Kleine Anfrage vom 27.07.2017
des Abgeordneten Sven W. Tritschler AfD
Antwort der Landesregierung als PDF
Im Zusammenhang mit Linksextremismus taucht immer wieder das Internetportal „Linksunten Indymedia“ (https://linksunten.indymedia.org/) auf. Dort werden regelmäßig Bekennerschreiben zu Anschlägen, „Outings“, bei denen widerrechtlich persönliche Daten politischer Gegner öffentlich gemacht werden, sowie theoretische Traktate publiziert.
Beispielsweise bekannten sich auf der Plattform unter der Überschrift „Wir sind wütend: Angriff auf eine Bullenwache in Hannover“ am 12. Juli 2017 Unbekannte zu einer Attacke auf eine Polizeistation. Hierbei kam es zu erheblichem Sachschaden.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Beobachtet die Landesregierung die Aktivitäten des oben genannten Internetportals und wenn ja, wie bewertet sie diese?
- In wie vielen Fällen kam es in den vergangenen drei Jahren zu Ermittlungsverfahren aufgrund von Beiträgen des o.g. Internetportals und wie viele davon führten zu einer Verurteilung? (Bitte aufschlüsseln.)
- Ist der Landesregierung bekannt, wer das Portal von welchem Land aus betreibt? (Ggf. bitte ausführen.)
- Welche Maßnahmen betreibt die Landesregierung, um die Bürger Nordrhein-Westfalens vor rechtswidrigen Veröffentlichungen auf o.g. Internetportal zu schützen?
- Wie bewertet die Landesregierung die Möglichkeit, den Zugriff auf das o.g. Internetportal ganz oder teilweise durch die in Deutschland ansässigen Internetdienstanbieter (ISP) sperren zu lassen, bzw. aus den Suchverzeichnissen der großen Internetsuchmaschinen (Google, etc.) löschen zu lassen?
Sven W. Tritschler
Kleine Anfrage 148 des Abgeordneten Sven W. Tritschler, Fraktion der AfD, „Aktivitäten des Internetportals „Linksunten Indymedia“, LT-Drs. 17/247
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage 148 im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz und dem Minister für Bundes-und Europaangelegenheiten, Internationales und Medien wie folgt:
Frage 1:
Beobachtet die Landesregierung die Aktivitäten des oben genannten Internetportals und wenn ja, wie bewertet sie diese?
Der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen wertet im Rahmen der Beobachtung der autonomen Szene in Nordrhein-Westfalen die Veröffentlichungen auf dem Internetportal „Linksunten Indymedia“ aus, die sich auf Aktivitäten des autonomen Spektrums im Zuständigkeitsbereich beziehen. Das Portal stellt für die autonome Szene und ihr Umfeld das wichtigste offene, überregionale und gruppenübergreifende Informationsmedium im deutschsprachigen Raum dar.
Frage 2:
In wie vielen Fällen kam es in den vergangenen drei Jahren zu Ermittlungsverfahren aufgrund von Beiträgen des o.g. Internetportals und wie viele davon führten zu einer Verurteilung? (Bitte aufschlüsseln.)
Auf dem Internetportal „Linksunten Indymedia“ werden regelmäßig Bekenner- und Selbstbezichtigungsschreiben veröffentlicht, die einer bereits begangenen Straftat zugeordnet werden können. Des Weiteren kommt- es über „Linksunten Indymedia“ zu Veröffentlichungen von Namen und Bildern vermeintlicher oder tatsächlicher politischer Gegner, dem sogenannten „Outing“. Hier ergeben sich unmittelbar aus dem Portal heraus Anhaltspunkte für Straftaten wie z.B. Beleidigung, Verleumdung oder Verstoß gegen das Kunsturheberrecht.
Im Rahmen der beim LKA Nordrhein-Westfalen durchgeführten Auswertungen zu festgestellten Beiträgen auf dem Internetportal „Linksunten Indymedia“ ergaben sich für Nordrhein-Westfalen innerhalb der letzten drei Jahre die nachfolgend bekannt gewordenen Straftaten:
Straftaten | Aachen | Bielefeld | Duisburg | Essen | o: | Straftaten NRW |
Aufforderung zu Straftaten | 1 | 1 | 1 | 4 | 7 | |
Verleumdung | 6 | 2 | 8 | |||
Beleidigung | 1 | 1 | 2 | |||
Nötigung | 2 | 2 | ||||
Straftaten Kunsturheberrechtsgesetz | 1 | 3 | 4 | |||
Verstoß gegen sonstige strafrechtli- chen Nebengesetze | 1 | 1 | ||||
Belohnung und Billigung von Strafta- ten | 3 | 3 | ||||
Volksverhetzung | 1 | 1 | ||||
Verst. VerG | 1 | 1 | ||||
Gesamtstraftaten Behörden | 1 | 1 | 8 | 4 | 15 | 29 |
Nach Veröffentlichung von Teilnehmerlisten der AfD-Parteitage 2015 und 2016 auf „Linksunten Indymedia“ wurden u.a. in Nordrhein-Westfalen vermehrt Strafanzeigen gegen Unbekannt erstattet. Diese Strafanzeigen wurden im Rahmen eines Sammelverfahrens zuständigkeitshalber an die Polizei Stuttgart abgegeben. Da keine statistische Erfassung dieser Anzeigen für Nordrhein-Westfalen vorgesehen ist, sind diese Verfahren nicht in der Auflistung enthalten.
Strafverfahren, die sich unmittelbar aus Beiträgen auf „Linksunten Indy-media“ ergeben, sind in der Regel zunächst keinem Tatverdächtigen zuzuordnen. Angaben zu Verfahrensausgängen sind in der zur Beantwortung von Kleinen Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.
Frage 3:
Ist der Landesregierung bekannt, wer das Portal von welchem Land aus betreibt? (Ggf. bitte ausführen.)
Die Betreiber sind bisher nicht öffentlich bekannt. Die Domain indyme-dia.org ist aktuell registriert auf eine Adresse in Brasilien. Sie wird von Kanada aus gehostet.
Frage 4:
Welche Maßnahmen betreibt die Landesregierung, um die Bürger Nordrhein-Westfalens vor rechtswidrigen Veröffentlichungen auf o.g. Internetportal zu schützen?
Siehe Antworten zu Frage 1 und 2.
Frage 5:
Wie bewertet die Landesregierung die Möglichkeit, den Zugriff auf das o.g. Internetportal ganz oder teilweise durch die in Deutschland ansässigen Internetdienstanbieter (ISP) sperren zu lassen, bzw. aus den Suchverzeichnissen der großen Internetsuchmaschi-nen (Google, etc.) löschen zu lassen?
Um eine Internetseite zu blockieren, müsste die IP-Adresse an alle Netzprovider mitgeteilt werden, um von dort aus blockiert zu werden. Das Wechseln der IP-Adresse durch die Betreiber der betroffenen Seite ist jedoch innerhalb von Minuten möglich, sobald festgestellt wird, dass die Seite nicht mehr erreichbar ist. Eine wirksam dauerhafte Blockade des Aufrufes des Seiteninhaltes ist damit nicht realisierbar. Ferner bestehen einfache Möglichkeiten, eine Geo-Sperre zu umgehen (Verbindung über Proxy-Server oder VPN-Technik).
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Reul