Wenn die Räder nicht mehr rollen: 400 Mitarbeiter sind von Entlassung bedroht – was unternimmt Ministerin Mona Neubaur, um den Erhalt dieser Arbeitsplätze bei Accuride Wheels in Solingen zu sichern?

Kleine Anfrage
vom 24.02.2025

Kleine Anfrage 5177

des Abgeordneten Christian Loose AfD

Wenn die Räder nicht mehr rollen: 400 Mitarbeiter sind von Entlassung bedroht was unternimmt Ministerin Mona Neubaur, um den Erhalt dieser Arbeitsplätze bei Accuride Wheels in Solingen zu sichern?

„Der traditionsreiche Hersteller Accuride Wheels Solingen GmbH, bekannt für seine Lkw-Räder, hat beim Amtsgericht Wuppertal am 5. Februar 2025 einen Insolvenzantrag gestellt. Dies berichtete das „Solinger Tagesblatt“. Das Unternehmen hat bereits seine rund 400 Mitarbeiter über diesen Schritt informiert. […] Accuride Wheels Solingen ist bekannt für die Herstellung von Stahl- und Aluminiumrädern sowie Wheel-End-Komponenten für Nutzfahrzeuge, landwirtschaftliche und industrielle Maschinen weltweit.“1

Die mit den anstehenden Umstrukturierungen anstehenden Entlassungen, falls es im Zuge der Insolvenzanmeldung nicht zu einer vollständigen Betriebsschließung kommt, sind nur einer von vielen Fällen, bei denen Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen verschwinden. Zuletzt bei ContiTech in Moers, mehr oder weniger gleichzeitig bei Lindner Hotels, Evonik Industries, Zoo Zajac, Metsä Greaseproof Papers oder TMD Friction Services, letztere wie ContiTech und Accuride Wheels aus dem Automobil-Bereich.

Deshalb frage ich die Landesregierung:

  1. Hat die Landesregierung Gespräche mit dem Unternehmen Accuride Wheels Solingen GmbH aufgenommen, um den Arbeitsplatzabbau und andere Folgen einer Umstrukturierung zu verhindern oder zu reduzieren?
  2. Welche Wettbewerbsvorteile für einen metallverarbeitenden Betrieb kann die Landesregierung in NRW einer Unternehmensgruppe wie Accuride bieten, die über Standorte in u.a. China, Mexiko, USA und der Türkei verfügt.
  3. Wie schätzt die Landesregierung den wettbewerblichen Einfluss von Energiepreisen an alternativen Standorten wie China, Mexiko, USA und der Türkei ein, wie sie die Unternehmensgruppe Accuride betreibt, im Vergleich zu NRW bzw. Deutschland?
  4. Wie schätzt die Landesregierung den wettbewerblichen Einfluss von Bürokratieaufwand an alternativen Standorten wie China, Mexiko, USA und der Türkei ein, wie sie die Unternehmensgruppe Accuride betreibt, im Vergleich zu NRW bzw. Deutschland?
  5. Wie hoch schätzt die Landesregierung den jährlichen Bürokratieaufwand in Ganzjahresvollzeitstellen und allen anderen Kosten einschließlich externer Berater und Prüfer ein, die ein Unternehmen wie Accuride Wheels Solingen GmbH aufwenden muss, um die Vorgaben des Lieferkettengesetzes, der Berichtspflichten des Carbon Boarder Adjustment Mechanism, der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) und der DIN ISO 50000 zu erfüllen?

Christian Loose

 

MMD18-12930

 

1 Vgl. https://www.focus.de/finanzen/news/400-mitarbeiter-betroffen-fuehrender-lkw-radhersteller-ist-insolvent_ee7b704e-a0eb-4305-8aa3-c761fe250b39.html, abgerufen am 11.02.2025.


Die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie hat die Kleine Anfrage 5177 mit Schreiben vom 4. April 2025 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet.

