Keine Doppelmandate im Landtag NRW

Antrag
vom 08.10.2018

Antragder AfD-Fraktionvom 02.10.2018

 

Keine Doppelmandate im Landtag NRW

I. Ausgangslage

Im Deutschen Bundestag wird „der ganze Mensch“ verlangt. Dies hat das Bundesverfassungsgericht über die Bedeutung eines Bundestagsmandats entschieden. Vergleichbar ließe sich auch über die Bedeutung eines Landtagsmandats urteilen. Der Landtag in Nordrhein-Westfalen, der Bundestag und das EU-Parlament sind sogenannte Vollzeitparlamente. Es erscheint nicht möglich, in mehr als einem dieser Parlamente das Mandat verantwortungsvoll und in vollem Umfang auszuüben und im Sinne der Wähler vollwertig tätig zu sein. Dennoch gibt es immer wieder Abgeordnete, die in mehreren Parlamenten gleichzeitig „arbeiten“, also ein Doppelmandat ausüben.

Der Politikwissenschaftler Tom Mannewitz beurteilt Doppelmandate mit folgenden Worten: „Es ist mir ein völliges Rätsel, wie die Abgeordneten dort über einen längeren Zeitraum dem Wählerauftrag irgendwie gerecht werden wollen.“1 Ebenso würden Doppelmandate laut Mannewitz die vertikale Gewaltenteilung unterlaufen. Finanziell lohnen sich die Doppelmandate für die Abgeordneten: Die Abgeordnetenentschädigungen werden zwar (teilweise) verrechnet, aber nicht Altersvorsorge, Kostenpauschalen, Mitarbeiterpauschalen, Sachmittel und Sitzungsgelder.

Juristisch sind Doppelmandate in Nordrhein-Westfalen derzeit zulässig. Andere Länder und Parlamente haben dem „Doppelmandatsmissbrauch“ teilweise einen Riegel vorgeschoben: Ein Doppelmandat im Bundestag und EU-Parlament ist seit 2004 ausgeschlossen. In Niedersachsen verbietet die Verfassung Doppelmandate:

Mitglieder des Bundestages, der Bundesregierung, des Europäischen Parlaments sowie der Volksvertretungen und Regierungen anderer Länder dürfen dem Landtag nicht angehören.“2

Der Freistaat Thüringen verbietet in seinem Abgeordnetengesetz Doppelmandate und könnte damit Vorbild für Nordrhein-Westfalen sein:

Mitglieder des Europäischen Parlaments, des Deutschen Bundestags und der Volksvertretungen anderer Länder dürfen dem Landtag nicht angehören. Gehört ein Abgeordneter einem anderen Parlament an, stellt dies der Präsident des Landtags unverzüglich fest. Der Abgeordnete verliert sein Mandat eine Woche nach Bekanntgabe der Feststellung, soweit er nicht binnen dieser Frist die Entscheidung des Landtags beantragt. Der Landtag entscheidet über den Verlust der Mitgliedschaft in seiner nächsten Sitzung. Die Entscheidung wird zwei Wochen nach ihrer Bekanntgabe gegenüber dem Abgeordneten wirksam.“3

Der baden-württembergische CDU-Landtagsabgeordnete Manuel Hagel spricht sich klar gegen „Parlamentstourismus“4 aus: „Es ist inkonsequent, dass ein Bürgermeister nicht zugleich Landtagsabgeordneter sein darf, eine Tätigkeit im Europa-Parlament und im Landtag aber vereinbar sein soll.“

Der hessische SPD-Bundestagsabgeordnete Timon Gremmels hält eine doppelte Mitgliedschaft „weder zeitlich, noch organisatorisch, vor allem demokratietheoretisch miteinander vereinbar“.5

Der niedersächsische FDP-Bundestagsabgeordnete Gero Hocker „ist der festen Überzeugung, dass zwei Mandate in zwei verschiedenen Parlamenten nicht von einer Person ausgeübt werden sollten und nicht gewissenhaft ausgeübt werden können“.6

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Leif-Erik Holm aus Mecklenburg-Vorpommern stellt klar: „Eine ordnungsgemäße Abgeordnetentätigkeit ist mit einem dauerhaften Doppelmandat schon wegen des Arbeitspensums nicht zu bewältigen.“7

Abgeordnete mit mindestens dreimonatigem Doppelmandat gab es in verschiedenen deutschen Parlamenten und Parteien, wie eine Statistik aus dem Jahre 2010 zeigt.8 Im Oktober 2017 waren es laut Abgeordnetenwatch 34 Abgeordnete aus allen Fraktionen, welche neben dem Mandat im Deutschen Bundestag zusätzlich ein Mandat in einem anderen Vollzeitparlament besaßen. Diese Doppelmandate reduzierten sich bis zum Dezember 2017 auf vier Personen aus drei Fraktionen.

II. Der Landtag stellt fest:

  • Ein Doppelmandat verursacht zeitlich nicht auflösbare Konflikte für den Abgeordneten.
  • Ein Doppelmandat unterläuft die vertikale Gewaltenteilung des Staates.
  • Ein Doppelmandat schadet dem Ansehen des Parlamentarismus.
  • Ein Doppelmandat verursacht nicht gerechtfertigte Kosten für den Steuerzahler.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

dem Landtag eine Überarbeitung des NRW-Abgeordnetengesetzes vorzulegen, um Doppelmandate in Zukunft zu verhindern.

Herbert Strotebeck
Helmut Seifen
Andreas Keith

und Fraktion

 

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1 http://www.mdr.de/nachrichten/politik/inland/doppelmandat-100.html

2 http://www.nds-voris.de/jportal/portal/t/g3v/page/bsvorisprod.psml?doc.hl=1&doc.id=jlr-VerfNDpArt8&documentnumber=15&numberofresults=92&doctyp=Norm&showdoccase=1&doc.part=S&paramfrom HL=true#focuspoint

3 http://www.thueringer-landtag.de/mam/landtag/abgeordnete-und-fraktionen/abgeordnetengesetz 2014.pdf

4 http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/parteien-kritisieren-meuthens-doppelmandat-15286748.html

5 http://www.stern.de/politik/deutschland/frauke-petry-wird-die-einzige-doppelkassiererin-im-neuen-bundestag-7649288.html

6 Ebd.

7 Ebd.

8https://www.bundestag.de/blob/272938/5cd3e347328e1fe3d255075526e64a3f/kapitel0210doppelmitgliedschaftbundestaglandtag-pdf-data.pdf