Kleine Anfrage 3741des Abgeordneten Markus Wagner vom 25.05.2020
Bezüge des Linksextremismus zur so genannten „Grünen Jugend NRW“ – Schaut der Verfassungsschutz weg?
Der Bundesverband der Grünen Jugend, der Jugendorganisation der Partei Bündnis 90/Die Grünen, hat in einem Tweet vom 30. April 2020 den Hashtag „#WirsindAntifa“ verwendet. Hintergrund der Nutzung dieses Tweets war ein vorheriger Tweet der Jungen Liberalen, der Jugendorganisation der FDP, der jedwede Form des politischen Extremismus’ verurteilte und überdies die „Antifa“ im Rahmen einer Grafik aufgefordert hatte, am 1. Mai 2020 im Homeoffice zu verbleiben. Die Grüne Jugend hat diesen Tweet in bagatellisierender Weise mit dem vorgenannten Hashtag retweetet.1 Der ursprüngliche Tweet des Bundesverbands der Grünen Jugend wurde u.a. von der Grünen Jugend Köln retweetet.
Entgegen den Verharmlosungen durch die grüne Nachwuchsorganisation heißt es beim Bundesamt für Verfassungsschutz zur sogenannten „autonomen Antifa“:
„Der „antifaschistische Kampf“ ist ein Hauptagitationsfeld von Autonomen. Aus ihrer Sicht ist es geboten, den Kampf gegen Faschisten und Rassisten in die eigenen Hände zu nehmen. In autonomen Publikationen und Stellungnahmen wird für Gegenveranstaltungen zu rechtsextremistischen Kundgebungen geworben. Die Agitation richtet sich auch gegen bestimmte staatliche Einrichtungen oder ihre Repräsentanten. Darüber hinaus werden Adressen und „Steckbriefe“ von politischen Gegnern veröffentlicht, die nicht selten mit der Aufforderung verbunden sind, diese Personen auch anzugreifen. Im Rahmen der „antifaschistischen Selbsthilfe“ werden auch militante Aktionen befürwortet, die sich in erster Linie gegen den politischen Gegner, insbesondere tatsächliche oder vermeintliche „Nazis“ richten. Dadurch kommt es regelmäßig zu hohen Sachschäden, teilweise aber auch zu Personenschäden.“2
Die Solidarisierung der Grünen Jugend mit linksextremen Bestrebungen oder mit dem Phänomenbereich des Linksextremismus in toto ist jedoch kein Einzelfall:
„Es ist nicht das erste Mal, daß die Grüne Jugend sich mit der linksextremen Szene solidarisiert. 2013 startete sie gemeinsam mit der Linksjugend die Kampagne „Ich bin linksextrem“, womit sie gegen eine angebliche Stigmatisierung des Linksextremismus protestierte. Ein Jahr später rief die Grüne Jugend zum Eintritt in die linksextreme Gefangenenhilfsorganisation „Rote Hilfe“ auf.
Und erst im November vergangenen Jahres demonstrierte die Grüne Jugend in Hamburg gemeinsam mit der linksextremen Interventionistischen Linken gegen das Polizeigesetz in der Hansestadt. Bei der Demonstration wurden unter anderem die Parolen „Ganz Hamburg haßt die Polizei“ und „BRD ******staat, wir haben dich zum ****** satt“ skandiert.“3
Der Landesverband Nordrhein-Westfalen der Grünen Jugend hatte zudem im Jahre 2019, neben dem Bundesverband und der linksextremen Interventionistischen Linken, einen Aufruf des Bündnisses „Ende Gelände“ unterzeichnet4. Über den Charakter von „Ende Gelände“ heißt es im nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2018:
„In der Kooperation zwischen extremistischen und nicht-extremistischen Gruppen übernahm das linksextremistisch beeinflusste Bündnis „Ende Gelände“ eine steuernde Rolle hinsichtlich Art, Umfang, Vorbereitung und Durchführung von Versammlungen und Aktionen.“5
Ich frage daher die Landesregierung:
1. Bewertet es der Verfassungsschutz als Erfolg einer Entgrenzungsstrategie von Linksextremen, dass das laut Verfassungsschutz linksextrem beeinflusste Bündnis „Ende Gelände“ den Landesverband NRW der Grünen neben von Verfassungsschutzbehörden beobachteten linksextremen Bestrebungen als Unterstützer generieren konnte?
2. Bewertet es der Verfassungsschutz als Erfolg einer Entgrenzungsstrategie von Linksextremen, dass der Landesverband Niedersachsen der Grünen Jugend, mit dem sich die Grüne Jugend NRW in einem gemeinsamen Bundesverband organisiert, in der Vergangenheit zum Eintritt in die linksextreme Rote Hilfe aufgerufen hat?
