Staatliche Kooperation und Finanzierung von islamistisch beeinflussten Islamverbänden auch auf Landesebene einstellen – Der Unterwanderung von Parteien wirksam entgegenwirken

Antrag
vom 11.05.2021

Antragder AfD-Fraktion vom 11.05.2021

 

Staatliche Kooperation und Finanzierung von islamistisch beeinflussten Islamverbänden auch auf Landesebene einstellen – Der Unterwanderung von Parteien wirksam entgegenwirken

I. Ausgangslage

Nachdem auch von Seiten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vorgeblich erkannt worden ist, dass mehrere islamische Dachverbände islamistisch beeinflusst sind, fordert die Union nun, in diesen Fällen die staatliche Kooperation und Finanzierung zu beenden.1 In einem Positionspapier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion heißt es im Kapitel „Beendigung staatlicher Kooperationen und Vertragsbeziehungen mit Organisationen des Politischen Islamismus“:

„[…] Künftig müssen daher sämtliche finanzielle Zuwendungen, Förderungen, Vertragsbeziehungen und Kooperationen mit islamischen Vereinen und Verbänden, die Beobachtungsgegenstand der Verfassungsschutzämter sind, in Bund und Ländern überprüft und eingestellt werden. Dies schließt gesetzliche Steuervergünstigungen im Sinne der Gemeinnützigkeit ein, wenn die Körperschaft nach ihrer Satzung und tatsächlichen Geschäftsführung verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt. Auszunehmen davon sind notwendige Gesprächskontakte der Regierungen und der Behörden von Bund und Ländern.“2

Der Berichterstatter für Religionsgemeinschaften der Unionsbundestagsfraktion, Christoph de Vries (CDU), erklärte mit Bezug auf die Islamisten:

„Die Feinde unserer Verfassung und ihre Ideologen können nicht gleichzeitig Partner unseres Staates sein. Keine Toleranz für Intoleranz ist die klare Botschaft und zugleich Warnung an die Organisationen und Vertreter des politischen Islamismus. […] Wir wollen nicht zulassen, dass ausländische Regierungen oder Kräfte des politischen Islamismus’ unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit auf eine Herrschaftsordnung in Deutschland hinwirken, die Gesellschaft, Politik, Kultur und Recht islamischen Normen unterwerfen will“.

Vorgesehen sei „die Einrichtung von Lehrstühlen an Hochschulen zum Thema Islamismus“, eine breit angelegte „Schulstudie über islamistische Einflüsse“, die „Einrichtung einer Dokumentationsstelle politischer Islamismus in Deutschland und Europa“ und ein „Expertenkreis im Bundesinnenministerium“ sowie für Moscheevereine die „Offenlegung von ausländischen Finanzströmen“. Die akademische und geistliche Ausbildung von Imamen müsse aber in Deutschland vorgenommen werden.

Seit Jahren ist bekannt, dass die Dachverbände zum Teil islamistisch beeinflusst bzw. unterwandert sind. Zu dem im Jahre 2007 als Arbeitsplattform der vier größten islamischen Organisationen in Deutschland gegründeten Koordinationsrat der Muslime (KRM) gehören u.a. die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), der Zentralrat der Muslime (ZMD), der Islamrat (IR) und der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ). Es existieren zahlreiche teils offene Bezüge zu islamistischen Gruppierungen oder Einzelpersonen. In den Verfassungsschutzberichten werden einzelne Mitglieder der Dachverbände erwähnt.

Dem NRW-Innenministerium ist seit mindestens Januar 2019 bekannt, „dass die Türkei die Bewegung der Muslimbrüder unterstützt”, und „dass vor diesem Hintergrund seitens der Ditib offenbar keine Berührungsängste gegenüber der Muslimbruderschaft bestünden.“3 Weder vom ZMD noch vom IR ist der Landesregierung ein vollständiger Mitgliedsbestand bekannt. Zum ZMD gehören u.a. die muslimbrudernahe Organisationen IGD (mittlerweile umbenannt in DMG), die ATİB (eine Abspaltung der rechtsextremen Auslandsvertretung der Grauen Wölfe) und das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) als Satellit der iranischen Geistlichkeit und Regierung auf deutschem Boden, welches sich in der Vergangenheit u.a. regelmäßig am israelfeindlichen Al Kuds-Marsch in Berlin beteiligt hat. ATIB gilt als der Regierung von Präsident Erdogan nahestehend. Ein führender Funktionär des ZMD in NRW ist CDU-Mitglied, erster stellvertretender Vorsitzender der Islamischen Gemeinde Wuppertal4,5 und sitzt in einem dem Integrationsministerium angeschlossenen Beirat.

