Sind Folienlager der Heilsbringer im Kampf gegen Borkenkäferschäden oder nur eine Umweltsünde?

Kleine Anfrage
vom 30.03.2021

Kleine Anfrage 5245des Abgeordneten Andreas Keith vom 30.03.2021

 

Sind Folienlager der Heilsbringer im Kampf gegen Borkenkäferschäden oder nur eine Umweltsünde?

Wald und Holz NRW testet in einem Forschungsprojekt Methoden zur Verhinderung von Borkenkäferschäden.

Nach ersten Ergebnissen hält Folie das Holz länger frisch. Da große Mengen von Schadholz oft nur schleppend einen Abnehmer finden, sind längere Lagerungen notwendig. An Stelle der typischen traditionellen Nasslager testet Wald und Holz NRW nunmehr auch sogenannte „Folienlager“.1

Hierzu wurden im Arnsberger Wald zehn „Folien-Testlager“ mit jeweils rund 300 Kubikmetern Fichtenholz angelegt.2 Frisches Fichtenholz lässt sich nur eine gewisse Zeit wertverlustfrei lagern, bevor Pilze oder andere Organismen es befallen und zersetzen. Wegen der riesigen Holzmengen, die seit gut zwei Jahren den Markt überschwemmen, sind längere Lagerdauern erforderlich.

Hierzu wird das frische Holz konserviert – typischerweise in Nasslagern. Ob auch sogenannte „Folienlager“ längere Zeit den Wert des Holzes erhalten können, testet Wald und Holz NRW bereits in einem Forschungsprojekt seit Anfang des Jahres 2019. Im Mai 2020 wurden dann erste „Folienlager“ geöffnet und einzelne Stämme aufgeschnitten.

Das Ergebnis: Das Holz habe seine gute Qualität behalten. Für Waldbesitzer gäbe es jetzt Hoffnung, ihr Borkenkäfer-Holz langfristig lagern zu können und zwar luftdicht in Folie eingepackt. Das sei das erste Ergebnis eines Versuchs, den das Zentrum für Wald und Holzwirtschaft in Arnsberg vor einem Jahr gestartet habe, wie der WDR bereits in einem Beitrag vom 19. Februar 2020 berichtete.3

Das Ziel sei, die Stämme so lange in der Folie zu lagern, bis die Waldbesitzer wieder mehr Geld für ihr Holz bekämen. Dieses Holz wird dann später als Bauholz verwendet werden können. Aktuell hat der Holzpreis wegen des Überangebots einen Tiefpunkt erreicht. Gleichzeitig sind Waldbauern gezwungen, für jede Summe zu verkaufen, da es bislang keine Möglichkeit einer längerfristigen Lagerung gab.

Die neue Technik bietet aber nicht nur Vorteile: Es fallen große Mengen Kunststofffolie an. Insgesamt haben die Wissenschaftler von Wald und Holz NRW zehn Riesenstapel in Folie eingepackt. Bis 2025 sollen alle sechs Monate Polter geöffnet werden, um dann eine echte Versuchsreihe zu haben.

Schon jetzt verbleiben die im Arnsberger Wald geöffneten Folien vor Ort4, werden keiner ordnungsgemäßen Entsorgung zugeführt, sondern verrotten im Wald. Folienstücke4 wehen durch den Arnsberger Forst (Geodaten: 51°26’21.9″N 8°04’37.1″E) und gelangen somit ebenso in den nahegelegenen Wannebach und darüber weiter in die Ruhr.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Welche Kosten entstehen für ein sog. „Folienlager“, inkl. Anlegung, Personalkosten und Entsorgung der Folien, umgerechnet auf den Festmeter (fm), im Vergleich zum aktuellen Holzverkaufspreis?
  2. Stehen hierbei Kosten-/Nutzenrechnungen noch im Einklang mit einer für private Waldbauern rentablen Holzbewirtschaftung?
  3. Warum wurden die Plastikfolien der bislang abgeräumten „Folienlager“ (siehe Geodaten) durch Wald und Holz NRW noch nicht ordnungsgemäß entsorgt?
  4. Gibt es neben dem „Forschungsprojekt Borkenkäferschäden“ im Bereich des Regionalforstamts Arnsberger Wald weitere Folien-Testlager oder Folienlager in den 14 Regionalforstämtern in NRW oder dem Nationalparkforstamt Eifel?
  5. Wie bewertet die Landesregierung den nachlässigen Umgang mit Holzlager-Plastikfolien-Rückständen seitens des Landesbetriebs Wald und Holz NRW, da entsprechend § 10 Abs. 3 Landesforstgesetz die Forstwirtschaft die Bedeutung des Waldes im Blick behalten muss?

