Kleine Anfrage 1496
der Abgeordneten Klaus Esser und Sven W. Tritschler vom 09.03.2023
Kommen Zugreisende nicht in den Genuss von 5G? Zum Stand der Internetabdeckung und des Mobilfunkstandards in Bahnen in NRW
Hohe Fahrtgeschwindigkeiten erfordern technologische Spitzenleistungen, um die ständige Übergabe zwischen Mobilfunkzellen zu gewährleisten und so Zugreisenden im ICE Fernverkehr den Genuss von 5G Internet zu bescheren. Die Probleme in Deutschland sind aber offenbar viel elementarer Natur, wenn bspw. in den Waggons der Bahn das verfügbare LTE-Funksignal im Zug auf nur etwa 10 Prozent der eigentlichen Leistung heruntergedimmt wird. Laut Medienberichten wird 5G auf absehbare Zeit nicht im ICE Fernverkehr verfügbar sein.1 Eine Ertüchtigung von dafür notwenigen Repeatern findet nicht statt, obwohl dies technisch möglich sein dürfte und in anderen Ländern 5G damit auch schon lange Realität ist.2
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Welche Mobilfunkstandards bzw. minimale Internetabdeckung wird Reisenden in NRW Zügen flächendeckend angeboten? (Bitte aufschlüsseln nach Zugart, Ort und jeweiligen Mobilfunkstandard)
- Welche Repeater sind bei NRW Regionalbahnen sowie anderen Zügen des Nahverkehrs im Einsatz?
- Welche technischen Umbauten erfolgten bei den in NRW im Einsatz befindlichen Zügen in den letzten 10 Jahren?
- Sind die Repeater in den Zügen der Deutschen Bahn tatsächlich nur in der Lage LTE wiederzugeben?
- Findet ein Austausch zu zeitgemäßen Lösungen rund um Internetanbindungen in Schnellzügen mit anderen Industrieländern, wie z.B. Japan, statt, die nicht unter derartigen Schwierigkeiten in Schnellzügen zu leiden haben?
Klaus Esser
Sven W. Tritschler
2 https:// www .telecomtv.com/content/5g/5g-in-japan-as-fast-as-a-speeding-bullet-train-36478/
Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 1496 mit Schreiben vom 13. April 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Wirtschaft, Innovation, Klimaschutz und Energie beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Für den Mobilfunkempfang entlang des Schienennetzes in Deutschland gilt im Wesentlichen Dasselbe wie für das gesamte Bundesgebiet – Mobilfunkempfang und –Geschwindigkeit werden durch die vor Ort jeweils vorhandene Mobilfunkausleuchtung und den empfangbaren Mo-bilfunkstandard der verschiedenen Funknetzbetreiber bestimmt.
Der Landesregierung obliegt bei Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Mobilfunkver-sorgung entlang von Schienenwegen durch die Netzbetreiber keine originäre Zuständigkeit.
Vielmehr liegt diese hinsichtlich der vorhandenen Mobilfunkstandards, des Breitbandausbaus, der Frequenzzuteilung und der Versorgungsauflagen kraft Gesetzes bei dem Bund.
Die Versorgungsauflagen der Bundesnetzagentur aus der Frequenzauktion 2019 sehen zunächst eine Versorgung entlang der fahrgaststarken Strecken bis Ende 2022 vor. Die Schienenwege mit mehr als 2.000 Fahrgästen pro Tag sind mit mindestens 100 Mbit/s und bis Ende 2024 sind alle übrigen Schienenwege mit mindestens 50 Mbit/s zu versorgen. Diese Auflagen beziehen sich auf die Mobilfunkversorgung an den Strecken, und nicht innerhalb von Zügen. Die bis Ende 2022 zu erfüllende Versorgung der vorgegebenen wichtigsten Schienenwege wurde laut ersten Auswertungen der Bundesnetzagentur erreicht: Dort erreichen die Mobil-funknetzbetreiber im Freifeld eine nahezu vollständige Abdeckung mit einer Datenrate von mindestens 100 Megabit pro Sekunde. Eine Herausforderung bleibt laut Bundesnetzagentur die Versorgung in Tunneln.
Der Landesregierung ist ein unmittelbarer Einfluss auf die Verfügbarkeit, Netzabdeckung, Übertragungsgeschwindigkeit und Übertragungsqualität entlang der Schienenwege verwehrt.
Diesbezüglich ist auf den Abschnitt 4 III. 4. „Bessere Mobilfunkversorgung an Bahnstrecken und in Zügen sicherstellen“ der Gigabitstrategie der Bundesregierung (Bundestags-Drucksache 20/2775) hinzuweisen, der den Maßnahmen-Rahmen absteckt. Aus den dort getroffenen Ausführungen zum GSM-R-Förderprogramm, zum Masterplan Konnektivität Schiene, zur Beschleunigung des Infrastrukturausbaus sowie zur Fahrzeugausstattung sind die von der Bundesregierung angedachten Handlungspfade ersichtlich:
Störfeste GSM-R-Endgeräte an den Bahnstrecken in Deutschland sollen hierbei den Ausgangspunkt für die weitere Verbesserung der Mobilfunkversorgung an der Schiene durch die Betreiber der Mobilfunknetze bilden.
Es ist aus Sicht der Landesregierung bedauerlich, dass der noch nicht störfeste Bahnfunk keine Nutzung der 900MHz Frequenzen zur besseren Mobilfunkversorgung an den Schienenwegen ermöglicht. Nach Angaben der Mobilfunknetzbetreiber würde dieses aufgrund der guten Ausbreitungseigenschaften des Frequenzbandes zu einer erheblichen Verbesserung der Versorgung führen. Hier ist das verantwortliche Digital- und Verkehrsministerium des Bundes gefordert, eine schnellstmögliche, verbindliche Umstellung des Bahnfunks zu gewährleisten. Vor dem Hintergrund, dass die Mobilfunknetzbetreiber den 5G-Ausbau in der Fläche sehr dynamisch vorantreiben und bereits eine teilweise signifikante Abdeckung erzielen, gilt es, die Voraussetzungen zu schaffen, dass die 5G-Versorgung an den Schienenwegen auch innerhalb der Fahrzeuge verlässlich nutzbar ist.
