Kleine Anfrage 3509
der Abgeordneten Andreas Keith, Zacharias Schalley und Sven W. Tritschler AfD
Nachhaltigkeit auf dem Prüfstand: Wie effektiv ist das EU-Plastikverbot wirklich?
Seit der Einführung des EU-Einwegplastikverbots Anfang Juli 2021 mit dem Ziel, die Umweltverschmutzung zu reduzieren und insbesondere die von Plastikmüll geplagten Weltmeere zu schützen, haben sich die Lebensgewohnheiten der Menschen und die Produktionslinien vieler Unternehmen signifikant gewandelt. Die Verbotsliste umfasst unter anderem Produkte wie Kunststoffstrohhalme, Einwegbesteck und -teller, Styroporbecher sowie Kaffee-Umrührstäbchen, welche nachweislich an europäischen Stränden besonders häufig zu finden waren. Diese Maßnahmen zielten darauf ab, ein deutliches Signal gegen die Kultur der Wegwerfprodukte zu setzen und einen Anstoß für ein Umdenken in der Industrie sowie im Verbraucherverhalten zu geben.
2,5 Jahre nach der Einführung des Verbots stehen wir vor der Frage, wie wirkungsvoll diese Maßnahme tatsächlich ist. Erste Untersuchungen und Expertenmeinungen deuten darauf hin, dass die direkte Auswirkung des Verbots auf die Reduzierung des Plastikmülls in den Weltmeeren eher begrenzt ist. Kritisiert wird vor allem, dass die realisierte Verringerung des Plastikmülls lediglich bei 0,06 Prozent liegt, was zum Teil daran liegt, dass in Europa bereits ein Großteil des Abfalls gesammelt wird.
Zudem werfen die zum Ersatz vorgeschlagenen Alternativen aus Holz, Papier oder Biokunststoff wie auch die Mehrwegversionen aus Glas oder Metall neue Fragen auf. Die Umweltbilanz dieser Alternativen ist nicht unumstritten, da sie unter anderem oft ein höheres Gewicht haben und ihre Herstellung ebenfalls negative Umweltauswirkungen mit sich bringen kann. Insbesondere die Nachhaltigkeit der Forstwirtschaft und die Wiederverwendbarkeit der Mehrwegprodukte sind Aspekte, die in der Diskussion um die ökologische Sinnhaftigkeit der Alternativen berücksichtigt werden müssen.
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Wie viel Plastik (in Kilogramm) konnten seit Inkrafttreten der eingeführten Verordnung in Nordrhein-Westfalen eingespart werden?
- Welche Ersatzprodukte für Einwegplastik haben sich aus Sicht der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen seit Inkrafttreten der Verordnung durchgesetzt?
- Inwieweit gibt es Untersuchungen zur Umweltbelastung durch diese Alternativen, insbesondere im Hinblick auf ihre Zersetzungsdauer und den Einfluss auf die Ökosysteme?
- Inwieweit gibt es Hinweise auf eine echte Verhaltensänderung bei Verbrauchern und Unternehmen in Nordrhein-Westfalen?
- Welche langfristigen Strategien verfolgt die Landesregierung, um nachhaltigen Konsum bzw. nachhaltige Produktion über das bloße Verbot von Einwegplastik hinaus zu fördern?
Andreas Keith
Zacharias Schalley
Sven W. Tritschler
Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 3509 mit Schreiben vom 3. April 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie und der Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz beantwortet.
- Wie viel Plastik (in Kilogramm) konnten seit Inkrafttreten der eingeführten Verordnung in Nordrhein-Westfalen eingespart werden?
Es liegen der Landesregierung keine Daten dazu vor, in welchem Umfang die eingeführte Verordnung zu quantitativen Kunststoff-Einsparungen geführt hat.
- Welche Ersatzprodukte für Einwegplastik haben sich aus Sicht der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen seit Inkrafttreten der Verordnung durchgesetzt?
- Inwieweit gibt es Untersuchungen zur Umweltbelastung durch diese Alternativen, insbesondere im Hinblick auf ihre Zersetzungsdauer und den Einfluss auf die Ökosysteme?
- Inwieweit gibt es Hinweise auf eine echte Verhaltensänderung bei Verbrauchern und Unternehmen in Nordrhein-Westfalen?
Zu den Fragen 2 bis 4 liegen der Landesregierung keine Daten vor.
- Welche langfristigen Strategien verfolgt die Landesregierung, um nachhaltigen Konsum bzw. nachhaltige Produktion über das bloße Verbot von Einwegplastik hinaus zu fördern?
Neben den gesetzlichen Vorschriften zum Einsatz von Einwegkunststoffen spielen Aufklärung und Information eine wesentliche Rolle. Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW hat sich u.a. an der Erarbeitung des Leitfadens zur Umsetzung der Mehrwegangebots-pflicht nach §§ 33, 34 Verpackungsgesetz (VerpackG) der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall beteiligt und diesen für eine einheitliche Umsetzung per Erlass vom 05.05.2023 eingeführt.
Die Landesregierung unterstützt zudem u.a. die kommunale Abfallberatung sowie die Informa-tions- und Beratungsangebote der Verbraucherzentrale NRW zu Abfall- und Umweltfragen für Verbraucherinnen und Verbraucher.
Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr organisiert darüber hinaus die jährliche Abfallvermeidungstagung im Rahmen der Europäischen Woche der Abfallvermeidung zu wechselnden Schwerpunktthemen und unterstützt Aktionen gegen die Vermüllung des öffentlichen Raums.
Zusätzlich erarbeitet die Landesregierung gemäß dem aktuellen Koalitionsvertrag im Rahmen einer interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAG) die Landes-Kreislaufwirtschaftsstrategie NRW. Diese soll dazu beitragen, entsprechend den 9 R-Strategien1, Aspekte wie Circular Design, nachhaltige Produktion und längere Lebensdauer von Produkten durch Reparatur, Wiederverwendung und Refurbishment in NRW zu etablieren.
1 https://www.din.de/de/forschung-und-innovation/themen/circular-economy/normenrecherche/modell-der-r-strategien