind in der Vergangenheit Schäden mit per- und polyfluorierten Al-kylsubstanzen (PFAS) in Boden und Grundwasser entstanden. PFAS können aufgrund ihrer Eigenschaften lange Schadstofffahnen im Grundwasser ausbilden, die nach Beurteilung im Einzelfall Maßnahmen in Form von Grundwassersanierungen oder Beschränkungen der Grundwassernutzung erforderlich machen können.

Über das Ausmaß und den Stand der Bearbeitung von in der Vergangenheit entstandenen PFAS-Schadensfällen wurde mit der Landtags-Vorlage 17/2437 berichtet. Zum Stand der Be­arbeitung von PFAS-Schadensfällen 2021 wurde mit der Landtags-Vorlage 17/6035 berichtet.

Für den unabwendbar notwendigen Einsatz PFAS-haltiger Löschmittel ist in den letzten Jahren das Bewusstsein bei den Feuerwehren merklich gewachsen. Für den Großteil aller Brandfälle stehen bereits fluorfreie Schaumlöschmittel zur Verfügung, nur noch in seltenen Fällen ist der Einsatz PFAS-haltiger Mittel unabwendbar notwendig. Sofern PFAS-haltige Löschmittel ein­gesetzt werden müssen, sind vor Ort geeignete Maßnahmen zum Boden- und Gewässer­schutz durch Auffangen und Beprobung des Löschwassers erforderlich. Sofern eine Verbrin­gung des Löschwassers über die Abwasserbeseitigung erfolgen soll, sind geeignete Maßnah­men zur Abwasservorbehandlung zu berücksichtigen.

3. Wie steht die Landesregierung zu einem kompletten Verbot von fluorhaltigen Löschmitteln?

Die Landesregierung begrüßt das Bestreben des Europäischen Parlaments und des Rates, per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen – insbesondere fluorhaltige Schaummittel – zu verbie­ten oder hinsichtlich Herstellung, Inverkehrbringen und Verwendung zunehmend zu beschrän­ken.

4. Welche Alternativen sieht die Landesregierung für das effektive Löschen von E-Auto-Bränden, wenn fluorhaltige Löschmittel verboten würden?

Bestehende oder zukünftige Verbote von fluorhaltigen Löschmitteln haben keine Auswirkung auf die Brandbekämpfung von E-Auto-Bränden. Die Landesregierung teilt vollumfänglich die Haltung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (Hinweise für die Brandbekämpfung von Lithium-Ionen-Akkus bei Fahrzeugbränden; DGUV Fachbereich Feuerwehren, Hilfeleis­tungen, Brandschutz, FBFHB-024 vom 28.07.2020). Demnach ist Wasser als Löschmittel ge­eignet und empfehlenswert. Löschmittelzusätze sind nicht erforderlich.

5. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um die Gefahren von E-Auto-Bränden zu reduzieren?

Weil von Elektrofahrzeugen im Vergleich zu Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotoren keine erhöhte Brandgefahr ausgeht, sieht die Landesregierung keinen Bedarf für gezielt auf E-Autos gerichtete Maßnahmen.

 

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Beteiligte:
Christian Loose