Kleine Anfrage 4515des Abgeordneten Herbert Strotebeck vom 06.10.2020
Aufwandsentschädigung für kommunale Mandatsträger in NRW
Ein Ratsherr im Stadtrat der Millionenmetropole Köln erhält derzeit eine monatliche Pauschale von 492,90 Euro und pro Sitzung 20,30 Euro. Ein Ratsherr in Duisburg (im Vergleich zu Köln weniger als die Hälfte der Einwohner) erhält exakt die gleichen Summen.1 Grund für dieses Ungleichgewicht ist die starre Entschädigungsverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen.2 Diese bietet bei der Höhe der Entschädigung von kommunalen Mandatsträgern nur fünf verschiedene Stufen zur Einteilung von Städten.
In anderen Bundesländern können die Stadträte teilweise selbst beschließen, welche Aufwandsentschädigung sie jeweils für angemessen halten. Im Gemeinderat von Stuttgart (635.000 Einwohner) erhalten die Mitglieder eine monatliche Aufwandsentschädigung von 1.650 Euro und ein Sitzungsgeld von mindestens 70 Euro.3 In der Stadtverordnetenversammlung von Frankfurt am Main (760.000 Einwohner) wird den Vertretern eine monatliche Pauschale von 1.023 Euro gezahlt. Ein Mitglied des Stadtrats von Leipzig (560.000 Einwohner) erhält einen monatlichen Grundbetrag von 543,80 Euro und ein Sitzungsgeld von 108,80 (Ratssitzungen) bzw. 54,40 Euro (sonstige Sitzungen). In der NRW-Landeshauptstadt Düsseldorf (612.000 Einwohner) gibt es die gleichen Beträge wie in Köln: 492,90 Euro monatlich und 20,30 Euro pro Sitzung.
In einem Artikel der „Glocke“ aus dem Jahre 2018 wird die Arbeitsbelastung von Politikern in NRW-Großstädten mit der von NRW-Landtagsabgeordneten verglichen: „In den großen Stadtparlamenten von Köln oder Duisburg müssten die ehrenamtlichen Stadträte mehr arbeiten als ein Landtagsabgeordneter, behaupten leidgeprüfte Kommunalpolitiker.“
Im Kölner-Stadt-Anzeiger war im vergangenen Jahr zu lesen: „Eine bessere Vergütung würde es den Ratsmitgliedern ermöglichen, mehr Zeit für ihre politische Arbeit aufzubringen und dafür beruflich etwas kürzer zu treten. Mit ihren Überlegungen, […], findet [Henriette] Reker Zuspruch bei den drei größten Fraktionen.“4
Daher frage ich die Landesregierung:
- Wie beurteilt die Landesregierung die Höhe der Aufwandsentschädigung der kommunalen Mandatsträger in NRW-Großstädten im Vergleich zu denen in Großstädten anderer Bundesländer?
- Was spricht aus Sicht der Landesregierung dagegen, dass die Städte die Aufwandsentschädigungen individuell beschließen können?
- Wie hat sich die Höhe der gleichzeitig als monatliche Pauschale und Sitzungsgeld gezahlten Aufwandsentschädigung für Mandatsträger in NRW-Städten mit mehr als 450.000 Einwohnern in den letzten 20 Jahren verändert? (Bitte alle Veränderungen auflisten)
- Wie hat sich die Höhe der gleichzeitig als monatliche Pauschale und Sitzungsgeld gezahlten Aufwandsentschädigung für Mandatsträger in NRW-Kreisen mit mehr als 250.000 Einwohnern in den letzten 20 Jahren verändert? (Bitte alle Veränderungen auflisten)
Herbert Strotebeck
1 https://www.duisburg.de/rathaus/rathausundpolitik/ratgremien/rat/entschaedigung-der-mitglieder-kommunalpolitischer-grem ien.php#Rat_der_Stadt
2 https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_text_anzeigen?v_id=10000000000000000181
3 https://www.stuttgart.de/medien/ibs/0-8.pdf
4 https://www.ksta.de/meinungsmacher/bessere-verguetung-gefordert-bekommen-koelner-ratspolitiker-zu-wenig-geld–31885974
Die Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 4515 mit Schreiben vom 29. Oktober 2020 namens der Landesregierung beantwortet.
- Wie beurteilt die Landesregierung die Höhe der Aufwandsentschädigung der kommunalen Mandatsträger in NRW-Großstädten im Vergleich zu den in Großstädten anderer Bundesländer?
- Was spricht aus Sicht der Landesregierung dagegen, dass die Städte die Aufwandsentschädigung individuell beschließen können?
Aus Gründen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 und 2 gemeinsam beantwortet.
