Gesetzentwurfder Fraktion vom 14.01.2020
Gesetz zur stärkeren Verankerung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in der Arbeit des Westdeutschen Rundfunks (FDGO-WDR-Gesetz)
A Problem
Der Radiosender WDR 2 veröffentlichte am 27. Dezember 2019 eine mittlerweile zurückgezogene Videoaufnahme des WDR-Kinderchors der Dortmunder Chorakademie, in der über 30 Mädchen eine umgedichtete Fassung des populären Kinderliedes „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ sangen. Der Text des umgedichteten Liedes lautete:
„Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad, Motorrad, Motorrad. Das sind 1000 Liter Super jeden Monat. Meine Oma ist ne alte Umweltsau!
Meine Oma sagt Motorradfahren ist voll cool, echt voll cool, echt voll cool. Sie benutzt das Ding im Altersheim als Rollstuhl, meine Oma ist ne alte Umweltsau.
Meine Oma fährt im SUV beim Arzt vor, beim Arzt vor, beim Arzt vor. Sie überfährt dabei zwei Opis mit Rollator, meine Oma ist ne alte Umweltsau.
Meine Oma brät sich jeden Tag ein Kotelett, ein Kotelett, ein Kotelett. Weil Discounter-fleisch so gut wie gar nichts kostet, meine Oma ist ne alte Umweltsau.
Meine Oma fliegt nicht mehr, sie ist geläutert, geläutert, geläutert. Stattdessen macht sie jetzt zehnmal im Jahr ne Kreuzfahrt, meine Oma ist doch keine Umweltsau.“1
Der WDR sah sich infolge der Veröffentlichung des Liedes massiver Kritik, darunter von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), ausgesetzt; WDR-Intendant Tom Buhrow erklärte am Abend des 28. Dezember 2019 im WDR 2, das Lied sei ein „Fehler“ gewesen.
Am selben Tag veröffentlichte der vom WDR beschäftigte freie Mitarbeiter Danny H., der für die Social-Media-Redaktion des WDR arbeitet,2 auf dem sozialen Netzwerk Twitter eine mittlerweile gelöschte Botschaft mit folgendem Inhalt:
„Lass mal über die Großeltern reden, von denen, die jetzt sich über #Umweltsau aufregen. Eure Oma war keine #Umweltsau. Stimmt. Sondern eine #Nazisau.“
Im Hinblick auf die daraufhin unmittelbar geäußerte Kritik anderer Nutzer veröffentlichte Herr H. am selben Tag eine weitere Botschaft auf Twitter:
„Haha. Wie jetzt alle ausrasten.“
Erst am Tag darauf erklärte Herr H. in einer neuerlichen Botschaft auf Twitter:
„Klarstellung in eigener Sache: Mir lag es fern eine ganze Generation [sic] oder gar eine bestimmte Bevölkerungsgruppe zu beleidigen. Falls dieser Eindruck entstanden sein sollte, möchte ich mich bei berechtigten Kritikern entschuldigen.“
Der WDR teilte am 30. Dezember 2019 mit, dass er sich von „Form und Inhalt“ des „Nazi-sau“-Textes distanziere, hielt jedoch an der Person Herrn H.s fest.3
Herr H. ist aus Sicht der Antragsteller der linksradikalen Szene zuzuordnen. So rief er beispielsweise am 1. August 2011 mit der Parole „Raven gegen Deutschland“4 zur Teilnahme an einer Demonstration auf oder bezeichnete sich als „Antideutschen“5.
Derartige linksradikale Umtriebe stellen beim WDR keinen Einzelfall dar. Der WDR-Journalist Jürgen D. solidarisierte sich in einem mittlerweile gelöschten Kommentar auf www.tages-schau.de mit der „vielleicht nicht legal[en]“6 gewalttätigen Besetzung des RWE-Braunkohleta-gebaus Garzweiler durch die vom Bundesamt für Verfassungsschutz als „linksextremistisch beeinflusste“7 Kampagne „Ende Gelände“ und bezeichnete RWE als „lächerlich“8, weil das Unternehmen gegen die kriminellen Besetzer juristisch vorgehe.
