NRW muss sich der verordneten Prohibitionsstimmung durch Kanzlerin Merkel widersetzen! Wir sind als Parlament in der Verantwortung, die Unantastbarkeit der Grundrechte unserer nordrhein-westfälischen Bürger zu schützen.

Antrag
vom 03.11.2020

Antragder AfD-Fraktion vom 03.11.2020

 

NRW muss sich der verordneten Prohibitionsstimmung durch Kanzlerin Merkel widersetzen! Wir sind als Parlament in der Verantwortung, die Unantastbarkeit der Grundrechte unserer nordrhein-westfälischen Bürger zu schützen.

I. Ausgangslage

Ab dem 02. November 2020 treten zum wiederholten Male nie dagewesene Grundrechtsbeschränkungen in Kraft. Der von der Bundeskanzlerin verordnete „Wellenbrecher-Lockdown“ begrenzt das soziale, kulturelle und sportliche Leben unserer Bürger für einen Monat massiv. Dabei fällt weiter auf, dass die Politik bereits jetzt angekündigt hat, ein mangelnder Erfolg dieser Maßnahmen werde zu ihrer Verschärfung führen – nicht aber, wie man es wissenschaftlich erwarten sollte, zu der Frage, ob die ergriffenen Maßnahmen überhaupt richtig waren. In der Öffentlichkeit dürfen sich die Bürger nur noch mit den Angehörigen eines weiteren Hausstandes, maximal zehn Personen, treffen. Wer sich nicht an diese Kontaktverbote hält, muss mit hohen Bußgeldern rechnen.

Ein entscheidender Unterschied zum Lockdown im Frühjahr liegt darin, dass damals sämtliche Wirtschaftsbetriebe aus Gründen der Vorsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern im vorauseilenden Gehorsam Schließungen vornahmen, auch wenn in Teilen gar nicht darüber verfügt wurde. Somit waren der Lockdown im Frühjahr und die damit verbundenen Einschränkungen von einer hohen Akzeptanz seitens der Bevölkerung begleitet. Der sogenannte „Wellenbrecher-Lockdown“ hingegen, welcher durch die Einberufung der Ministerpräsidentenkonferenz durch die Bundeskanzlerin eingeleitet wurde, erzürnt die Bürger, Branchenverbände und nicht zuletzt renommierte Mediziner.

Die Erfahrung mit dem ersten Lockdown offenbart die weitgehende Wirkungslosigkeit der beschlossenen Maßnahmen. In einem Positionspapier fordern mehrere Wissenschaftler, Ärzte und Verbände ein Umdenken im Umgang mit der Corona-Pandemie.1 „Wir erleben bereits die Unterlassung anderer dringlicher medizinischer Behandlungen, ernst zu nehmende Nebenwirkungen bei Kindern und Jugendlichen durch soziale Deprivation und Brüche in Bildungs- und Berufsausbildungsgängen, den Niedergang ganzer Wirtschaftszweige, vieler kultureller Einrichtungen und eine zunehmende soziale Schieflage als Folge“, heißt es in dem Papier. Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) fragt: „Wie oft wollen Sie denn noch einen Lockdown machen?“ Gleichzeitig warnt er vor der Darbietung von apokalyptischen Bedrohungsszenarien.

Die größte Herausforderung für die Politik liegt deshalb nun darin, die Widersprüchlichkeiten ihrer politischen Maßnahmen gegen die erheblichen und massiven Widerstände zu verteidigen. Affektiv erlegt die Politik gegenwärtig dem Bürger ein Prohibitionsdiktat auf, um einer Erosion der Zustimmung zu den Maßnahmen entgegenzuwirken.

Die Aufgabe der Freiheit ist ein hoher Preis. Bund und Länder haben in diesem beispiellosen Vorgang den Keim dafür gesät, dass Politiker wie Karl Lauterbach (SPD) eine Legitimation für sozialistische Wahnvorstellungen erhalten, wie z.B. die Forderung nach Kontrollen in Privatwohnungen. In Deutschland gerät die Verbreitung von Angst, einhergehend mit der Entmündigung der Bürger, zum politischen Ritual von Bundeskanzlerin Merkel. Während der Bundestag – mit Ausnahme der größten Oppositionsfraktion – schläft, verteidigen neuerdings wenigstens die Gerichte das Recht. Die Regierenden stützen sich bei der Demonstration ihrer Macht auf das im Jahr 2001 in Kraft getretene und während der Pandemie mehrmals ergänzte Infektionsschutzgesetz. Durch die in mehrfacher Hinsicht verfassungswidrige Änderung des IfSG am 27. März 2020 ist in Gestalt der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ ein verfassungsrechtlich gar nicht vorgesehener rechtlicher Ausnahmezustand geschaffen worden, in dem die Exekutive zum Schutz der Bevölkerung, aber unter Hintanstellung der Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts, zahllose Grundrechtseingriffe ohne jede spezifische parlamentarische Ermächtigung einleiten kann. Im März war das unbekannte Virus noch schwer einzuschätzen, weshalb der Regierung ein Blankoscheck ausgestellt wurde und der Bundestag seine Kontrollrechte scheinbar gezwungenermaßen abgab. Doch mittlerweile stehen wir vor einer ganz anderen Situation: Gerade jetzt müssen Parlamente auf ihre Kontrollrechte pochen! Stattdessen erleben wir, dass bei weitgehender Passivität der Parlamente nunmehr die Verwaltungsgerichte unbegründete oder offensichtlich widersprüchliche Grundrechtseinschränkungen bereits in einstweiligen Rechtsschutzverfahren aufheben.

