Antragder AfD-Fraktion vom 31.08.2021
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Rundfunkbeitrag: Reform des „öffentlich-rechtlichen“ Rundfunks endlich angehen!
I. Ausgangslage
Die deutschen Bundesländer betreiben – mit rund neun Milliarden Euro Jahresbudget – eines der teuersten staatlichen („öffentlich-rechtlichen“) Rundfunksysteme der Welt. Dennoch beschlossen die Ministerpräsidenten im vergangenen Jahr auf Vorschlag der „KEF“ („Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten“) eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags von 17,50 Euro auf 18,36 Euro monatlich.
Eine aus AfD und CDU bestehende Mehrheit der Abgeordneten des Landtags Sachsen-Anhalt lehnte diese Erhöhung allerdings ab, weshalb Ministerpräsident Haseloff davon absah, den entsprechenden Staatsvertrag dem Parlament überhaupt zur Abstimmung vorzulegen.
Die Rundfunkanstalten klagten daraufhin vor der Bundesverfassungsgericht gegen die unterlassene Erhöhung des Rundfunkbeitrags. Das Gericht gab ihnen mit Beschluss vom 20. Juli 2021 (1 BvR 2756/20, 2775/20 und 2777/20) Recht. Dabei rügte es in erster Linie Verfahrensfragen, auch wenn es erneut grundsätzlich eine „Bestandsgarantie“ für den „öffentlich-rechtlichen“ Rundfunk bejahte.
Wenn dieses Urteil auch viel Kritik auf sich zog, weil es die Entscheidungsfreiheit der Landtage und der dort tätigen Abgeordneten erheblich einschränkt und wenn es darüber hinaus grotesk erscheinen mag, dass sich vermeintlich „staatsferne“ und demokratisch nicht legitimierte Institutionen (wie die „öffentlich-rechtlichen“ Rundfunkanstalten) Geld beim Staat erklagen können, ist damit eine Reform des deutschen Rundfunkwesens keineswegs ausgeschlossen.
Vielmehr hat das Urteil die damit verbundene öffentliche Diskussion um den dringenden Reformbedarf angeheizt und die rapide sinkende öffentliche Akzeptanz des teuren staatlichen Rundfunks abermals verdeutlicht:
- Eine repräsentative Umfrage von CIVEY im Nachgang des Urteils ergab, dass zwei Drittel der Deutschen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags ablehnen.1
- Schon im Jahre 2018 ergab eine repräsentative Umfrage von YouGov, dass gerade einmal acht Prozent der Befragten den Rundfunkbeitrag in seiner aktuellen Höhe für akzeptabel halten, während knapp die Hälfte höchsten fünf Euro als angemessen betrachtet.2
Daraus resultiert auch ein zunehmender gesellschaftlicher Widerstand. Nach Angaben der Landesregierung (Drs. 17/14423) müssen die Kommunen jährlich in mehr als einer Viertelmillion Fällen die Rundfunkbeiträge im Auftrag des WDR durch Vollstreckung eintreiben.
Aufsehen erregte dabei der Fall Georg Thiel: Der Borkener besitzt seit Jahren keine Rund-funkempfangsgeräte und weigerte sich folgerichtig auch, einen Rundfunkbeitrag zu entrichten. Der WDR hielt ihn dafür für ein halbes Jahr in Erzwingungshaft.
Die AfD-Fraktionen in den Landtagen Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und in der Hamburger Bürgerschaft haben vor dem Hintergrund des dringenden Reformbedarfs im vergangenen Jahr ihr „GRUNDFUNK“-Konzept3 vorgestellt. Hiernach sollen u.a. die Rundfunkanstalten deutlich verkleinert werden, und der Rundfunkbeitrag soll entfallen.
Inzwischen fordert auch die FDP eine Reform des „öffentlich-rechtlichen“ Rundfunks. So heißt es im Programm4 der Partei zur Bundestagswahl:
„Der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht eine Auftrags- und Strukturreform
Wir Freie Demokraten wollen einen moderneren und schlankeren öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR), der sich primär auf Nachrichten, Kultur, politische Bildung und Dokumentationen konzentrieren soll. Damit wollen wir den Rundfunkbeitrag absenken. Die Zahl der Fernseh-und Hörfunkkanäle, die von den Rundfunkanstalten betrieben werden, ist zu reduzieren. Nicht erforderliche Parallelangebote sind zu vermeiden. Im Internet sollte der ÖRR auf Bereiche begrenzt sein, die mit klassischem Rundfunk vergleichbar sind oder in direktem Zusammenhang mit ihm stehen. Ein funktionierendes duales Mediensystem braucht Ausgewogenheit. Die Verhältnismäßigkeit zwischen Rundfunkbeitrag und Wettbewerb muss gewahrt sein. Konkurrenz zu jedem Internet-Angebot privater Presse- und Medienhäuser ist nicht Aufgabe des ÖRR. Wir wollen die Medien- und Meinungsvielfalt stärken.“
Es ist allerdings zweifelhaft, wie ernst dieser Vorschlag zu nehmen ist, da die FDP-Fraktion im Landtag NRW gegen einen wortgleichen Antrag stimmte und keine der Landesregierungen mit FDP-Beteiligung irgendwelche Anstrengungen unternommen haben, den „öffentlich-rechtlichen“ Rundfunk zu reformieren.
II. Der Landtag stellt fest:
Der „öffentlich-rechtliche“ Rundfunk in Deutschland ist reformbedürftig.
III. Der Landtag beschließt:
- Die Landesregierung wird aufgefordert, sich auf allen Ebenen für eine Reform des „öffentlich-rechtlichen“ Rundfunks einzusetzen.
- Die Landesregierung wird aufgefordert, auf durchgreifende Sparmaßnahmen beim „öffentlich-rechtlichen“ Rundfunk hinzuwirken und so zumindest zukünftige Beitragserhöhungen überflüssig zu machen.
- Die Landesregierung wird aufgefordert, auf die Einrichtung einer länderübergreifenden Reformkommission für den „öffentlich-rechtlichen“ Rundfunk hinzuwirken, der Vertreter aller Landesparlamente angehören sollen.
Sven W. Tritschler
Markus Wagner
Andreas Keith
und Fraktion
3 https://afd-fraktion.nrw/grundfunk/
4 https://www.fdp.de/sites/default/files/2021-06/FDP_Programm_Bundestagswahl2021_2.pdf