Die ehemalige WDR-Chefredakteurin Sonia S. M. nahm ausweislich eines von ihr selbst am 4. Januar 2020 auf Twitter publizierten Videos an einer Versammlung teil, die von „Köln gegen Rechts – Antifaschistisches Aktionsbündnis“ ausgerichtet wurde. Laut eigener Auskunft9 beteiligen sich an diesem Bündnis folgende Gruppierungen, darunter solche, die vom Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuft werden:
Antifaschistische Gruppe [CGN]
Bündnis “Köln-Nord gegen Rechts”
Internationale Sozialistische Organisation (ISO)
Interventionistische Linke (iL) Köln
Kein Mensch ist illegal
Köln Alarm
Linksjugend [’solid] Köln
Roter Aufbau Rhein/Ruhr
SAV Köln
SDAJ Köln
SDS Köln
SJD-Die Falken, KV Köln
Die Antragsteller konstatieren auf Grund all dieser Vorfälle eine besorgniserregende Nähe einzelner WDR-Mitarbeiter zum Linksradikalismus bzw. Linksextremismus und haben die Sorge, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk für die Zwecke verfassungsfeindlicher Ideologien instrumentalisiert wird, wenn hiergegen nichts unternommen wird. Darunter zählen die Antragsteller nicht nur Äußerungen, die sich gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland (siehe den Fall Danny H.) und seine Verfassungsordnung richten, sondern auch disruptive Propaganda, z.B. durch das Aufstacheln jüngerer Generationen gegen ältere wie im Rahmen der „Umweltsau“-Affäre.
B Lösung
Der WDR und seine Mitarbeiter müssen dazu angehalten werden, die Verfassungsordnung zu achten. Zu diesem Zwecke sollen die Programmmitarbeiter mit einer schriftlichen Erklärung dazu verpflichtet werden, die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Programmgrundsätze des WDR zu wahren. Im Lichte der „Umweltsau“-Affäre soll dabei die Rücksichtnahme auf die unterschiedlichen Generationen im Land Eingang in die Programmgrundsätze finden.
Die Verfassungsschutzbehörde soll daneben explizit beauftragt werden, sich mit verfassungsfeindlichen Bestrebungen im WDR auseinanderzusetzen.
C Alternativen
Duldung von verfassungsfeindlichen Bestrebungen im Westdeutschen Rundfunk durch Beibehaltung der bisherigen unbefriedigenden Rechtslage.
D Kosten
Durch die Verpflichtungserklärung entsteht ein minimaler Erfüllungsaufwand für die betroffenen Programmmitarbeiter und den WDR. Ein leicht höherer Erfüllungsaufwand könnte für die Verfassungsschutzbehörde entstehen; die gesetzliche Neuregelung eröffnet jedoch im Hinblick auf die Befassung mit verfassungsfeindlichen Bestrebungen keinen Erfüllungsaufwand, der nicht bereits ohnehin durch den Gesamtauftrag an die Verfassungsschutzbehörde, sich mit allen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen zu befassen, entstehen könnte.
E Zuständigkeit
Das Land hat sowohl die Zuständigkeit für die Regelung der Angelegenheiten des Rundfunks als auch des Verfassungsschutzes.
Gegenüberstellung
– siehe PDF –
Begründung
A Allgemeiner Teil
Der vorliegende Gesetzentwurf erweitert bereits bestehende Regelungen im WDR-Gesetz und im Verfassungsschutzgesetz mit dem Ziel, die freiheitlich-demokratische Grundordnung stärker in der Arbeit des Westdeutschen Rundfunks zu verankern. Diese Erweiterungen erhöhen dabei nicht die Intensität etwaiger Eingriffe in die Grundrechte, die bereits nach geltender Rechtslage bestehen: So sieht das WDR-Gesetz im § 32 de lege lata vor, dass Programmmitarbeiter „im Rahmen ihrer vertraglichen Rechte und Pflichten an der Erfüllung der gesetzlichen Aufgabe mitzuwirken“ haben. Die verpflichtende Abgabe einer Erklärung, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu wahren, ist daher eine im System der wehrhaften Demokratie politisch gebotene Konkretisierung einer bereits geltenden abstrakten Verpflichtung. Auch die Erweiterung der Aufgaben des Verfassungsschutzes im Hinblick auf den WDR erhöht die Intensität etwaiger Grundrechtseingriffe nicht. Bereits nach geltendem Recht gehören sämtliche „Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben“ (§ 3 Absatz 1 Nummer 1 VSG NRW) zu den Aufgaben des Verfassungsschutzes . Die Befassung mit etwaigen verfassungsfeindlichen Bestrebungen ist lediglich ein Unterfall des Generalfalls, dessen Erwähnung nichtsdestoweniger geboten ist, damit die Abgabe der Verpflichtungserklärungen nicht zahnlos bleibt. Die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stellt ebenfalls keinen Hinderungsgrund dar, da diese nicht als Instrument taugt, um etwaige verfassungsfeindliche Bestrebungen dem Zugriff des Verfassungsschutzes zu entziehen. Da der Gesetzgeber den öffentlich-rechtlichen Rundfunk statuiert hat, kann er auch eine stärkere Verankerung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in diesem vorschreiben.
B Besonderer Teil
Zu Artikel 1
Die in Artikel 1 vorgesehenen Änderungen des WDR-Gesetzes betreffen einerseits den Programmauftrag (§ 4) und andererseits die Programmmitarbeiter (§ 32).
