Politisch motivierte Kriminalität Rechts im Jahre 2020

Kleine Anfrage
vom 12.01.2021

Kleine Anfrage 4816der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky und Markus Wagner vom 12.01.2021

 

Politisch motivierte Kriminalität Rechts im Jahre 2020

Die politische Willensbildung erfolgt in Deutschland durch Wahlen. Jede Form von politisch motivierter Kriminalität ist abzulehnen, ganz gleich ob von links oder von rechts kommend oder auf sonstiger ideologischer oder weltanschaulicher Grundlage beruhend.

Das Ziel dieser Anfrage ist es, einen statistischen Überblick über die politisch rechts motivierte Kriminalität des Jahres 2020 zu erhalten.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie viele politisch rechts motivierte Straftaten wurden im Jahre 2020 in Nordrhein-Westfalen verübt? (Bitte nach Ort und Deliktsgruppe auflisten)
  2. Wie viele Straftaten der Allgemeinkriminalität wurden im Jahre 2020 in Nordrhein-Westfalen von bekannten Rechtsextremen verübt?
  3. Wie verteilen sich die politisch rechts motivierten Straftaten im Jahre 2020 nach Themenfeldern? (Bitte Zahlen für Ober- und Unterthemen angeben)
  4. Wie viele Tatverdächtige wurden im Jahre 2020 in NRW wegen politisch rechts motivierter Straftaten festgenommen? (Bitte nach Ort, Alter, Nationalität bzw. Migrationshintergrund und Geschlecht auflisten)
  5. In wie vielen Fällen politisch rechts motivierter Kriminalität kam es im Jahre 2020 zur Einleitung von Ermittlungsverfahren, zur Erhebung einer Anklage, zu einer Verurteilung oder zu einer Einstellung der Ermittlungen? (Bitte auch den Grund für die Einstellung des Verfahrens angeben)

Gabriele Walger-Demolsky
Markus Wagner

 

Anfrage als PDF


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4816 mit Schreiben vom 15. Februar 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheitlich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“.

Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie

  • den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten;
  • sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben;
  • durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden;
  • gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet.

Darüber hinaus gehören Straftaten gemäß §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102-104a, 105­108e, 109-109h, 129a, 129b, 130, 234a oder 241a StGB als Staatsschutzdelikte zur PMK, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.

Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungs-zusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.

Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KPMD-PMK).

Der Fallzahlenabgleich mit dem Bundeskriminalamt ist für das Jahr 2020 noch nicht abgeschlossen. Der Abschluss erfolgt grundsätzlich jährlich zum Ende des Monats Februar. Demnach kann es noch zu geringfügigen Abweichungen kommen, weshalb die nachfolgend angegebenen Fallzahlen für das Jahr 2020 als vorläufige Zahlen zu betrachten sind.

  1. Wie viele politisch rechts motivierte Straftaten wurden im Jahre 2020 in Nordrhein-Westfalen verübt? (Bitte nach Ort und Deliktsgruppe auflisten)

Im Jahr 2020 wurden in Nordrhein-Westfalen bislang 3383 Straftaten der PMK-Rechts erfasst. Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 1 zu entnehmen.

  1. Wie viele Straftaten der Allgemeinkriminalität wurden im Jahre 2020 in Nordrhein-Westfalen von bekannten Rechtsextremen verübt?

Für das Jahr 2020 wurden bisher 574 Straftaten der Allgemeinkriminalität erfasst, welche bekannten Straftätern der PMK-rechts zugeordnet werden konnten.

  1. Wie verteilen sich die politisch rechts motivierten Straftaten im Jahre 2020 nach Themenfeldern? (Bitte Zahlen für Ober- und Unterthemen angeben)

Die statistische Erfassung politisch motivierter Straftaten nach Themenfeldern erfolgt auf der Grundlage eines bundesweit einheitlich festgelegten Katalogs. Für eine differenzierte Lagedarstellung sind alle zutreffenden Ober- und Unterbegriffe anzugeben. Dementsprechend sind Mehrfachnennungen nicht nur möglich, sondern ausdrücklich gewollt.

Die beherrschenden Oberbegriffe der rechts motivierten Straftaten im Jahr 2020 sind „Nationalsozialismus/Sozialdarwinismus“ mit bislang 2219 Delikten sowie „Hasskriminalität“ mit bislang 1296 Delikten.

Bei den Unterbegriffen sind „Fremdenfeindlich“ mit bislang 1267 und „gegen den Staat, seine Einrichtungen und Symbole“ mit bislang 668 erfassten Delikten auffällig.

Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 2 zu entnehmen.

  1. Wie viele Tatverdächtige wurden im Jahre 2020 wegen politisch rechts motivierter Straftaten in NRW festgenommen? (Bitte nach Ort, Alter, Nationalität bzw. Migrationshintergrund und Geschlecht auflisten)

Im KPMD-PMK werden Tatorte und keine Festnahmeorte erfasst. Als Festnahme werden hier statistisch alle bekanntgewordenen polizeilichen Maßnahmen gemäß §§ 127, 127b StPO erfasst (keine Ingewahrsamnahmen nach dem Polizeigesetz NRW).

Im Jahr 2020 wurden in Nordrhein-Westfalen drei Tatverdächtige wegen Straftaten der PMK-Rechts festgenommen.

Weitergehende Daten bitte ich der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:

Lfd. Nummer Tatort Alter Nationalität Geschlecht
1 Mönchengladbach 43 polnisch männlich
2 Düsseldorf 32 deutsch männlich
3 Paderborn 22 deutsch männlich

 

  1. In wie vielen Fällen politisch rechts motivierter Kriminalität kam es im Jahre 2020 zur Einleitung von Ermittlungsverfahren, Erhebung einer Anklage, Verurteilung oder Einstellung der Ermittlungen? (Bitte auch den Grund für die Einstellung des Verfahrens angeben)

Durch die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen wurde in allen in der Antwort zu Frage 1 aufgezählten Fällen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Bei den nordrhein-westfälischen Staatsanwaltschaften kam es im Jahr 2020 wegen politisch rechts motivierter Straftaten in 4819 Fällen zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. In 742 Fällen erfolgte im identischen Zeitraum die Erhebung der öffentlichen Klage bzw. Beantragung eines Strafbefehls, in 328 Fällen kam es zu einer Verurteilung und in 3988 Fällen zur Einstellung der Ermittlungen. Grund für die Einstellung des Verfahrens war in 1621 Fällen, dass ein Tatverdächtiger nicht ermittelt werden konnte.

Hierin nicht enthalten sind Verfahren der Staatsanwaltschaft Bochum. Ausweislich eines Berichts der Generalstaatsanwältin in Hamm vom 28. Januar 2021 an das Ministerium der Justiz hat ihr der Leitende Oberstaatsanwalt in Bochum hierzu Folgendes mitgeteilt:

„Aufgrund eines Eingabefehlers im Rahmen der Eintragung der Ermittlungsverfahren ist es zu einer unzutreffenden Erfassung der rechtsextremistischen/fremdenfeindlichen Verfahren im Jahr 2020 gekommen. Eine händische Auswertung der in Betracht kommenden Ermittlungs- und Strafverfahren war in der Kürze der gesetzten Frist nicht möglich. Die Beantwortung der Frage 5 der Kleinen Anfrage ist daher nicht möglich.“

Die Differenz zu den polizeilich eingeleiteten Ermittlungsverfahren erklärt sich durch ein anderes Erfassungssystem der Landesjustiz.

 

Antwort samt Anlagen als PDF