Wann folgt auf „Wald und Holz 4.0“ der Hochschulstandort Arnsberg?

Kleine Anfrage
vom 15.12.2020

Kleine Anfrage 4742des Abgeordneten Andreas Keith vom 15.12.2020

 

Wann folgt auf „Wald und Holz 4.0“ der Hochschulstandort Arnsberg?

Das Kompetenzzentrum Wald und Holz 4.0 und andere wichtige forstwirtschaftliche Einrichtungen haben bereits ihren Sitz in Arnsberg im Sauerland. Das Fernziel dieser Entwicklung ist die Bildung eines Hochschulstandorts für Forstwirtschaft, das auf dem Kompetenzzentrum aufbauen soll.

Der kanadische Botschafter in Deutschland, Stéphane Dion, war am 9. Oktober 2020 zu Besuch im Forstlichen Bildungszentrum (FBZ) für Waldarbeit und Forsttechnik in Arnsberg. Der Botschafter war Gast des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen.

In den Gesprächen ging es um den Wald in Nordrhein-Westfalen unter den Bedingungen des Klimawandels und um eine deutsch-kanadische Forschungskooperation.1

So wurde dem Botschafter auch das Kompetenzzentrum Wald und Holz 4.0 vorgestellt. Wichtig für das Kompetenzzentrum sei die Zusammenarbeit mit relevanten Akteuren im Cluster Wald und Holz – auch international. In einem Waldgebiet in der Nähe des Bildungszentrums ließ sich der Botschafter von Experten Strategien und Hilfsmittel zur Wiederbewaldung erklären. Eine Demonstration der vollmechanisierten Holzernte mittels Harvester und Forwarder rundete das Exkursionsprogramm ab.

Mit dem digitalen Blick auf Wald und Forst beschäftigt sich nunmehr das neue „Kompetenzzentrum Wald und Holz 4.0“.

Dieses bundesweit bislang einmalige und mit sechs Millionen Euro geförderte Infrastrukturprojekt soll Antworten auf die Frage finden, welche (hoffentlich positiven) Auswirkungen die Industrie 4.0 in Zukunft auf die Forst- und Holzwirtschaft haben wird. In diesem für die kommenden drei Jahre angelegten Förderprojekt widmen sich Wissenschaftler und Forstexperten gemeinsam dem Thema und beschäftigen sich sowohl mit der Forschung als auch dem praktischen Nutzen neuer technischer Möglichkeiten.

NRW liegt mit einer Waldfläche von 868.648 Hektar auf dem vierten Rang2 der Flächengröße des Waldes (aufgeteilt nach Bundesländern). Dabei ist Nordrhein-Westfalen mit mehr als 18 Mio. Einwohnern das bevölkerungsstärkste Bundesland Deutschlands. Es erstreckt sich über eine Fläche von 3,4 Mio. Hektar. Der Wald nimmt mit ca. 935.000 Hektar etwa 27 Prozent der Gesamtfläche ein. Der Anteil des Privatwaldes ist mit 64 Prozent höher als in jedem anderen Bundesland.

Im Industrieland Nordrhein-Westfalen erfüllt der Wald wertvolle Erholungs- und Schutzfunktionen und ist gleichzeitig auch für die biologische Vielfalt unersetzlich. Zudem hat der Wald in NRW auch eine große ökonomische Bedeutung.

Die Naturnähe des NRW-Staatswalds ist mit deutlich mehr als 50 Prozent Laubwaldanteil und einem Mischwaldanteil von etwa zwei Dritteln überdurchschnittlich; etwa die Hälfte des Staatswalds sind FFH- und Naturschutzgebiete.

Aus dieser Situation ergeben sich umfassende ökologische, soziale und ökonomische Anforderungen an eine moderne, nachhaltige Bewirtschaftung des Staatswalds in NRW. Die Umsetzung einer ökonomisch, sozial und ökologisch nachhaltigen Waldbewirtschaftung im Staatswald NRW erfordert entsprechend ausgebildete Fachkräfte.

