Gestern gab die Landesregierung einen Bericht zu den Todesumständen der dreijährigen Greta, die mutmaßlich von ihrer Erzieherin zu Tode misshandelt wurde, ab.
Während der Familienminister das Betreuungssystem verteidigte, zeigen bislang bekannte Details, dass es so nicht weiter gehen darf.
Mit starken Atemproblemen wurde Greta am 21. April von der städtischen Kita Steinkreis in Viersen mit dem Notarzt ins Krankenhaus gebracht. Dort verstarb das Kind am 4. Mai – einen Tag nach seinem 3. Geburtstag. Die Erzieherin Sandra M. (25) steht unter Mordverdacht. Ihre Historie macht fassungslos:
Kurz hintereinander soll die Verdächtige bei vier Kita-Trägern in Krefeld, Kempen und Tönisvorst beschäftigt gewesen sein. In nicht weniger als drei dieser Einrichtungen sei es ebenfalls zu Notarzteinsätzen gekommen – allein in Kempen viermal und zwar ein und dasselbe Kind betreffend! Dennoch:
Meldungen ans Jugendamt gab es keine. Auch, dass die Staatsanwaltschaft Kleve 2019 gegen die Frau wegen Vortäuschung einer Straftat ermittelt und die Gerichtsmedizin ihr in diesem Zusammenhang psychische Probleme diagnostiziert hatte, leitete man nicht an die Behörde weiter.
So konnte Sandra M. am 01.01.2020 in Viersen ihren Dienst beginnen. Schon im Februar sei sie von der dortigen Leitung allerdings als ungeeignet eingestuft und mit Beginn des Lockdowns ins Home-Office geschickt worden. Am 21. April aber wurde sie nochmal für die Notbetreuung eingeteilt. Das einzige Kind:
Greta. Als die zweite Betreuerin um 13:30 Uhr ihren Dienst beendete, war das Schicksal des Mädchens besiegelt. Wie konnte das nur passieren?
In der gestrigen Unterrichtung gab es darauf noch keine Antworten. Den Verdacht, der eklatante Fachkräftemangel sei in Mitschuld zu nehmen, hat Familienminister Joachim Stamp (FDP) aber schonmal abgewiegelt. Zudem suggerierte er, das Betreuungssystem sei heute ein besseres als noch vor Jahren.
„Das finde ich erstaunlich“, kommentiert Iris Dworeck-Danielowski, familienpolitische Sprecherin der AfD-Fraktion NRW: „Natürlich dürfen Kita-Träger geschweige denn Erzieher jetzt nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Die Allermeisten kümmern sich liebevoll um das Wohl ihrer Schutzbefohlenen.“
„Aber wir müssen doch eines wahrhaben: Von sechs Notarztbesuchen, an denen die Tatverdächtige als Erzieherin beteiligt war, wurde nur der letzte Fall ans Jugendamt gemeldet – und der verlief tödlich. Das lässt doch auf ein gewisses Dunkelfeld schließen.“
„Spätestens jetzt muss man die bekannten Defizite im Betreuungssystem daher endlich ernst nehmen. Ohne genügend Personal sollen die Einrichtungen die Vollversorgung gewährleisten, sogar schon für kleine Babys, die sich noch gar nicht ihren Eltern sprachlich mitteilen können. Trotzdem dürfen die Einrichtungen im Gegensatz zu jeder Pommesbude noch nicht einmal unangekündigt kontrolliert werden.“