Andreas Keith

 

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1 https://www.waldwissen.net/de/waldwirtschaft/waldbau/praxisleitfaden-holzkonservierung-im-folienlager

2 https://www.topagrar.com/jagd-und-wald/news/borkenkaeferholz-unter-folien-konservieren-12081589.html

3 https://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/borkenkaefer-holz-lagerung-arnsberg-100.html

4 https://maps.app.goo.gl/FoeTpkRwzLJLHFYM7


Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 5245 mit Schreiben vom 21. April 2021 namens der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Um die Holzqualität von frischem, forstschutzrelevantem Fichten-Rundholz (wertvollere Sortimente) nach Kalamitäten ausreichend lange zu erhalten, bietet die Holzkonservierung in Folie unter Sauerstoffentzug eine möglicherweise zusätzliche Lösungsoption in Ergänzung zu Nass- und Trockenlagern, sowie zur Bekämpfung der Borkenkäfer im Rahmen des integrierten Pflanzenschutzes.

Der Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen / Zentrum für Wald und Holzwirtschaft arbeitet testweise mit einem modifizierten Verfahren der Freiburger Firma Wood-Packer zur Holzkonservierung in Folienlagern. Untersucht wird das Verfahren vor allem hinsichtlich der Wirkung auf die Vitalität von Borkenkäfern und der Qualitäts-Entwicklung des Fi-Rundholzes.

Die Versuchsreihe besteht aus 10 Folienlagern zu je ca. 300 fm im Arnsberger Wald auf unterschiedlichen Standorten (im Wald/ am Waldrand/ Sonnen- Schattenhang). Der Zustand der Folienlager (Beschädigungen; O2 und CO2-Gehalt) wird regelmäßig dokumentiert.

  1. Welche Kosten entstehen für ein sog. „Folienlager“, inkl. Anlegung, Personalkosten und Entsorgung der Folien, umgerechnet auf den Festmeter (fm), im Vergleich zum aktuellen Holzverkaufspreis?

Die Kosten pro Festmeter liegen zwischen 11,-€ (ohne Zwischentransport) und 18,-€. Da es sich bei der Anlage der Folienlager um einmalige Investitionen handelt, können die Kosten theoretisch über die vorgesehene Lagerungsdauer (wahrscheinlich 4-5 Jahre) verteilt werden. Laufende Kosten beschränken sich auf die Kontrolle und evtl. Beseitigung von Schäden.

Ein Berechnungsbeispiel für ein übliches Folienlager mit 300 m3 Inhalt [Lieferlänge = Bestelllänge (5,00 m) + Übermaß (10 cm)] gibt folgende Tabelle wieder (vgl. Praxisleitfaden „Holzkonservierung im Folienlager“):

Material / Aufwendungen                   Kosten/300 fm-Polter
Vorbereitung Lagerplatz

270,- €

Materialkosten

1.950,-€

Holz-Transport* 7,- € / fm =              2.100,-€
Arbeitszeit, Lohnkosten 16 Std.x 42,- € =         672,-€
4-wöchige Kontrolle / Jahr 12 x 1h =                      500,-€
Gesamt 5.492,- € / Polter**
  ca. 11 – 18,-€ / fm

 

*Zwischentransport entfällt, wenn am Einschlagsort das Folienlager errichtet werden kann **Nicht berücksichtigt sind die Kosten für:

  • Miete für ein Schweißgerät (2.000,-€ / 6 Monate) sowie für ein Gasanalysegerät (1.000,-€ / Jahr)
  • Einsammeln und Lagern der Folie (2 Std x 42,-€)
  • Schulung von 4 Personen (5 Tage): 3.600,-€ (Angebot Wood Packer)
  1. Stehen hierbei Kosten-/Nutzenrechnungen noch im Einklang mit einer für private Waldbauern rentablen Holzbewirtschaftung?