Mit rund 250.000 Beschäftigten und mehr als 30 Mrd. Euro Jahresumsatz hat die Forst- und Holzwirtschaft eine marktführende Bedeutung. Holz ist unser wichtigster umweltfreundlicher und nachwachsender Rohstoff.

Standortgerechte, naturnahe Bewirtschaftung bewahrt den Kreislauf der Natur und sichert einen lebendigen, gesunden Wald für nachhaltigen Nutzen. Mehr als 70 Prozent der Landeswaldfläche sind als Landschafts- oder Naturschutzgebiete bzw. FFH- oder Vogelschutzgebiete ausgewiesen. Die nordrhein-westfälischen Wälder bieten Tieren und Pflanzen einen vielfältigen Lebensraum.

Andere Bundesländer sind im Bereich einer Hochschule für Forstwirtschaft schon lange weiter als NRW und der Studiengang B. Sc. (Bachelor of Science), Nachhaltiges Regionalmanagement, an der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg, Landkreis Tübingen in Baden-Württemberg, (HFR) bietet zudem in sieben Hochschulsemestern die Studiengänge an:

  • B. Sc. Erneuerbare Energien
  • B. Sc. Forstwirtschaft
  • B. Sc. Holzwirtschaft
  • B. Sc. Nachhaltiges Regionalmanagement
  • B. Sc. Ressourcenmanagement Wasser
  • M. Sc. Forstwirtschaft
  • M. Sc. Ressourceneffizientes Bauen
  • M. Sc. SENCE (Nachhaltige Energiewirtschaft und -technik).

Diese Studiengänge gewährleisten eine umfassende und einzigartige berufsqualifizierende Hochschulausbildung. Der hohe Praxisanteil und der Erwerb von sowohl ökonomischem als auch naturschutzfachlichem und touristischem Wissen sowie sozialer und methodischer Kompetenz sind die Basis, um in diesem zukunftsträchtigen Bereich der nachhaltigen Raumentwicklung erfolgreich arbeiten zu können.

Vergleicht man beispielsweise die Zahl von Genderprofessuren an Universitäten und Fachhochschulen mit denen im Bereich Holz- und Forstwirtschaft, so konnte man bereits im Jahre 2017 feststellen, dass in Nordrhein-Westfalen nicht eine einzige entsprechende Professur existierte, dafür aber 63 Genderprofessuren. Offensichtlich wurden hier die Prioritäten falsch gesetzt.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie verteilen sich die für das Infrastrukturprojekt eingesetzten sechs Millionen Euro auf den dreijährigen Förderzeitraum und wie sind die Forschungsprojekte bzw. Kooperationen im Einzelnen gegliedert?
  2. Beabsichtigt die Landesregierung, das Infrastrukturprojekt „Wald und Holz 4.0“ auch nach Auslauf der Fördergelder weiterhin zu betreiben?
  3. Welche Ziele verfolgt die Landesregierung im Hinblick auf die Bildung einer Hochschule bzw. eines Lehrstuhls für Forstwirtschaft in NRW?
  4. Mit welchen Kosten wäre die Bildung einer Hochschule für Forstwissenschaften bzw. eines Lehrstuhls für Forstwirtschaft am Standort in Arnsberg verbunden?
  5. Wie bewertet die Landesregierung das Studienangebot im Bereich der Forstwissenschaften anderer Hochschulen in anderen Bundesländern?

Andreas Keith

 

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1 https://www.kwh40.de/kanadischer-botschafter-am-fbz/

2 https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Landwirtschaft-Forstwirtschaft-Fischerei/Wald-Holz/Tabellen/waldflaeche-bundeslaender.html


Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 4742 mit Schreiben vom 15. Januar 2021 namens der Landesregierung im Einver­nehmen mit der Ministerin für Kultur und Wissenschaft beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Mit der Gründung des Zentrums für Wald und Holzwirtschaft im Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen im Jahr 2020 wurden die Rahmenbedingungen für Forschung, Versuchs­wesen und Wissenstransfer seitens der Landesforstverwaltung verbessert.

  1. Wie verteilen sich die für das Infrastrukturprojekt eingesetzten sechs Millionen Euro auf den dreijährigen Förderzeitraum und wie sind die Forschungsprojekte bzw. Kooperationen im Einzelnen gegliedert?

