Kleine Anfrage 3240der Abgeordneten Andreas Keith und Gabriele Walger-Demolsky vom 10.12.2019
Leere Flüchtlingsunterkünfte in NRW
Seit 2015 wurden viele Immobilien durch das Land NRW und durch seine Kommunen zum Zwecke der Unterbringung von Flüchtlingen angemietet. Dabei handelte es sich teilweise um Liegenschaften des Landes oder feste Kontingente in Hotels, teilweise aber auch nur um neu errichtete „Containerdörfer“. Oftmals wurden in diesem Zusammenhang langfristige Mietverträge abgeschlossen. Viele dieser Immobilien werden aktuell nicht mehr für diese Funktion benötigt und stehen deshalb leer.
Aufgrund sinkender Zugangszahlen werden aktuell folgende Zentrale Unterbringungseinrichtungen (ZUE) des Landes geschlossen: Rüthen (Kreis Soest), Oerlinghausen (Kreis Lippe), Niederkrüchten (Kreis Viersen), Wuppertal IV, Kall (Kreis Euskirchen) und die Unterkünfte im so genannten Stand-By-Modus in Bad Laasphe (Kreis Siegen-Wittgenstein), Bochum und Bottrop.1
Im Falle von langfristigen Mietverträgen laufen die Kosten teilweise bis zum heutigen Tag weiter. Andreas W. vom Städte- und Gemeindebund NRW sagte im April 2018 auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur:2
„Einige Kommunen haben sehr hohe Kosten. Zwar wurden in den vergangenen Monaten bereits etliche Erstaufnahmen, Sammelunterbringungen und sonstige Einrichtungen geschlossen. Doch nicht immer ist das möglich, weil zum Teil langfristige Mietverträge abgeschlossen wurden. 2015 mussten die Kommunen schnell handeln und sich daher oft an sehr schlechte Mietkonditionen binden, um Obdachlosigkeit zu vermeiden. Ausgaben für Miete, Strom, Heizung, Sicherheitsdienste und Instandhaltung fielen vielfach weiter an – auch bei leeren Unterkünften.“
Von Interesse für den Steuerzahler ist eine aktuelle Bestandsaufnahme der Kosten für alle leerstehenden Sammelunterkünfte auf kommunaler- und auf Landesebene. Mit Sammelunterkünften sind sowohl angemietete Liegenschaften oder Zimmerkontingente in Hotels und Pensionen als auch ehemals neu errichtete Containerdörfer gemeint.
Wir fragen daher die Landesregierung:
1. Für welche Sammelunterkünfte auf kommunaler bzw. Landes- Ebene, die nicht mehr genutzt werden, entstehen aktuell noch laufende Kosten? (Bitte nach Sammelunterkunft, Stadt bzw. Gemeinde und der Höhe der laufenden Kosten pro Monat auflisten)
2. In welchem Umfang sind für diese Sammelunterkünfte nach ihrer Außerbetriebnahme bisher Kosten angefallen? (Bitte nach Sammelunterkunft, Datum der Außerbetriebnahme und den seit diesem Zeitpunkt angefallenen Kosten auflisten)
3. Bis zu welchem Zeitpunkt fallen – abhängig von der jeweiligen Vertragslaufzeit – für diese Sammelunterkünfte noch Kosten an? (Bitte nach Sammelunterkunft, und Datum der letzten zu leistenden Zahlung auflisten)
4. Mit welchen zusätzlichen Kosten wird bis zum Ende der Vertragslaufzeit gerechnet? (Bitte nach Sammelunterkunft und Höhe der Restzahlung auflisten)
5. In welcher Höhe werden in diesem Zusammenhang das Land NRW sowie die Städte und Gemeinden im Haushaltsjahr 2020 jeweils voraussichtlich belastet? (Bitte die Städte und Gemeinden nach Möglichkeit einzeln auflisten)
Andreas Keith
Gabriele Walger-Demolsky
Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 10.01.2020
Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 3240 mit Schreiben vom 10. Januar 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen und der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet.
