Antrag vom 30.08.2017
der Fraktion der AfD
I. Ausgangslage
Die Wahlkämpfe der jüngsten Vergangenheit wurden auch in Nordrhein-Westfalen immer wieder von politisch motivierter Gewalt überschattet. So kam es im Wahlkampf zur NRW-Landtagswahl 2017 zu gewalttätigen Übergriffen auf Wahlkämpfer und Veranstaltungslokale, Störungen von Wahlkampf- und Informationsveranstaltungen sowie zu flächendeckenden Zerstörungen von Wahlplakaten. Am Bochumer Hauptbahnhof wurde Anfang August ein 24-jähriges Mitglied der AfD von zwei Linksextremisten brutal niedergeschlagen. Der junge Student erlitt dabei Brüche an Kiefer und Jochbein sowie Hirnblutungen. Es sind durch einen Knochensplitter auf einem Auge dauerhafte Schäden zu befürchten. Des Weiteren haben Unbekannte am Wohnhaus der Bundestagsabgeordneten Michelle Müntefering (SPD) in Herne Brandanschläge auf zwei Autos der Politikerin verübt. Der Staatsschutz ermittelt in beiden Fällen. Dies sind nur zwei Beispiele von vielen Fällen in letzter Zeit. Die Entwicklung nicht nur in NRW zeigt die Fortsetzung solcher demokratiefeindlichen Vorfälle im Wahlkampf zur Bundestagswahl am 24. September 2017.
Die politische Gewalt in Deutschland hat mittlerweile ein Ausmaß angenommen, das die grundgesetzlich garantierte Meinungs- und Versammlungsfreiheit ernsthaft gefährdet. Immer wieder können Parteien die vom Verfassungsgeber in Art. 21 Abs. 1 GG übertragene Aufgabe, an der politischen Willens- und Meinungsbildung mitzuwirken und mit den Wählern in einen inhaltlichen und programmatischen Diskurs zu treten, nicht mehr in dem Umfang wahrnehmen, auf den Bürger in einer Demokratie ein Recht haben.
Insbesondere im Vorfeld von Wahlen müssen die Parteien ohne Störungen Veranstaltungen abhalten und ihre politischen Botschaften durch Wahlwerbung öffentlich machen können. Nur so ist eine Demokratie lebendig. Um die Zivilgesellschaft in NRW für die Problematik zu sensibilisieren und ein umfassendes Lagebild, insbesondere auch über die juristische Aufarbeitung, und für geeignete Maßnahmen zur künftigen Prävention solcher Vorfälle zu erhalten, ist eine zentrale Erfassungsstelle erforderlich, die ihre Informationen auch aus der Bevölkerung erhält.
II. Der Landtag stellt fest,
dass der polizeiliche Staatsschutz, der mit der Bekämpfung der rechts- und linksextremistischen sowie islamistischen Gewalt im Bundesland derzeit voll ausgelastet ist, diese zusätzlichen Dokumentations- und Analyseaufgaben nicht übernehmen kann. Aus diesem Grund soll die Erfassungsstelle dem Landeswahlleiter unterstellt werden, der für eine ordnungsgemäße Durchführung von Wahlen in NRW verantwortlich ist. Zur ordnungsgemäßen Durchführung von Wahlen gehört zwingend auch ein fairer und freier Wahlkampf ohne Behinderungen und ohne gewalttätige Attacken.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
eine Erfassungsstelle für Angriffe auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in NRW (EAMV) zur Beobachtung von Wahlen, Volksentscheiden und -begehren einzurichten. Diese Erfassungsstelle ist beim Landeswahlleiter anzusiedeln.
Aufgabe der Erfassungsstelle ist die Dokumentation von Handlungen, Angriffen und Übergriffen jeglicher Art, die darauf abzielen, die durch Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 8 GG garantierte Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie die Mitwirkung politischer Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes gemäß Art. 21 GG i.V.m § 1 PartG jenseits des selbstverständlichen Rechts jedes Bürgers auf friedliche Meinungsäußerung zu beeinträchtigen, zu behindern oder gar zu verunmöglichen. Hierzu zählen Angriffe auf und Blockaden von Wahlkampfveranstaltungen, Informationsständen und öffentlichen Veranstaltungen politischer Parteien, die Entwendung, Zerstörung und Beschädigung von Wahlplakaten, Wahlkampfständen und Wahlkampffahrzeugen, Attacken auf Wahlkämpfer sowie die Bedrohung und Einschüchterung von Vermietern, die Räumlichkeiten für die Durchführung von Wahlkampfveranstaltungen zur Verfügung stellen.
Allen Bürgern soll es ermöglicht werden, entsprechende Verstöße zu melden. In Ergänzung zu der Erfassung der Straftaten soll die Erfassungsstelle auch die juristische Verfolgung dieser Vorfälle dokumentieren, Vorschläge zur Verbesserung der Situation erarbeiten und nach Ende des Wahlkampfes einen Bericht veröffentlichen.
MdL
Marcus Pretzell (Fraktionsvorsitzender)
Andreas Keith
und Fraktion