Die durch die Bezirksregierung Arnsberg für das Projekt „Wald und Holz 4.0“ bewilligte Förde­rung verteilt sich wie folgt auf den Förderzeitraum:

2018 2019 2020 2021
ca. 1 Mio EUR ca. 2,2 Mio EUR ca. 2,2 Mio. EUR ca. 0,7 Mio. EUR

 

Das Förderprojekt ist wie folgt organisiert:

Das RIF Institut für Forschung und Transfer e.V. (RIF) koordiniert das Gesamtprojekt und nimmt zudem folgende Aufgaben wahr: Technologiebeobachtung im Bereich Wald und Holz, Entwicklung der Umsetzungsstrategie, Konzeption und Entwicklung übergreifender Netzwerke sowie Technologietransfer und Verbreitung der Vision Wald und Holz 4.0 und der bereits er­reichten Ergebnisse.

Forschungs- und Entwicklungspartner sind das Institut für Mensch-Maschine-Interaktion (MMI), das Werkzeugmaschinenlabor (WZL) sowie das Institut für Arbeitswissenschaft (IAW) der RWTH Aachen University. Der Beitrag des MMI beinhaltet hauptsächlich die Konzeption und Entwicklung der Wald und Holz 4.0-Komponenten der „Digitalen Zwillinge“, sowie die Ent­wicklung der „Smart Forest Labs“. Der Beitrag des WZL beinhaltet hauptsächlich den Transfer der Industrie 4.0-Konzepte und -Methoden auf den Cluster Wald und Holz sowie die Entwick­lung einer Kommunikationsinfrastruktur für die Anwendung im Cluster Wald und Holz. Der Bei­trag des IAW beinhaltet hauptsächlich die Analyse und ergonomische Gestaltung der Arbeit in Holz und Wald 4.0 sowie die Untersuchung und Berücksichtigung ethischer, rechtlicher und sozialer Auswirkungen.

Umsetzungspartner ist das Forstliche Bildungszentrum für Waldarbeit und Forsttechnik des Landesbetriebes Wald und Holz NRW.

Weiterführende Information inklusive der Umsetzungsstrategie Wald und Holz 4.0 finden sich auf der Internetseite des Projekts (www.kwh40.de).

  1. Beabsichtigt die Landesregierung, das Infrastrukturprojekt „Wald und Holz 4.0“ auch nach Auslauf der Fördergelder weiterhin zu betreiben?

Das Projekt „Wald und Holz 4.0“ ist keine Einrichtung der Landesverwaltung Nordrhein-West­falen. Daher entscheidet die Landesregierung nicht über dessen Fortführung.

Welche Ziele verfolgt die Landesregierung im Hinblick auf die Bildung einer Hochschule bzw. eines Lehrstuhls für Forstwirtschaft in NRW?

  1. Mit welchen Kosten wäre die Bildung einer Hochschule für Forstwissenschaften bzw. eines Lehrstuhls für Forstwirtschaft am Standort in Arnsberg verbunden?

Die Fragen 3 und 4 werden zusammen beantwortet.

Erste Überlegungen regionaler Akteure, ein zusätzliches Hochschulangebot u. a. im Bereich Wald zu etablieren, sind der Landesregierung bekannt. Die Prüfungen dazu sind noch nicht abgeschlossen.

  1. Wie bewertet die Landesregierung das Studienangebot im Bereich der Forstwis­senschaften anderer Hochschulen in anderen Bundesländern?

In Deutschland sind historisch begründet verschiedene forstliche Lehr- und Forschungsein­richtungen vorhanden. Hierzu gehören die forstwissenschaftlichen Einrichtungen an den Uni­versitäten Dresden, Göttingen, Freiburg und München sowie an den Hochschulen Eberswalde, Erfurth, Rottenburg, Weihenstephan-Triesdorf und Hildesheim/Holzminden/Göttingen.

Darüber hinausgehend obliegt es der Landesregierung nicht, das Studienangebot anderer Länder zu beurteilen.

 

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Beteiligte:
Andreas Keith