Verwendung der vom Bund bereitgestellten Regionalisierungsmittel zur Förderung des ÖPNV und SPNV

Kleine Anfrage
vom 08.02.2021

Kleine Anfrage 4960der Abgeordneten Nic Vogel und Andreas Keith vom 08.02.2021

 

Verwendung der vom Bund bereitgestellten Regionalisierungsmittel zur Förderung des ÖPNV und SPNV

Im Jahre 1993 trat das Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Nahverkehrs in Kraft und übertrug den Bundesländern zunächst die Verantwortung für den ÖPNV und ab dem Jahre 1996 auch die für den SPNV. Im Gegenzug stellt der Bund seitdem den Ländern für diese Verkehrsbereiche die sogenannten Regionalisierungsmittel bereit, um sie zur Wahrnehmung der Aufgaben in diesen Bereichen mit ausreichenden Finanzmitteln auszustatten. Diese Regionalisierungsmittel wurden zwischenzeitlich immer wieder dynamisch den jeweiligen Rahmenbedingungen angepasst.

Neben der Deckung der laufenden Ausgaben dienen diese Mittel auch zur Bildung von Rücklagen und damit zur Sicherstellung eines langfristig sicheren und kontinuierlichen ÖPNV und SPNV.

Gemäß der Antwort der Bundesregierung (Drucksache 19/21712) auf eine Anfrage im August 2020 betrugen diese Rücklagen in NRW im Jahre 2015 530,7 Mio. Euro, im Jahre 2016 waren es 684,7 Mio. € und im Jahre 2017 schließlich 851,4 Mio. €.1,2 Mittlerweile dürften auch die entsprechenden Zahlen für die Jahre 2018 und 2019 vorliegen.

Der Haushaltsplan der Landesregierung weist für jedes Jahr im Kapitel 09 110 entsprechende Einnahmen (Vereinnahmung unter 231 10) und Ausgaben (Titel 671 12, 526 10, 546 01, 546 02, 637 10, 671 12 und Titelgruppen 71/72/73/75/79/80) aus; zum Anlagevermögen gibt er allerdings keine Auskunft.3

Daher fragen wir die Landesregierung:

  1. Wie hoch waren jeweils die zum Jahresende 2018, 2019 und 2020 insgesamt verbleibenden, ungenutzten Regionalisierungsmittel für ÖPNV und SPNV (mit und ohne die bereits vorhandenen Rücklagen), die in Nordrhein-Westfalen erneut als Rücklagen angelegt werden konnten? (Bitte jeweils für jedes Jahr getrennt ausweisen)
  2. Wie hoch sind im Vergleich die Summen, die aus den Regionalisierungsmitteln des Bundes in diesen Jahren jeweils für ÖPNV- und SPNV-Projekte eingesetzt werden konnten? (Bitte jeweils für jedes Jahr getrennt ausweisen)
  3. Inwiefern fallen durch angelegte Regionalisierungsmittel für Land und Bürger Gewinne oder Verluste an?
  4. An welcher Stelle bzw. in welcher Form werden diese Gewinne bzw. Verluste gegebenenfalls von der Landesregierung gegenüber dem Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen ausgewiesen?
  5. Sofern solche Rücklagen in ihrer Höhe nicht begrenzt sind: Warum ist eine solche „Deckelung“ aus Sicht der Landesregierung nicht sinnvoll?

Nic Vogel
Andreas Keith

 

Anfrage als PDF

 

1Vgl. http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/213/1921381.pdf,abgerufen am 26.01.2021 um 11.35 Uhr.

2 Vgl. http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/033/1903395.pdf, abgerufen am 26.01.2021 um 11.38 Uhr.

3 Vgl. zum Beispiel https://www.haushalt.fm.nrw.de//daten/hh2021.ges/daten/pdf/2021/HHE-2021-Gesamtdokument.pdf, abgerufen am 26.01.2021 um 11.40 Uhr.


Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 4960 mit Schreiben vom 17. März 2021 namens der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Wie von den Fragestellern zutreffend angemerkt, dienen die dem Land zur Verfügung stehenden Regionalisierungsmittel neben der Deckung der laufenden Ausgaben und Ausgaben für bereits bewilligte, vereinbarte oder zugesagte bedeutsame Maßnahmen auch zur Sicherstellung eines langfristig sicheren und kontinuierlichen Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und Schienenpersonennahverkehrs (SPNV). Hier sei insbesondere auf die breit angelegte ÖPNV-Offensive in Nordrhein-Westfalen hingewiesen, die verschiedene Maßnahmen bündelt, die den ÖPNV einfacher, zugänglicher, leistungsstärker, verlässlicher, flexibler, innovativer sowie klima- und umweltfreundlicher machen. Hierzu investiert das Land Nordrhein-Westfalen in das Angebot von Bussen, Bahnen und innovativen Mobilitätsangeboten. So werden beispielsweise bis 2031 zusätzlich 1 Mrd. Euro in die Sanierung der Stadt- und Straßenbahnsysteme investiert, 280 Mio. Euro in die Qualität der SPNV-Netze durch die Pakete robustes Netz I und II, 100 Mio. Euro in weitere Schnellbuslinien sowie 120 Mio. Euro in On-Demand-Verkehre auf der sogenannten letzten Meile. Dies führt dazu, dass die bereitgestellten Regionalisierungsmittel perspektivisch sogar eher zu gering bemessen sind und durch den Bund aufgestockt werden müssen.