Der größten Mitgliedsorganisation im IR, der „Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş“ (IGMG), werden Verbindungen zur „Millî Görüş“-Bewegung in der Türkei zugeschrieben, welche wiederum dem legalistischen Spektrum des Islamismus zugeordnet wird. In der Milli-Görüs-Zentrale in Köln Holweide sind weitere Organisationen aus diesem Umfeld angesiedelt, mit Kontakten u.a. zur CDU Köln bzw. ins Integrationsministerium.6

Der plötzliche Aktionismus seitens der CDU/CSU-Bundestagsfraktion erscheint folglich – vor dem Hintergrund des bisherigen „Kuschelkurses“ mit diesen Dachverbänden – mindestens bemerkenswert. Auch auf Landesebene ließen zahlreiche Funktionäre aus allen im Landtag vertretenen Fraktionen (mit Ausnahme der AfD) in der Vergangenheit oftmals die notwendige Distanz vermissen. Selbst aus den eigenen Reihen gibt es Widerstand, gefolgt von der Veröffentlichung eindeutiger Hinweise und Belege für eine partielle Unterwanderung. Erinnert sei in diesem Zusammenhang insbesondere an das 132seitige Schriftstück mit der Überschrift „Einfluss türkisch-islamischer Lobby-Organisationen auf die Politik der deutschen Parteien.“7

Aktuell fördert die Landesregierung das „Muslimische Engagement in NRW“ mit zwei Mio. Euro pro Jahr. Beim ersten Kongress waren u.a. die DMG, DITIB und der KDDM vertreten. Wie die Landesregierung auf Anfrage der AfD zugeben musste, sind zu insgesamt acht Vereinen, die zumindest im Jahre 2018 als Mitglieder des KDDM bezeichnet wurden, extremistische Bezüge bekannt.8 Trotz dieser Erkenntnisse aus der Anfrage der AfD hat das MKFFI nach der Veröffentlichung der Antwort der Landesregierung am 22. März 2021 den Kontakt zum KDDM offensichtlich erneut aufgenommen, um weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu besprechen.9

Als es im März 2021 in einem Antrag von CDU und FDP um die Imam-Ausbildung in NRW ging, stimmten, abgesehen von der AfD, alle im Landtag vertretenen Fraktionen gegen einen Ausschluss der islamistisch beeinflussten Organisationen von diesem Projekt.10

Auch der Forderung der AfD nach einer temporären Einstellung der Zusammenarbeit mit dem ZMD, bereits im Jahre 2019 in einem entsprechenden Antrag gestellt, konnte sich keine Partei, trotz erwiesener Bezüge zu islamistischen Organisationen, anschließen.11

Bei den letzten Kommunalwahlen in NRW gab es, Presseberichten folgend, bei mehreren CDU-Kandidaten zumindest Bezüge ins Umfeld der Grauen Wölfe. In der Jüdischen Rundschau ging man im Artikel „Milli Görüs, Ditib und Graue Wölfe – Die unheilvolle Nähe deutscher NRW-Politiker zu Islamisten und türkischen Nazis“12 ausführlich auf die, nach Ansicht des Autors, „Islam-Anbiederung“ der nordrhein-westfälischen Politik, die für das Erblühen des türkisch-islamistischen Nationalismus’ im größten deutschen Bundesland sorge, ein.

Kritisch bewertet wurde beispielsweise der gemeinsame Besuch des Remscheider Oberbürgermeisters Burkhard Mast-Weisz (SPD) und des Landtagsabgeordneten Sven Wolf (SPD) mit Politikern von CDU, von Bündnis90/Die Grünen und von Die Linke anlässlich des „Tags der offenen Moschee“ am 3. Oktober 2019 in der Remscheider Ülkü-Ocagi-Moschee der türkischen Organisation „Graue Wölfe“ (ADÜTDF). SPD-Fraktionsvize Wolf soll anschließend bei Facebook von einer „tollen Begegnung“ gesprochen haben.13

Im Juni 2020 unterstützten Staatssekretärin Serap Güler und Integrationsminister Dr. Joachim Stamp eine Aktionswoche der Organisation CLAIM mit dem Thema „Antimuslimischer Rassismus“. Im Rahmen einer Kleinen Anfrage zu diesem Thema musste die Landesregierung bestätigen, dass es bei drei Mitgliedsorganisationen im CLAIM-Netzwerk Anhaltspunkte für Bezüge zur Muslimbruderschaft gibt.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion verweist in ihrem Positionspapier auch auf den zunehmendem unmittelbarem Einfluss ausländischer Regierungen auf Muslime in unserem Land – zum Teil unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit und unter Verbreitung von islamistischen und islamistisch-nationalistischen Ideen – und benennt in diesem Zusammenhang die „Einflussnahme der türkisch-rechtsextremistischen Grauen Wölfe bei Jugendlichen in Deutschland“, das Islamische Zentrum Hamburg (IZH), das als Propagandazentrale des schiitischen Extremismus in Deutschland bewertet wird, sowie salafistische Moscheevereine, die zum Teil von Geldgebern aus dem Nahen Osten finanziert werden.