Die Zuständigkeit zur Regelung des Kommunalrechts liegt bei den jeweiligen Ländern. Daher bestehen unterschiedliche Kommunalverfassungssysteme mit verschiedenen Strukturen. Ein genereller Vergleich mit anderen Bundesländern ist daher nicht möglich. In Nordrhein-Westfalen wird die kommunale Selbstverwaltung wesentlich von dem Einsatz der Bürgerinnen und Bürger getragen, die sich ehrenamtlich in den kommunalen Vertretungen engagieren.
Das Modell des ehrenamtlichen Ratsmitglieds hat in Nordrhein-Westfalen eine lange Tradition. Die Rahmenbedingungen für dieses Ehrenamt sind in den vergangenen Jahren regelmäßig überprüft und angepasst worden. Die Entschädigung der Mitglieder kommunaler Vertretungen und Ausschüsse richtet sich nach der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) vom 14. Juli 1994, in der jeweils gültigen Fassung in Verbindung mit der Entschädigungsverordnung vom 5. Mai 2014 in der jeweils gültigen Fassung. Gemäß § 45 Absatz 7 GO NRW wird zu Beginn und mit Ablauf der Hälfte der Wahlzeit der Vertretungen die Höhe der Aufwandsentschädigung angepasst. Grundlage der Anpassung ist die Preisentwicklung ausgewählter Waren und Leistungen im Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte seit der letzten Anpassung der Höhe der Aufwandsentschädigung.
Eine an den Einwohnerzahlen orientierte Gewährung von Aufwandsentschädigungen bietet Systemgerechtigkeit. Die derzeitigen Regelungen in der Entschädigungsverordnung gewährleisten damit eine gewisse Gleichmäßigkeit in der Praxis der Aufwandsentschädigungen und machen diese weniger von der finanziellen Disposition der einzelnen Kommunen abhängig.
- Wie hat sich die Höhe der gleichzeitig als monatliche Pauschale und Sitzungsgeld gezahlten Aufwandsentschädigung für Mandatsträger in NRW-Städten mit mehr als 450.000 Einwohnern in den letzten 20 Jahren verändert? (Bitte alle Veränderungen auflisten)
In den letzten 20 Jahren hat sich die Höhe der gleichzeitig als monatliche Pauschale und Sitzungsgeld gezahlten Aufwandsentschädigung für Mandatsträger in NRW-Städten mit mehr als 450.000 Einwohnern wie folgt verändert:
Zeitraum |
mtl. Pauschale |
Sitzungsgeld |
01.07.1997 – 31.12.2001 |
728,00 DM |
30,00 DM |
01.01.2002 – 30.06.2007 |
402,00 € |
16,50 € |
01.07.2007 – 31.10.2009 |
414,00 € |
17,00 € |
01.11.2009 – 30.04.2012 |
421,50 € |
17,30 € |
01.05.2012 – 31.05.2014 |
425,70 € |
17,50 € |
01.06.2014 – 31.12.2015 |
433,40 € |
17,80 € |
01.01.2016 – 31.07.2017 |
476,70 € |
19,60 € |
01.08.2017 – 31.10.2020 |
492,90 € |
20,30 € |
ab 01.11.2020 |
514,10 € |
21,20 € |
- Wie hat sich die Höhe der gleichzeitig als monatliche Pauschale und Sitzungsgeld gezahlten Aufwandsentschädigung für Mandatsträger in NRW-Kreisen mit mehr als 250.000 Einwohnern in den letzten 20 Jahren verändert? (Bitte alle Veränderungen auflisten)
In den letzten 20 Jahren hat sich die Höhe der gleichzeitig als monatliche Pauschale und Sitzungsgeld gezahlten Aufwandsentschädigung für Mandatsträger in NRW-Kreisen mit mehr als 250.000 Einwohnern wie folgt verändert:
Zeitraum |
mtl. Pauschale |
Sitzungsgeld |
01.07.1997 – 31.12.2001 |
583,00 DM |
30,00 DM |
01.01.2002 – 30.06.2007 |
322,00 € |
16,50 € |
01.07.2007 – 31.10.2009 |
332,00 € |
17,00 € |
01.11.2009 – 30.04.2012 |
338,00 € |
17,30 € |
01.05.2012 – 31.05.2014 |
341,40 € |
17,50 € |
01.06.2014 – 31.12.2015 |
347,50 € |
17,80 € |
01.01.2016 – 31.07.2017 |
382,30 € |
19,60 € |
01.08.2017 – 31.10.2020 |
395,30 € |
20,30 € |
ab 01.11.2020 |
412,30 € |
21,20 € |