Besonders problematisch ist übrigens, dass § 5 IfSG als solcher keinerlei Befristung des Ausnahmezustandes vorsieht. Nach dem Wortlaut der Vorschrift soll dieser so lange in Kraft sein, bis der Bundestag ihn wieder aufhebt. Dies ist schon unter dem Aspekt der Gewaltenteilung problematisch, da im Bundestag eben nicht nur die jeweilige Regierungsmehrheit, sondern v.a. auch die Opposition repräsentiert wird. Schon von daher müsste der Bundestag nicht nur die theoretische Möglichkeit haben, sondern ihn müsste auch die Rechtspflicht treffen, sich in relativ kurzen, vorher feststehenden und absehbaren Intervallen inhaltlich mit dem Fortbestehen der Ausnahmelage auseinanderzusetzen.

Trotz zahlreicher und zumeist offensichtlicher Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit der Vorschrift aus § 5 IfSG hat der Deutsche Bundestag am Freitag, dem 30.10.2020 in namentlicher Abstimmung abgelehnt, eine verfassungsrechtliche Überprüfung der Vorschrift durch das Bundesverfassungsgericht zu fordern bzw. auch nur zu billigen; hierzu wären die Unterschriften von 25% der gesetzlichen Mitglieder des Deutschen Bundestages erforderlich gewesen. Dies bleibt in der Sache völlig unbegreiflich, da eigentlich auch Parlamentarier, die von der Verfassungsmäßigkeit des Ausnahmezustandes – warum auch immer – vollauf überzeugt sind, doch eigentlich dem Bundesverfassungsgericht ebenfalls die Gelegenheit müssten einräumen wollen, ihre Rechtsauffassung zu bestätigen. Daher kann das Ergebnis der namentlichen Abstimmung im Deutschen Bundestag am letzten Freitag eigentlich nur so gedeutet werden, dass viele Bundestagsabgeordnete die sich ja aufdrängenden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Ausnahmezustandes nach § 5 IfSG sehr wohl teilen und gerade vor diesem Hintergrund nicht wollen, dass die sich ergebenden verfassungsrechtlichen Fragen dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden. Dies wäre allerdings ein alarmierendes Ergebnis!

Umso größer sind nun die begründeten Zweifel an den seit dem 02.11.2020 verhängten Notstandsmaßnahmen, nachdem schon die bisher ergriffenen, vergleichsweise milden Maßnahmen vielfach der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht standgehalten haben. Nicht nur der Staatsrechtler Ulrich Battis erwartet eine erfolgreiche Klagewelle: „Ich gehe fest davon aus, dass es eine hohe Anzahl an Klagen geben wird und dass auch viele wie bisher in einstweiligen Rechtschutzverfahren damit durchkommen werden.“. So hat das Verwaltungsgericht Berlin einer Gruppe von Gastwirten Recht gegeben, die gegen die Sperrstunde um 23 Uhr geklagt hatten.2 Denn das Corona-Virus wird nicht ab 23 Uhr auf einmal ansteckender als zuvor. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat demgegenüber angekündigt, die Sperrstunde – wie auch immer – nunmehr „gerichtsfest“ zu machen. Es wäre besser, er würde stattdessen seine Maßnahmen „vernunftfest“ machen!

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Die vorliegenden Zahlen über positiv Getestete, Infizierte, Kranke, Schwerkranke und wirklich oder angeblich unmittelbar am Corona-Virus Verstorbene rechtfertigen derzeit kaum derart massive Eingriffe in die Grundrechte, wie Deutschland sie im Augenblick erlebt, jedenfalls dann nicht, wenn man die derzeit dokumentierten Gefahren des Corona-Virus mitsamt der Möglichkeit schwerer Verläufe einer Infektion in Einzelfällen mit anderen Gesundheitsrisiken, wie z.B. durch resistente Krankenhauskeime, vergleicht.
  2. Die verordneten Einschränkung sind zum Teil in sich widersprüchlich, unverhältnismäßig und ungerechtfertigt.
  3. Die vielfach überzogenen und teils ungerechten Maßnahmen – etwa wenn Gastwirte, die in den letzten Monaten trotz einbrechender Umsätze Unsummen in die Ausstattung ihrer Betriebe mit Plexiglasscheiben, Luftreinigern, Heizpilzen, Desinfektionstechnik usw. investiert haben, nun dennoch wieder schließen müssen, obwohl es keinerlei konkrete Indizien dafür gibt, Restaurantbesuche seien mit besonderen Ansteckungsgefahren verbunden – führen zu schwindender Akzeptanz der Bevölkerung für diese Maßnahmen.
  4. Der Deutsche Bundestag kommt als Legislative seiner Verantwortung in dieser herausragenden Situation nicht nach, stattdessen verteidigt derzeit nur die Judikative die Grundrechte der Bürger gegen vielfach willkürliche Maßnahmen.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. die Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen vor unverhältnismäßigen und willkürlichen Eingriffen zu schützen und ihre Grundrechte zu wahren,
  2. den „Wellenbrecher-Lockdown“ weitgehend aufzuheben,
  3. einen Bund-Länder-Streit vor dem Bundesverfassungsgericht mit dem Ziel der Eindämmung des Machtmissbrauches des Bundes in dieser „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ und der damit eingeleiteten Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu initiieren.

Helmut Seifen
Markus Wagner
Andreas Keith

und Fraktion

 

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1 https://www.welt.de/politik/deutschland/article218811510/Corona-Virologen-und-Aerzte-stellen-sich-gegen-Lockdown.html

2 https://www.bz-berlin.de/berlin/berliner-gericht-kippt-corona-sperrstunde-fuer-14-weitere-lokale