  1. Hat die Landesregierung Gespräche mit dem Unternehmen Accuride Wheels So­lingen GmbH aufgenommen, um den Arbeitsplatzabbau und andere Folgen einer Umstrukturierung zu verhindern oder zu reduzieren?

Die Landesregierung steht über unterschiedliche Formate in einem fortgesetzten intensiven Dialog mit der nordrhein-westfälischen Wirtschaft. Das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie bietet dabei bei Bedarf auch Unterstützungsleistungen im Rahmen der Unternehmenssicherung an. Hierbei erfolgt stets ein enger Austausch mit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Die Inhalte dieser Gespräche sind vertraulich.

  1. Welche Wettbewerbsvorteile für einen metallverarbeitenden Betrieb kann die Landesregierung in NRW einer Unternehmensgruppe wie Accuride bieten, die über Standorte in u.a. China, Mexiko, USA und der Türkei verfügt.

Auch Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie profitieren in Nordrhein-Westfalen von guten Standortbedingungen, dazu zählt beispielsweise eine starke Forschungslandschaft so­wohl im Grundlagen- als auch im Anwendungsbereich. Sich hieraus ergebende Kooperations­partnerschaften stärken die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Hinzu kommen sehr gut ausgebildete Fachkräfte, eine zentrale Lage in einem der leistungsfähigsten Wirtschaftsräume Europas und ein stabiler und verlässlicher rechtlicher und politischer Rah­men. Die Landesregierung begleitet und unterstützt darüber hinaus mit zahlreichen Maßnah­men auch die metallverarbeitende Industrie in Nordrhein-Westfalen bei der Transformation, der Entwicklung von Innovationen und Stärkung von Wettbewerbsfähigkeit. Beispielhaft sind hier zu nennen:

  • NRW sowie NRW.Energy4climate zur Unterstützung der energieintensiven Grundstoffindustrie bei der klimaneutralen Transformation.
  • Förderung innovativer Projekte für die klimaneutrale Transformation der Industrie über die Landesrichtlinie progres.NRW-Innovation. Zudem startet im Mai 2025 das neue Darle­hensprogramm NRW.BANK.Invest Zukunft. Damit erhalten Unternehmen, die in Nachhal­tigkeit, Digitalisierung und Innovation investieren, zusätzliche Unterstützung von der NRW.BANK. Das Programm bietet einen gegenüber dem Marktzins um bis zu zwei Pro­zent niedrigeren Zinssatz und Tilgungsnachlässe von bis zu 20 Prozent.
  • Industriepakt zur Hebung von Synergien entlang der gesamten eigenen Wertschöpfungs-kette sowie mit Unternehmen anderer Branchen.
  • Innovationswettbewerbe wie GreenEconomy.IN.NRW, Energie.IN.NRW sowie Indust-rie.IN.NRW, die darauf abzielen, Innovationen und die Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der kleinen- und mittelständischen Industrie zu fördern und die klimaneutrale Transforma­tion zu unterstützen.
  • Vernetzung der Unternehmen mit relevanten Akteuren/-innen in landesgeförderten Clus­tern, wie automotiveland.nrw oder Produktion NRW.
  1. Wie schätzt die Landesregierung den wettbewerblichen Einfluss von Energiepreisen an alternativen Standorten wie China, Mexiko, USA und der Türkei ein, wie sie die Unternehmensgruppe Accuride betreibt, im Vergleich zu NRW bzw. Deutsch­land?

Hohe Energiepreise stellen isoliert betrachtet einen Standortnachteil im Wettbewerb mit ande­ren Weltregionen dar. Die Energiepreise in Deutschland sind seit dem Höhepunkt der Ener­giekrise in 2022 stark gefallen. Sie liegen jedoch weiterhin über dem langfristigen Vorkrisenni-veau und stellen insbesondere für energie- und handelsintensive Unternehmen eine Heraus­forderung im internationalen Wettbewerb dar.