Eine „rentable Holzbewirtschaftung“ in Zeiten, in denen durch Sturm, Dürre und Borkenkäferkalamitäten große Schadholzmengen in NRW angefallen sind, bedarf einer besonderen Definition. Die Forst- und Holzbranche sind mit mehreren Millionen Festmetern Schadholz schwer getroffen. Waldbesitzer müssen große Mengen Holz verkaufen oder lagern. Ungenügende Holzabfuhr und volle Lager bei den holzverarbeitenden Betrieben führen jedoch dazu, dass große Holzmengen zwischengelagert werden müssen. Ziel des Forschungsprojektes ist es daher, dass mit relativ einfachen Mitteln die Holzqualität wertvollerer Fichten-Sortimente möglichst lang erhalten bleibt.

Der dadurch ermöglichte Zeitverzug entlastet den Holzmarkt; wie die Gegenwart zeigt, steigt der Rohholzpreis z.Z.; Fichten Rundholz kann zu höheren Preisen verkauft werden, als dies noch vor 1-2 Jahren der Fall war.

Die bisherigen Ergebnisse (nach 1,5 Jahren) zeigen deutlich, dass die Holzqualität bei dichten Folienlagern nicht leidet und Waldbesitzende damit höhere Preise als vor 1-2 Jahren erzielen. Die Holzkonservierung durch Folienlagerung ist somit ein Baustein im Szenario einer Kalamitätsbeseitigung.

  1. Warum wurden die Plastikfolien der bislang abgeräumten „Folienlager“ (siehe Geodaten) durch Wald und Holz NRW noch nicht ordnungsgemäß entsorgt?

Die Folie sowie die verwendeten Netze werden nach Auflösung der jeweiligen Folienlager tlw. für beschädigte Folienlager (Sturm, Vandalismus) wiederverwendet, gesammelt und einer Recyclingfirma zugeführt. Dabei wird nicht jede einzelne Folie, sondern größere Mengen nicht mehr verwendeter Folie der Recyclingfirma zugeführt. Die Folien „verrotten“ nicht im Wald, sondern werden zielorientiert weiter eingesetzt und anschließend ordnungsgemäß einer Recyclingfirma zugeführt.

  1. Gibt es neben dem „Forschungsprojekt Borkenkäferschäden“ im Bereich des Regionalforstamts Arnsberger Wald weitere Folien-Testlager oder Folienlager in den 14 Regionalforstämtern in NRW oder dem Nationalparkforstamt Eifel?

Das Forschungsprojekt „Holzkonservierung durch Folienlager“ wird bisher testweise nur im Bereich des RFA Arnsberger Wald wissenschaftlich dokumentiert. Eine Waldgenossenschaft im Siegener Raum hat ebenfalls Folienlager nach o.g. Methodik angelegt. Hier wurden u.a. auch Fi-Langholz in Folie eingeschweißt. Die Ergebnisse aus der Praxis werden dem ZWH mitgeteilt.

  1. Wie bewertet die Landesregierung den nachlässigen Umgang mit Holzlager-Plastikfolien-Rückständen seitens des Landesbetriebs Wald und Holz NRW, da entsprechend § 10 Abs. 3 Landesforstgesetz die Forstwirtschaft die Bedeutung des Waldes im Blick behalten muss?

Ein „nachlässiger Umgang mit Holzlager-Plastikfolien-Rückständen“ ist der Landesregierung nicht bekannt (s. auch Antwort zu Frage 3).

 

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Beteiligte:
Andreas Keith