Kleine Anfrage 6370der Abgeordneten Andreas Keith und Markus Wagner 31.01.2022
Gaffer: Schaulustige bei Unfällen
In den letzten Jahren konnte vermehrt festgestellt werden, dass Rettungskräfte durch Schaulustige an ihrer Arbeit gehindert werden. Nicht selten bilden sich Trauben von Gaffern, die neugierig das Geschehen beobachten, oder Autofahrer fahren besonders langsam am Unfallort vorbei, um eine bessere Sicht zu haben. In der Regel geht es dabei um die reine Sensationslust.
Gerade in Zeiten des Mobiltelefons und der sozialen Medien hat sich mehr und mehr ein Trend durchgesetzt, der moralisch verwerflich ist. In den verletzlichsten und hilflosesten Momenten eines Menschen machen Gaffer Fotos oder drehen sogar Videos, anstatt den Verletzten zu helfen.
Seit dem 1. Januar 2021 müssen Gaffer mit härteren Strafen rechnen, wenn sie in einer Mischung aus Neugier und Sensationslust Einsatzkräfte behindern oder Aufnahmen von Verunglückten sowie Toten anfertigen.
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Wie viele Gaffer bzw. Schaulustige konnten in Nordrhein-Westfalen im Jahre 2021 bestraft werden, welche unbefugt Aufnahmen von hilflosen Personen erstellt oder übertragen und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt haben? (Bitte aufschlüsseln nach Art und Schwere des Verstoßes)
- Wie viele Gaffer bzw. Schaulustige konnten in Nordrhein-Westfalen im Jahre 2021 bestraft werden, welche unbefugt Aufnahmen in grob anstößiger Weise von Verstorbenen angefertigt oder übertragen haben? (Bitte aufschlüsseln nach Art und Schwere des Verstoßes)
- Wie viele Gaffer bzw. Schaulustige wurden seit dem Jahre 2017 aufgrund von unterlassener Hilfeleistung an Unfallstellen bestraft? (Bitte aufschlüsseln nach Art der Bestrafung)
- Wie hat sich die Zahl von Gaffern bzw. Schaulustigen seit dem Jahre 2017 grundsätzlich verändert?
- Wie bewertet die Landesregierung die Entwicklung der Anzahl von Gaffern bzw. Schaulustigen an Unfallorten im Jahre 2021 im Vergleich zu den Vorjahren, unter Berücksichtigung der Neufassung des § 201a StGB?
Andreas Keith
Markus Wagner
Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 6370 mit Schreiben vom 24. Februar 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.
- Wie viele Gaffer bzw. Schaulustige konnten in Nordrhein-Westfalen im Jahre 2021 bestraft werden, welche unbefugt Aufnahmen von hilflosen Personen erstellt oder übertragen und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt haben? (Bitte aufschlüsseln nach Art und Schwere des Verstoßes)
- Wie viele Gaffer bzw. Schaulustige konnten in Nordrhein-Westfalen im Jahre 2021 bestraft werden, welche unbefugt Aufnahmen in grob anstößiger Weise von Verstorbenen angefertigt oder übertragen haben? (Bitte aufschlüsseln nach Art und Schwere des Verstoßes)
- Wie viele Gaffer bzw. Schaulustige wurden seit dem Jahre 2017 aufgrund von unterlassener Hilfeleistung an Unfallstellen bestraft? (Bitte aufschlüsseln nach Art der Bestrafung)
Die Fragen 1 bis 3 werden zusammen beantwortet.
Die für eine Beantwortung der Fragen erforderlichen Daten liegen der Landesregierung nicht vor. Eine Fertigstellung der Strafverfolgungsstatistik für das Jahr 2021 ist erst in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 zu erwarten. Zudem werden Verurteilungen so genannter Gaffer bzw. Schaulustiger in den Statistiken und Datenbanken der Justiz nicht gesondert erfasst. Die Beantwortung der Fragen erforderte demnach eine Auswertung sämtlicher in Betracht kommender Verfahrensakten von Hand. Dies ist weder in der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit noch mit einem für die Strafrechtspflege vertretbaren Aufwand zu leisten.
4. Wie hat sich die Zahl von Gaffern bzw. Schaulustigen seit dem Jahre 2017 grundsätzlich verändert?
5. Wie bewertet die Landesregierung die Entwicklung der Anzahl von Gaffern bzw. Schaulustigen an Unfallorten im Jahre 2021 im Vergleich zu den Vorjahren, unter Berücksichtigung der Neufassung des § 201a StGB?
Die Fragen 4 und 5 werden zusammen beantwortet.
Datenquelle für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Regeln erstellt. Die Erfassungsrichtlinien sehen keine spezifische Erfassung so genannter Gaffer bzw. Schaulustiger an Unfallorten vor. Daher kann auch die PKS nicht zur Darstellung einer diesbezüglichen Fall-zahlenentwicklung herangezogen werden.