Die Landesregierung setzt sich deshalb auf Bundesebene für verschiedene Instrumente zur kurzfristigen Senkung der Strompreise ein. Nordrhein-Westfalen treibt den Ausbau der erneu­erbaren Energien weiter voran und setzt sich für deren effiziente Markt- und Systemintegration ein. Dazu gehört auch der Aufbau von Speichern und gesicherter Leistung. Die verlässliche Verfügbarkeit von regenerativem Strom ist ein Standortvorteil.

  1. Wie schätzt die Landesregierung den wettbewerblichen Einfluss von Bürokratie­aufwand an alternativen Standorten wie China, Mexiko, USA und der Türkei ein, wie sie die Unternehmensgruppe Accuride betreibt, im Vergleich zu NRW bzw. Deutschland?

Die Landesregierung legt den Fokus auf attraktive Standort- und Wettbewerbsbedingungen. Dazu zählt auch ein regulatorisches Umfeld, das Wirtschaftstätigkeit befördert und gleichzeitig wichtige Schutzgüter beachtet. Die Landesregierung setzt sich in diesem Rahmen auf allen Ebenen für eine generelle Entlastung von unnötiger Bürokratie ein und verfolgt konsequent die Ziele Bürokratieabbau, Prozessoptimierung und Verwaltungsmodernisierung.

Die Landesregierung geht u.a. mit dem am 12. November 2024 im Kabinett beschlossenen „Ersten Beschleunigungs- und Entlastungspaket“ die Beschleunigung von Planungs- und Ge­nehmigungsverfahren sowie die Entlastung der Wirtschaft und Verwaltung auf Landesebene entschieden an. Das Paket sieht insbesondere die Einführung von Praxischecks und eine Viel­zahl von gesetzlichen Maßnahmen zur Erleichterung und Beschleunigung von Genehmi­gungsverfahren, die Ausweitung digitaler Angebote der Landesregierung sowie die Reduzie­rung, Modifizierung und Abschaffung von Berichtspflichten für die Wirtschaft vor.

Im Januar 2025 hat das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie das „Board für Entlastung und Beschleunigung“ eingerichtet. Das Board, bestehend aus Wirt-schafts- und Industrieverbänden, Bezirksregierungen und Gewerkschaften auf Spitzenebene, soll im Sinne einer Entlastungsallianz zukünftig dabei helfen, dass wesentliche Beschleuni-gungs- und Entlastungspotenziale mit hoher Relevanz für die Wirtschaft identifiziert und ziel­gerichtet angegangen werden können.

Im Good Government Index, der jährlich vom Chandler Institute of Governance (CIG) mit Sitz in Singapur herausgegeben wird, und der die Regierungsführung von weltweit 113 Staaten miteinander vergleicht, belegte Deutschland im Jahr 2024 den 8. Platz vor den USA (Platz 15), China (Platz 37), Mexiko (Platz 63) und der Türkei (Platz 70). Der Index beurteilt u. a. die Effizienz der Regierungsführung der untersuchten Länder sowie deren Attraktivität für auslän­dische Direktinvestitionen (FDI). Zudem erzielte Nordrhein-Westfalen 2024 in einem von der Financial Times veröffentlichten Ranking einen Platz in den TOP 3 der großen Regionen als vielversprechendstes Investitionsziel in ganz Europa.

  1. Wie hoch schätzt die Landesregierung den jährlichen Bürokratieaufwand in Ganz-jahresvollzeitstellen und allen anderen Kosten einschließlich externer Berater und Prüfer ein, die ein Unternehmen wie Accuride Wheels Solingen GmbH aufwenden muss, um die Vorgaben des Lieferkettengesetzes, der Berichtspflichten des Car-bon Boarder Adjustment Mechanism, der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) und der DIN ISO 50000 zu erfüllen?

Der Landesregierung liegen keine Informationen zu den erfragten Daten vor. Der konkrete Zeitaufwand hängt von den individuellen Anforderungen und Betriebsabläufen des jeweiligen Unternehmens ab.

 

MMD18-13416

Beteiligte:
Christian Loose