3. Bewertet es der Verfassungsschutz als Erfolg einer Entgrenzungsstrategie von Linksextremen, dass der Hamburger Landesverband der Grünen Jugend, mit dem sich die Grüne Jugend NRW in einem gemeinsamen Bundesverband organisiert, gemeinsam mit der linksextremen Interventionistischen Linken gegen das Polizeigesetz in der Hansestadt demonstriert hat und dort auch Parolen wie „BRD ******staat, wir haben dich zum ****** satt“ skandiert worden sind?
4. Bewertet es der Verfassungsschutz als Erfolg einer Entgrenzungsstrategie von Linksextremen, dass der Bundesverband der Grünen Jugend, dessen Gliederung die Grüne Jugend NRW ist, sich öffentlich in bagatellisierender Weise über linksextreme Gewalt äußert und dabei den Hashtag „#WirsindAntifa“ verwendet?
5. Beobachtet der Verfassungsschutz NRW im Rahmen der Prüffallbearbeitung auch die Versuche linksextremer Bestrebungen, auf die Jugendorganisationen linker, etablierter Parteien, die in Gänze als „demokratisch“ bewertet werden, Einfluss zu nehmen?
Markus Wagner
1 Vgl. https://twitter.com/gruene_jugend/status/1255919862272188424.
2 Bundesamt für Verfassungsschutz (2020): Antifa, autonome; online im Internet: https://www.verfassungsschutz.de/de/service/glossar/antifa-autonome.
3 Junge Freiheit (2020): Grüne Jugend verharmlost linksextreme Gewalt; online im Internet: https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2020/gruene-jugend-verharmlost-linksextreme-gewalt/; vgl. zur Hamburger Demo auch: Hamburger Morgenpost (2019): Neues Polizeigesetz. Demo mit 2300 Teilnehmern – Polizei: „500 Linksextreme“; online im Internet: https://www.mopo.de/hamburg/polizei/neues-polizeigesetz-demo-mit-2300-teilnehmern—-polizei—500-linksextreme—33470454.
4 Vgl. https://www.ende-gelaende.org/aufruf-2019/.
5 Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen (2019): Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2018, Düsseldorf, S. 160.
Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 17.06.2020
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3741 mit Schreiben vom 17. Juni 2020 namens der Landesregierung beantwortet.
- Bewertet es der Verfassungsschutz als Erfolg einer Entgrenzungsstrategie von Linksextremen, dass das laut Verfassungsschutz linksextrem beeinflusste Bündnis „Ende Gelände“ den Landesverband NRW der Grünen neben von Verfassungsschutzbehörden beobachteten linksextremen Bestrebungen als Unterstützer generieren konnte?
- Bewertet es der Verfassungsschutz als Erfolg einer Entgrenzungsstrategie von Linksextremen, dass der Landesverband Niedersachsen der Grünen Jugend, mit dem sich die Grüne Jugend NRW in einem gemeinsamen Bundesverband organisiert, in der Vergangenheit zum Eintritt in die linksextreme Rote Hilfe aufgerufen hat?
- Bewertet es der Verfassungsschutz als Erfolg einer Entgrenzungsstrategie von Linksextremen, dass der Hamburger Landesverband der Grünen Jugend, mit dem sich die Grüne Jugend NRW in einem gemeinsamen Bundesverband organisiert, gemeinsam mit der linksextremen Interventionistischen Linken gegen das Polizeigesetz in der Hansestadt demonstriert hat und dort auch Parolen wie „BRD ******staat, wir haben dich zum ****** satt“ skandiert worden sind?
- Bewertet es der Verfassungsschutz als Erfolg einer Entgrenzungsstrategie von Linksextremen, dass der Bundesverband der Grünen Jugend, dessen Gliederung die Grüne Jugend NRW ist, sich öffentlich in bagatellisierender Weise über linksextreme Gewalt äußert und dabei den Hashtag „#WirsindAntifa“ verwendet?
Die Fragen 1 bis 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet:
Wenn das Bemühen extremistischer Akteure, sich durch geeignete Themen und Aktionsformen für das demokratische Spektrum anschlussfähig zu machen, dazu führt, dass demokratische Akteure das extremistische Spektrum und dessen Positionen unterstützen, kann dies ein Erfolg extremistischer Entgrenzungsstrategien sein.
- Beobachtet der Verfassungsschutz NRW im Rahmen der Prüffallbearbeitung auch die Versuche linksextremer Bestrebungen, auf die Jugendorganisationen linker, etablierter Parteien, die in Gänze als „demokratisch“ bewertet werden, Einfluss zu nehmen?
Der Verfassungsschutz NRW beobachtet Bestrebungen, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten beziehungsweise den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährden. Dementsprechend beobachtet der Verfassungsschutz NRW auch Versuche linksextremistischer Personenzusammenschlüsse, Einfluss auf demokratische Organisationen zu nehmen.