Zu § 4
- 4 Absatz 2 Satz 4 sieht als Bestandteil des Programmauftrags die Förderung des friedlichen und gleichberechtigten Miteinanders unterschiedlicher Kulturen und Sprachen vor. Nunmehr soll auch die Förderung des friedlichen und gleichberechtigten Miteinanders unterschiedlicher Generationen Programmauftrag sein. Diese Erweiterung nimmt insofern den Zweck des Satzes, der auf eine höhere soziale Kohäsion gerichtet ist, auf und ergänzt vor dem Hintergrund sich verschärfender Generationenkonflikte einen weiteren Tatbestand.
Zu § 32
Durch die Erweiterung des § 32 wird die bereits bestehende Pflicht von Programmmitarbeitern, im Rahmen ihrer vertraglichen Rechte und Pflichten an der Erfüllung der gesetzlichen Aufgabe des WDR mitzuwirken, durch eine Verpflichtung konkretisiert, sich schriftlich zur Wahrung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sowie weiterer im Gesetzestext aufgezählten Tatbestände zu verpflichten. Ein besonderer Wortlaut wird hierbei nicht vorgeschrieben, es genügt insofern jeder Wortlaut, welcher der gesetzlichen Regelung Genüge tut.
Die Regelung, dass die Erklärung gegenüber dem Intendanten abzugeben ist, dient hierbei vor allem der organisatorischen Vereinfachung im Hinblick auf die Zuleitung der Erklärungen an die Verfassungsschutzbehörde.
Zu Artikel 2
Der Verfassungsschutzbehörde wird die Aufgabe übertragen, die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen über die nach § 32 Absatz 2 WDR-Gesetz abgegebenen Erklärungen zu bewirken. Dies stellt im Optimalfall, nämlich der Abwesenheit jeglicher verfassungsfeindlichen Bestrebungen im WDR, sicher, dass der Verfassungsschutz sich mit dem WDR zumindest in Form der Sammlung der Verpflichtungserklärungen befasst, sodass hieraus eine Information der Öffentlichkeit in den Verfassungsschutzberichten resultieren kann. Liegen hingegen Anhaltspunkte für Bestrebungen von Programmmitarbeitern vor, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten, kann der Verfassungsschutz die vom Gesetz vorgesehenen Maßnahmen ergreifen.
Die Aufgabe des Verfassungsschutzes wird dabei durch den mit „soweit“ eingeleiteten Nebensatz nicht darauf ausgedehnt, sich mit Verstößen gegen die Verpflichtungserklärung zu befassen, welche eine Verletzung der Programmgrundsätze oder ein Agieren gegen den Programmauftrag des WDR zum Gegenstand haben. Die Überwachung der Einhaltung solcher Bestimmungen ist nicht Aufgabe des Verfassungsschutzes, wenn es sich nicht um Verstöße mit einem verfassungsfeindlichen Charakter handelt.
Zu Artikel 3
Das Gesetz soll nicht sofort in Kraft treten, sondern erst am zehnten Tage nach seiner Verkündung, damit die Programmmitarbeiter des WDR sich auf die Gesetzesänderung einstellen können.
Sven W. Tritschler
Gabriele Walger-Demolsky
Herbert Strotebeck
Markus Wagner
Andreas Keith
und Fraktion
1 merkur.de, WDR-Kinderchor singt „Oma ist ne alte Umweltsau“: Hier den Lied-Text und das gelöschte Video sehen, https://www.merkur.de/politik/kinderchor-wdr-oma-umweltsau-lied-text-video-zr-13391381.html, abgerufen am 8. Januar 2020.
2 tagesspiegel.de, Journalistenverband fordert von WDR Rückendeckung für freien Mitarbeiter, https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/eure-oma-war-eine-nazisau-journalistenverband-for-dert-von-wdr-rueckendeckung-fuer-freien-mitarbeiter/25375302.html, abgerufen am 8. Januar 2020.
3 A.a.O.
4 H., Danny, https://twitter.com/dannytastisch/status/98014443430092801, abgerufen am 8. Januar 2020.
5 H., Danny, https://twitter.com/dannytastisch/status/1197522147209555969, abgerufen am 8. Januar 2020.
6 D., Jürgen, „Unangemessen und absurd“, tagesschau.de vom 16. August 2015.
7 Bundesamt für Verfassungsschutz, Linksextremisten instrumentalisieren „Klimaschutz“-Proteste, https://www.verfassungsschutz.de/de/aktuelles/schlaglicht/schlaglicht-2018-08-linksextremisten-instru-mentalisieren-klimaschutz-proteste, abgerufen am 8. Januar 2020.
8 Siehe Fußnote 7.
9 Köln gegen Rechts, Über uns, https://www.koelngegenrechts.org/gruppen/, abgerufen am 8. Januar 2020.