Antrag der Fraktion der AfD vom 21.11.2017
I. Sachverhalt
Mit der sogenannten Bologna-Erklärung der europäischen Bildungsminister vom 19. Juni 1999 wurde ein weitreichender Veränderungsprozess in der europäischen Hochschullandschaft eingeleitet. Die beteiligten Staaten proklamierten anfänglich, sich auf vergleichbare bzw. einheitliche Standards und Regelungen zu einigen, um Mobilitätshemmnisse für Studierende abzubauen und die Kooperation zwischen den Staaten bzw. ihren Bildungseinrichtungen zu erleichtern. Im Mittelpunkt dieses Prozesses stand in Deutschland die Umstellung auf Hochschulabschlüsse des anglo-amerikanischen Hochschulsystems. Nach Worten der Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, Prof. Dr. Margret Wintermantel, der „tiefgreifendsten Reform seit 200 Jahren“.
Für die Universitäten hatte der Bologna-Prozess die Konsequenz, dass vielfach nicht mehr Diplome erworben und Magisterarbeiten geschrieben werden können. An ihre Stelle traten Studiengänge mit Abschlüssen wie „Bachelor Germanistik“ oder „Master Philosophie“. Bewährte Studienabschlüsse, die über Generationen zum Renommee des deutschen Universitätssystems beigetragen und national wie international einen ausgezeichneten Ruf genossen hatten, verschwanden in der Versenkung. Inzwischen führen über 87 Prozent der Studiengänge deutschlandweit zu einem Bachelor- oder Masterabschluss.
In den meisten Bundesländern traten an ihre Stelle nicht nur neue Studienabschlüsse, sondern zahlreiche Veränderungen im Studienaufbau, die sich durch das verschulte Bachelor-/Mastersystem alsbald als substanzielle Verschlechterungen der Studierbarkeit und der Studienqualität herausstellten. Der Arbeitsdruck und die Prüfungsdichte wurden erhöht, mit der Folge, dass die Studentenwerke von einer immer größer werdenden Anzahl von Studierenden berichten, die aufgrund des hohen Zeit- und Leistungsdrucks ihre psychologischen Beratungsstellen aufsuchen. Vielfach ohne Erfolg. Seit der Einführung der Bologna-Reform hat sich die Studienabbruchquote im Durchschnitt von 25 Prozent auf 33 Prozent erhöht. In einzelnen Fächern, insbesondere im Bereich der Bachelor-Ausbildung für allgemeinbildende Schulen, liegt die Abbruchquote bei 50 Prozent.
Zwar nahm die Auslandsmobilitätsquote zu, bei Studierenden mit niedriger Bildungsherkunft aber liegt sie immer noch mit 9 Prozent weit hinter den Erwartungen. Zusätzlich wurde mit dem Masterabschluss eine weitere Bildungsschranke innerhalb des Hochschulsystems geschaffen, die nach Erhebungen des Studentenwerks zu einer neuen sozialen Selektion führt. Häufige auftretende Probleme bei der Anerkennung von an anderen Hochschulen oder im Ausland erbrachten Studienleistungen fachen die Kritik an den Ergebnissen der Bologna-Reform im Studienalltag zusätzlich an.
Die Mängel lösten eine breite Diskussion zur Reformierung der Reform aus, zumal eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) ergab, dass lediglich 47 Prozent der Unternehmen mit ihren Bachelor-Mitarbeitern zufrieden seien.
Im Dezember 2010 wurde in Mecklenburg-Vorpommern auf Antrag von SPD und CDU mit der Änderung des Hochschulgesetzes von der Landesautonomie im Bildungsbereich Gebrauch gemacht und die Hochschulen des Landes wieder in die Lage versetzt, den akademischen Grad des Diplom-Ingenieurs zu verleihen. Zugleich wurde in Sachsen auf Initiative von CDU und FDP beschlossen, zum bisherigen vierjährigen Lehramtsstudium mit dem bewährten Staatsexamen als Abschluss zurückzukehren.
Auch machten von Anfang an nicht alle Bundesländer bedingungslos die Bologna-Reform mit und hielten, wie dies im Falle des Staatsexamens in Bayern und Baden-Württemberg geschah, an den bewährten Abschlüssen fest.
II. Der Landtag stellt fest:
Die Studienqualität in Nordrhein-Westfalen muss verbessert werden. Nach Jahren der Bologna-Reform ist die Qualität der eingeführten Umstellungen bis heute umstritten.
Ohne überzeugendes Äquivalent sind international bedeutsame Studienabschlüsse aufgegeben worden, für die der Bachelor oder Masterabschluss zu keinem gleichwertigen Ersatz geworden ist.
III. Der Landtag beschließt:
Die Landesregierung wird aufgefordert, von ihrer Landesautonomie im Bildungsbereich Gebrauch zu machen, das Staatsexamen, den Magister und das Diplom in Nordrhein-Westfalen schnellstmöglich wieder einzuführen und die im Bologna-Prozess eingeführten Studienabschlüsse mittelfristig auslaufen zu lassen.
Helmut Seifen
Andreas Keith
und Fraktion