1. Für welche Sammelunterkünfte auf kommunaler bzw. Landes- Ebene, die nicht mehr genutzt werden, entstehen aktuell noch laufende Kosten? (Bitte nach Sammelunterkunft, Stadt bzw. Gemeinde und der Höhe der laufenden Kosten pro Monat auflisten)
2. In welchem Umfang sind für diese Sammelunterkünfte nach ihrer Außerbetrieb-nahme bisher Kosten angefallen? (Bitte nach Sammelunterkunft, und Datum der letzten zu leistenden Zahlung auflisten)
3. Bis zu welchem Zeitpunkt fallen – abhängig von der jeweiligen Vertragslaufzeit – für diese Sammelunterkünfte noch Kosten an? (Bitte nach Sammelunterkunft, und Datum der letzten zu leistenden Zahlung auflisten)
4. Mit welchen zusätzlichen Kosten wird bis zum Ende der Vertragslaufzeit gerechnet? (Bitte nach Sammelunterkunft und Höhe der Restzahlung auflisten)
5. In welcher Höhe werden in diesem Zusammenhang das Land NRW sowie die Städte und Gemeinden im Haushaltsjahr 2020 jeweils voraussichtlich belastet? (Bitte die Städte und Gemeinden nach Möglichkeit einzeln auflisten)
Aus Gründen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 bis 5 gemeinsam beantwortet.
Nach § 1 Abs. 1 Flüchtlingsaufnahmegesetz sind die Gemeinden verpflichtet, ausländische Flüchtlinge aufzunehmen und unterzubringen. Über die Art der Unterbringung entscheiden sie dabei eigenverantwortlich. Zu den Kosten von etwaig nicht mehr betriebenen Sammelunterkünften in kommunaler Trägerschaft liegen der Landesregierung keine Informationen vor.
Vor dem Hintergrund kontinuierlich zurückgegangener Zugangszahlen Geflüchteter reduziert die Landesregierung die Anzahl der aktiv betriebenen Plätze in den landeseigenen Unterbringungseinrichtungen sukzessive von rund 25.000 auf etwa 20.000 Plätze. Die damit einhergehende Entscheidung zur Schließung einzelner Landeseinrichtungen erfolgte unter Berücksichtigung der Prinzipien der Wirtschaftlichkeit, der regionalen Ausgewogenheit sowie der Möglichkeit, flexibel auf Veränderungen reagieren zu können.
Ein gewichtiger Aspekt bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Unterbringungseinrichtungen sind deren Betriebskosten. Sie bestimmen sich im Wesentlichen durch den vertraglich vereinbarten Mietzins, die Nebenkosten sowie die Kosten für die vom Land für den Betrieb der Einrichtungen jeweils beauftragten Betreuungs- und Sicherheitsdienstleister. Aufgrund der unterschiedlichen Laufzeiten dieser Verträge können im Rahmen der Schließung von Landes-einrichtungen temporär Leerstände entstehen. Durch eine vor Mietvertragsende eingeleitete Aufgabe des Betriebs von Landeseinrichtungen, die aus Kapazitätsgründen nicht mehr benötigt werden, können Kosten für die Betreuungs- und Sicherheitsdienstleistungen eingespart werden. Die Entscheidung über die Beendigung des Betriebs der nachstehend aufgeführten Einrichtungen ist daher unter Beachtung des Prinzips der Wirtschaftlichkeit getroffen worden.
Die ZUE Euskirchen I wurde zum 28. Februar 2019 geschlossen. Der Mietvertrag für die Liegenschaft konnte vertragsbedingt nicht vor dem 31. Dezember 2019 beendet werden. Die monatlichen Kosten für die Einrichtung betrugen im Zeitraum des Leerstandes rund 75.000 Euro. Insgesamt ergaben sich somit für den Zeitraum vom 1. März 2019 bis 31. Dezember 2019 Kosten in Höhe von rund 750.000 Euro. Für diese Liegenschaft fallen im Jahr 2020 voraussichtlich keine Kosten an.
Im Jahr 2020 wird es voraussichtlich in zwei Einrichtungen zu temporären Leerständen kommen:
Die ZUE Rüthen wird zum 29. Februar 2020 geschlossen. Der Mietvertrag für die Liegenschaft endet am 30. April 2020. Im Zeitraum vom 1. März 2020 bis 30. April 2020 ergeben sich somit monatliche Kosten in Höhe von rund 70.000 Euro. Für den Zeitraum des Leerstandes ergeben sich somit insgesamt Kosten in Höhe von rund 140.000 Euro.
Die ZUE Kall wird zum 31. März 2020 geschlossen. Der Mietvertrag für die Liegenschaft kann vertragsbedingt nicht vor Ablauf des 31. Dezember 2020 beendet werden. Für den Zeitraum des Leerstandes wird mit monatlichen Kosten in Höhe von rund 34.500 Euro gerechnet. Daraus ergeben sich voraussichtlich insgesamt Kosten in Höhe von rund 310.000 Euro.