Der oft mit dem Verweis auf die grundgesetzlich geschützte Religionsfreiheit „getarnte Missbrauch muslimischer Akteure und Strukturen in Deutschland durch ausländische Regierungen und islamistische Akteure“ müsse ein Ende haben. Zudem hätten sich in „einigen urbanen Vierteln und Räumen in Deutschland […] über Jahre und Jahrzehnte hinweg islamistisch beeinflusste oder geprägte Parallelgesellschaften gebildet – oft unter Duldung der Gesellschaft aus falsch verstandener Toleranz.“

Weiter heißt es:

„Die bisherige Fokussierung auf gewaltbereite Gruppierungen lässt die ideologische Rechtfertigung der Gewalt aus dem Blick geraten. Diese politisch-extremistischen, nicht gewalttätigen Gruppen haben das Ziel, eine Ordnung nach ihren islamistischen Vorstellungen zu errichten, indem sie aktiv Integration verhindern, die westlichen Gesellschaften in „Gläubige“ und „Ungläubige“ spalten, Gleichberechtigung und Religionsfreiheit ablehnen und muslimische Jugendliche von den westlichen Gesellschaften entfremden. Sie nutzen demokratische Strukturen, um die Demokratie auszuhöhlen und letztlich abzuschaffen.“

II. Der Landtag stellt fest,

  • dass mehrere islamische Dachverbände eindeutig islamistisch beeinflusst sind;
  • dass die Informationspolitik der Dachverbände teilweise von hoher Intransparenz gekennzeichnet ist;
  • dass in der Vergangenheit islamistisch beeinflussten Dachverbänden ein unangemessenes Mitgestaltungsrecht zugestanden wurde und
  • dass vermehrt die Gefahr einer islamistischen, politischen Unterwanderung besteht.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  • jegliche Zusammenarbeit mit den islamischen Dachverbänden auf Landesebene temporär auszusetzen, wenn diese islamistisch beeinflusst sind;
  • bei den Dachverbänden eine maximale Transparenz einzufordern;
  • eine mögliche zukünftige Zusammenarbeit davon abhängig zu machen, dass sich die Dachverbände von denjenigen Mitgliedsorganisationen trennen, die in ihrer Ausrichtung und in ihren Zielen mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung unvereinbar sind
  • die Einrichtung von Lehrstühlen, die sich wissenschaftlich mit dem Phänomen „Islamismus“ auseinandersetzen, im Dialog mit den Hochschulen anzuregen;
  • eine breit angelegte Schulstudie über die Erfahrungen und Probleme der Lehrerschaft mit islamistischen Einflüssen und Formen islamistisch motivierten Verhaltens im Schulalltag durchzuführen und
  • eine Nachweispflicht für Körperschaften und Vereine einzuführen, die sich in erheblichem Umfang aus ausländischen Quellen außerhalb des EU/EWR-Raums finanzieren, um auf diesem Weg dem Einfluss islamistisch geprägter ausländischer Regierungen mit geeigneten Mitteln zu begegnen zu können.

Markus Wagner
Gabriele Walger-Demolsky
Nic Vogel
Andreas Keith

und Fraktion

 

Antrag als PDF

 

1 Vgl. https://www.welt.de/politik/deutschland/article230177045/CDU-CSU-Islamismus-hat-sich-in-Teilen-der-Gesellschaft-breitgemacht.html.

2 Vgl. https://www.cducsu.de/sites/default/files/2021-04/PP%20Politischer%20Islamismus.pdf

3 Vgl. https://www.welt.de/politik/deutschland/plus218610324/Bundesregierung-bestaetigt-Erdogans-Wurzeln-in-radikaler-Bewegung.html.

4 Vgl. https://vunv1863.wordpress.com/2020/01/07/doppelspiel-in-wuppertal/.

5 Vgl. https://vunv1863.wordpress.com/2020/03/23/nrw-halbherzige-warnungen-vor-der-muslimbruderschaft/#more-20516.

6 Vgl. Lt.-Drucksache 17/13498.

7 Vgl. https://docplayer.org/37847013-Einfluss-tuerkisch-islamischer-lobby-organisationen-auf-die-politik-der-deutschen-parteien.html.

8 Vgl. Lt.-Drucksache 17/13093.

9 Vgl. Faktencheck-Aufklaerung-fuer-den-Aufklaerungsdienst.pdf (kddm-online.de) S.4

10 Vgl. Lt.-Drucksache 17/12870.

11 Vgl. Lt.-Drucksache 17/7359.

12 Vgl. https://juedischerundschau.de/article.2020-04.milli-goerues-ditib-und-graue-woelfe-die-unheilvolle-naehe-deutscher-nrw-politiker-zu-islam isten-und-tuerkischen-nazis.htm.

13 Vgl. https://www.welt.de/politik/deutschland/article201475574/Moschee-in-Remscheid-Zu-Besuch-bei-tuerkischen-Rechtsextremisten.html.