  1. Wie hoch waren jeweils die zum Jahresende 2018, 2019 und 2020 insgesamt verbleibenden, ungenutzten Regionalisierungsmittel für ÖPNV und SPNV (mit und ohne die bereits vorhandenen Rücklagen), die in Nordrhein-Westfalen erneut als Rücklagen angelegt werden konnten? (Bitte jeweils für jedes Jahr getrennt ausweisen)
  2. Wie hoch sind im Vergleich die Summen, die aus den Regionalisierungsmitteln des Bundes in diesen Jahren jeweils für ÖPNV- und SPNV-Projekte eingesetzt werden konnten? (Bitte jeweils für jedes Jahr getrennt ausweisen)

Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Die von der Bundesregierung dargestellten Zahlen basieren auf insgesamt in Nordrhein-Westfalen nicht verausgabten Resten. Insbesondere sind hier auch Reste erfasst, die von den Aufgabenträgern des ÖPNV und SPNV auch nach Ende des Haushaltsjahres noch verwendet werden können (§§ 11 Absatz 4 und 12 Absatz 6 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Nordrhein-Westfalen – ÖPNVG NRW). Diese Mittel stehen dem Land nicht mehr zur Bewirtschaftung zur Verfügung. Daher beziehen sich die nachfolgenden Antworten auch nur auf die Ausgabereste des Landes.

Der nachfolgenden Tabelle sind unter a) die Zuweisungen des Bundes nach § 5 des Gesetzes zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs (RegG) in den betroffenen Jahren zu entnehmen. Zeile b) enthält die für Zwecke des ÖPNV und SPNV eingesetzten Mittel. In Zeile c) sind die sich daraus ergebenden neuen Reste des jeweiligen Haushaltsjahres abgebildet. In Zeile d) ist der durch Hinzurechnung von Zeile c) zum jeweiligen Gesamtrest des Vorjahres errechnete neue Gesamtausgabenrest zum Ende des jeweiligen Haushaltsjahres aufgeführt. Zeile e) enthält die bereits geplante Verwendung der Regionalisierunsgmittel aus der ÖPNV-Offensive.

 

 

____2018____

____2019____

____2020____

a) Zuweisung des Bundes 1.386.933.135,68 € 1.439.158.559,28 € 1.518.241.561,08 €
       
b) davon für ÖPNV/SPNV verausgabt 1.355.553.611,14 € 1.344.597.143,84 € 1.433.272.727,26 €
       
c) demnach neue Ausgabereste 31.379.524,54 € 94.561.415,44 € 84.968.833,82 €
       
d) Gesamtausgaberest 699.989.341,27 € 794.550.756,71 € 879.519.590,53 €
   
e) getroffene Dispositionen · 1 Milliarde Euro Erneuerung der Stadt- und Straßenbahnen
  · 280 Millionen Euro „Robustes Netz I und II“
  · 140 Millionen Euro Reaktivierung und Betrieb der WLE sowie der TWE
  · Rund 100 Millionen Euro Schnellbus-Linien
  · 120 Millionen Euro für Modellprojekte zur vernetzten Mobilität
  · 100 Millionen Euro landesweiter E-Tarif
  · 600 Millionen Euro für die Ko-Finanzierung des GVFG-Bundesprogramms

 

  1. Inwiefern fallen durch angelegte Regionalisierungsmittel für Land und Bürger Gewinne oder Verluste an?
  2. An welcher Stelle bzw. in welcher Form werden diese Gewinne bzw. Verluste gegebenenfalls von der Landesregierung gegenüber dem Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen ausgewiesen?
  3. Sofern solche Rücklagen in ihrer Höhe nicht begrenzt sind: Warum ist eine solche „Deckelung“ aus Sicht der Landesregierung nicht sinnvoll?

Die Fragen 3, 4 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Die eingehenden Regionalisierungsmittel erhöhen den Kassenbestand des Landes. Eine gesonderte Buchung auf besondere Rücklagen erfolgt nicht. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen ermittelt das Jahresergebnis nach dem Ist-Abschluss. Zum Jahresende nicht verausgabte Mittel verbessern deshalb das Jahresergebnis des abgelaufenen Haushaltsjahres. Um eine zweckgebundene Verausgabung dieser Mittel im Folgejahr zu ermöglichen, werden Ausgabeermächtigungen in Form von Ausgaberesten in das Folgejahr übertragen. Die Ausgabereste sind dabei nicht mit liquiden Mitteln unterlegt und müssen deshalb bei Ihrer Inanspruchnahme im jeweiligen Gesamthaushalt kassenmäßig gedeckt werden. Die Ausgabereste bleiben bis zu einer zweckentsprechenden Verwendung oder Rückzahlung der Mittel verfügbar.

 

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