Erst zu einem späteren Zeitpunkt soll eine gezielt auf die Bahnstrecken zugeschnittene Mastinfrastruktur für Frequenzen im Gigabit-Bereich mit wesentlich mehr Standorten verwirklicht werden, wenn GSM-R im Bereich der Deutsche Bahn AG bis 2035 durch das neue 5G-basierte europäische Mobilfunksystem der Eisenbahnen (FRMCS) abgelöst wird.
Dazu hat das BMDV die industrieübergreifende Initiative „5G am Gleis“ eingerichtet, um die Finanzierungs-, Technologie- und Rechtsfragen eines 5G-/FRMCS-Ausbaus staatlich zu koordinieren und zu fördern.
- Welche Mobilfunkstandards bzw. minimale Internetabdeckung wird Reisenden in NRW Zügen flächendeckend angeboten? (Bitte aufschlüsseln nach Zugart, Ort und jeweiligen Mobilfunkstandard)
Diese Frage kann in der Pauschalität ihrer Fragestellung nicht beantwortet werden. Für die Mobilfunkausleuchtung entlang der Strecken durch die verschiedenen Netzbetreiber gilt im Wesentlichen Dasselbe wie für die Mobilfunkversorgung der gesamten Fläche.
Zu dem von der Bundesregierung geplanten Aufbau einer gesonderten Mastinfrastruktur in Gleisnähe und die diesbezüglich weitere Klärung technischer und rechtlicher Fragen als Voraussetzung zur generellen Verbesserung der Mobilfunkversorgung entlang der Schiene wird auf die Ausführungen in der Vorbemerkung verwiesen.
- Welche Repeater sind bei NRW Regionalbahnen sowie anderen Zügen des Nahverkehrs im Einsatz?
- Welche technischen Umbauten erfolgten bei den in NRW im Einsatz befindlichen Zügen in den letzten 10 Jahren?
Die Fragen 2. und 3. werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet:
Nach dem Gesetz über den Öffentlichen Personennahverkehr in Nordrhein-Westfalen liegen die Planung, Organisation und Ausgestaltung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) bei den kommunalen SPNV-Aufgabenträgern, d. h. dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr AöR (VRR), dem Zweckverband go.Rheinland sowie dem Zweckverband Westfalen-Lippe (NWL). Dazu schließen die Aufgabenträger mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) Verkehrsverträge ab.
In diesen Verkehrsverträgen sind dabei unter anderem Regelungen zu Ausfällen und Verspätungen, eingesetzten Fahrzeugen, Zugbildungen sowie zu erbringenden Leistungen festgelegt.
In den neuen langfristigen Verkehrsverträgen werden zukünftig auch Angebote im Bereich WLAN in den Fahrzeugen einen Mindeststandard darstellen.
Die drei Aufgabenträger haben in den letzten Jahren auf einer Vielzahl von Linien ein Angebot im Bereich WLAN, Mobilfunk-Repeatern oder funkdurchlässigen Scheiben geschaffen.
Funkdurchlässige Scheiben wurden erstmals bei den Fahrzeugen des RRX umgesetzt und stellen damit auf den wichtigen Linien einen neuen Standard im SPNV dar, um eine Mobilfunk-nutzung durch die Fahrgäste zu ermöglichen.
Weitergehende Anforderungen zu Mobilfunk-Repeatern oder funkdurchlässigen Scheiben müssen bezogen auf die jeweiligen Linien und Netzen individuell bewertet und festgelegt werden.
Die Nachrüstung von Hardware für zum Beispiel WLAN wurde in einigen Fahrzeugflotten erfolgreich umgesetzt.
Anhand einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung muss allerdings die Investition bei der Nachrüstung mit den Restlaufzeiten der jeweiligen Verkehrsverträge berücksichtigt werden. Nur bei einer ausreichenden Amortisation der Investitionen können neue Angebote und Nachrüstungen erfolgen. Temporäre Nachrüstungen der heutigen Bestandsflotten auf den Linien nur für einen kurzen Zeitraum sind wirtschaftlich nicht darstellbar.
Speziell zu den Ausführungen der im Einsatz befindlichen Repeatern und den technischen Umbauten liegen der Landesregierung keine gesonderten Daten vor.
- Sind die Repeater in den Zügen der Deutschen Bahn tatsächlich nur in der Lage LTE wiederzugeben?
Die Deutsche Bahn AG als bundeseigenes Unternehmen liegt in der Aufsichts- und Genehmigungszuständigkeit des Bundes. Zu den in Zügen der Deutschen Bahn verwendeten Repea-tern liegen der Landesregierung keine Angaben vor.
- Findet ein Austausch zu zeitgemäßen Lösungen rund um Internetanbindungen in Schnellzügen mit anderen Industrieländern, wie z.B. Japan, statt, die nicht unter derartigen Schwierigkeiten in Schnellzügen zu leiden haben?
Die auf dem Netz der Deutsche Bahn AG verkehrenden Schnellzüge des Fernverkehrs unterliegen der Aufsichts- und Genehmigungszuständigkeit des Bundes. Über die diesbezüglich speziell im Zuge der Gigabitstrategie der Bundesregierung beabsichtigten Maßnahmen hinaus liegen der Landesregierung keine weiteren Informationen vor.