Kleine Anfrage 58
der Abgeordneten Andreas Keith und Zacharias Schalley vom 30.06.2022
Streuobstwiesen – Wie ist der aktuelle Sachstand? Was hat die landesweite Streuobstwiesenerfassung gebracht?
Unsere Streuobstwiesen und -weiden bieten vielen wild lebenden Tier- und Pflanzenarten in unserem Land eine einzigartige Heimat. Sie sind ein wertvoller Hort für die biologische Vielfalt in unserem Land und bewahren viele Obstsorten vor dem völligen Verschwinden. Streuobstwiesen gehören zu den Landesflächen mit einem besonders hohen Naturwert.
Alte Obstsorten sind das Ergebnis eines langen Entwicklungsprozesses, über Generationen und Jahrhunderte gezüchtet, an ihre Herkunftsregion angepasst und prägend für ihr Verbreitungsgebiet. Sie sind damit ein schützenswertes und identitätsstiftendes Kulturgut, ähnlich wie Baudenkmäler und Kunstwerke.
Die Streuobstbestände sind nach § 30 des BNatSchG sowie nach § 42 LNatSchG gesetzlich geschützt. Über den Stand der Streuobstwiesen wurde der Landtag zuletzt am 2. März 2018 mit einem Sachstandsbericht (Vorlage 17/594) unterrichtet. So habe das Land im Rahmen einer dreijährigen Projektförderung das „Netzwerk Streuobstwiesen.NRW“ bis 2020 gefördert. Eine landesweite Streuobstwiesenerfassung sollte laut dieser Vorlage bis Ende 2018 abgeschlossen werden.
Laut der Antwort auf die Kleine Anfrage am 12. Juli 2019 (Drucksache 17/7057) wurde mitgeteilt, dass eine Kartierung auch nicht mehr im Jahr 2019 abgeschlossen werden könnte. Die vollständige Kartierung ist jedoch wichtig, denn mit ihr soll ein Schwellenwert definiert werden, danach eine konkretisierende Rechtsverordnung in Kraft treten, sollte ein landesweiter Rückgang der Streuobstwiesen von mehr als 5 Prozent verzeichnet werden.
Vor diesem Hintergrund fragen wir:
- Was ist das bisherige Ergebnis der Projektförderung „Netzwerk Streuobstwiesen.NRW“?
- Was ist das bisherige Ergebnis der landesweiten Streuobstwiesenkartierung?
- Welchen prozentualen Anteil an den Streuobstwiesen haben die Biologischen Stationen?
- Welche Landesprogramme mit finanzieller Beteiligung des Landes laufen aktuell für den Schutz der Streuobstwiesen? (bitte Haushaltsposten mitangeben)
- Wie hoch ist die projektbezogene Förderung der Biologischen Stationen?
Andreas Keith
Zacharias Schalley
Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 58 mit Schreiben vom 26. Juli 2022 namens der Landesregierung beantwortet.
- Was ist das bisherige Ergebnis der Projektförderung „Netzwerk Streuobstwiesen.NRW“?
Im Netzwerk Streuobstwiesenschutz.NRW haben sich der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV), der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV), die Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt NRW (LNU), die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald NRW (SDW) und der Naturschutzbund NRW (NABU) zusammengeschlossen, um den Erhalt, die Pflege und die Neuanlage von Streuobstwiesen voranzubringen.
Das bisherige Ergebnis der Projektförderung ist sehr zufriedenstellend. Dabei ist vor allem der Aufbau des Netzwerks von großer Bedeutung. Das Netzwerk bringt Fachkundige und interessierte Laien rund um das Thema Streuobst zusammen. Neben der Öffentlichkeitsarbeit unterstützt das Netzwerk Aktivitäten und Veranstaltungen zum Streuobstwiesenschutz vor Ort und organisiert Fachtagungen sowie Austauschtreffen. Das Netzwerk steht bei Fragen rund um das Thema Streuobst zur Verfügung und vermittelt bei Bedarf den Kontakt zu Streuobst-Initiativen oder fachkundigen Ansprechpersonen in der Region. Die Auszeichnung von vorbildlichen Streuobstbeständen ist ein weiterer wichtiger Baustein dieses Projekts. Des Weiteren wird eine fachlich qualifizierte Obstbaumwartausbildung konzipiert und umgesetzt. Die staatlich anerkannte Obstbaumwartausbildung wird in Kooperation mit der Natur- und Umweltschutz-Akademie Nordrhein-Westfalen (NUA) und der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen (LWK) durchgeführt. Ein Pilotlehrgang startet im Herbst 2022. Zu den Schulungsinhalten gehören unter anderem der fachgerechte Obstbaumschnitt, die Streuobstwiesenpflege und -anlage, Veredelung, betriebswirtschaftliche Aspekte des Streuobstbaus sowie Ökologie und Naturschutz.
- Was ist das bisherige Ergebnis der landesweiten Streuobstwiesenkartierung?
Seit 2017 erfassen die Biologischen Stationen, der ehrenamtliche Naturschutz und die unteren Naturschutzbehörden landesweit die Streuobstwiesen. Fachlich unterstützt durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalten (LANUV) werden Bestände ab 1.500 m2 Fläche und ab mindestens neun Hochstamm-Obstbäumen dokumentiert. Im Jahr 2023 sollen die entsprechenden Daten für alle Kreise und kreisfreien Städte vorliegen. Erst danach ist ein aktueller Überblick über die Situation der Streuobstwiesen in Nordrhein-Westfalen möglich.
- Welchen prozentualen Anteil an den Streuobstwiesen haben die Biologischen Stationen?
Der Landesregierung liegen keine Informationen über die Besitzverhältnisse der Streuobstwiesen bei den Biologischen Stationen vor.
- Welche Landesprogramme mit finanzieller Beteiligung des Landes laufen aktuell für den Schutz der Streuobstwiesen? (bitte Haushaltsposten mitangeben)
In Nordrhein-Westfalen stehen sowohl für die regelmäßige Pflege von Obstbaumbeständen als auch für Neuanpflanzungen Fördermittel zur Verfügung. In Kreisen und kreisfreien Städten mit Kulturlandschaftsprogramm kann jeder Landbewirtschaftende im Rahmen des Vertragsnaturschutzes eine fünfjährige Förderung für die regelmäßige Pflege bestehender hochstämmiger Obstbaumbestände beantragen. Dazu zählen auch kleinere Nachpflanzungen.
Die Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes werden aus Kapitel 10 090, Titelgruppen 60 und 61, finanziert.
Die Neuanpflanzung von Obstbäumen wie auch die Instandsetzung alter Streuobstbestände sind als einmalige investive Maßnahme über die Förderrichtlinien Naturschutz (FöNa) förderfähig. Bei einer Neuanpflanzung wird gleichzeitig für die Folgejahre eine Pflege der Jungbäume verpflichtend vorgegeben.
Die Naturschutzförderung erfolgt aus Kapitel 10 030, Titelgruppe 82 (Titel 633 82, 686 82).
- Wie hoch ist die projektbezogene Förderung der Biologischen Stationen?
Die Trägervereine der Biologischen Stationen werden auf der Basis eines von den Biologischen Stationen zu erstellenden und zwischen den Fördermittelgebern jährlich abzustimmenden Arbeits- und Maßnahmenplans (AMP) zu 80 % gefördert.
Der projektbezogene Landesanteil im Haushaltsjahr 2022 beläuft sich insgesamt auf 12,2 Mio. EUR.