Autonomes Zentrum in Köln – Staatliche Immobilien für den Kampf gegen legale demokratische Parteien?

Kleine Anfrage
vom 20.10.2021

Kleine Anfrage 6076des Abgeordneten Sven W. Tritschler vom 20.10.2021

 

Autonomes Zentrum in Köln Staatliche Immobilien für den Kampf gegen legale demokratische Parteien?

Im ehemaligen Kanalbauamt der Stadt Köln an der Luxemburger Straße ist aktuell das sogenannte Autonome Zentrum (AZ) untergebracht. Die Landesregierung hat in der Vergangenheit immer wieder bestätigt, dass dort verschiedene linksextreme Gruppen z. B. die Interventionistische Linke (IL) temporär oder dauerhaft untergebracht sind.

Aktuell führt die Stadt Köln mit Vertretern des AZ Gespräche über einen „alternativen“ Standort. Im Zuge dessen kam es bereits zu Ausschreitungen in der Kölner Innenstadt.

Die Landesregierung führt im „Verfassungsschutzbericht“ 2020 zum AZ aus:

„Die Situation zu dem von der Stadtverwaltung Köln beabsichtigten Standortwechsel des dortigen Autonomen Zentrums (AZ Köln) ist weiterhin ungeklärt, nachdem Vertreter des AZ Köln einen Vorschlag für eine räumliche Alternative ausgeschlagen hatten. Dagegen forderte das AZ Köln von der Stadtverwaltung, den Mietvertrag am bisherigen Standort zu verlängern. Als die Stadt diese Forderung nicht innerhalb von vier Wochen beantwortete, wurden – mutmaßlich aus dem Umfeld des AZ – am Kölner Rathaus Farbschmierereien aufgebracht und am Gebäude des SPD-Landesverbandes Plakate mit der Aufschrift „Kein Tag ohne AZ Köln“ angebracht. Davon abgesehen war das AZ Köln trotz der Corona-Pandemie auch in diesem Jahr Treff- und Anlaufstelle autonomer Linksextremisten und beteiligte sich an der Unterstützung der diesjährigen sogenannten Massenaktionen im Rheinischen Braunkohlerevier.“1

Am 12. August 2021 um 18:00 Uhr fand wohl in dieser Immobilie der Stadt Köln, die ohne eine marktübliche Miete überlassen wird, eine Veranstaltung der „Antifaschistische Gruppe cgn & Friendz*“ statt. Die Veranstaltung wird als „Antifa ConnAct – Die Kölner AfD und ihr Antifeminismus – Theorie und Praxis“ bezeichnet. Es wird ganz offen davon gekündigt, dass man ihr „das Leben vermiesen“ möchte.2

Die Stadt Köln hat in der Vergangenheit stets die Nutzungsvereinbarung verlängert, obwohl die linksextreme politischen Gesinnung der im AZ beheimateten Gruppen für jedermann seit Jahren, auch mit Blick auf Veranstaltungen und Kenntlichmachungen am Gebäude, offensichtlich ist.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zu verfassungsfeindlichen Gruppen, Organisationen und Personen im Umfeld des „AZ“ im Jahre 2020 und im laufenden Jahr 2021? (Diese Frage umfasst auch den Trägerverein, seine Funktionäre und die ihn unterstützenden Personen)
  2. Plant die Landesregierung im Rahmen der kommunalen Aufsicht gegen die Stadt Köln vorzugehen, weil sie Linksextremen Immobilien überlässt? (Wir bitten um eine Begründung zu dieser Antwort)
  3. Inwieweit hält die Landesregierung die Durchführung von Veranstaltungen gegen eine bestimmte politische Partei in einem staatlich subventionierten Projekt für zulässig? (Wir bitten um eine Begründung zu dieser Antwort)
  4. Welche zusätzlichen Maßnahmen zum Schutz von Politikern in Köln gerade im abgelaufenen Bundestagswahlkampf ergriff die Landesregierung angesichts von Aussagen wie „Leben vermiesen“?
  5. In welchem Umfang ist das „AZ“ weiterhin ein Zentrum des Linksextremismus’ im Regierungsbezirk Köln im Jahre 2020 und im laufenden Jahr 2021? (Wir bitten hierbei auch um eine Detailbeschreibung der Aktivitäten, z.B. Hausbesetzungen, gewaltsame Störungen von Veranstaltungen und Versammlungen politisch Andersdenkender,)

Sven W. Tritschler

 

Anfrage als PDF

 

1 „Verfassungsschutzbericht“ des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2020 Seite 179

2 https://az-koeln.org/events/antifa-connact/ abgerufen am 05.08.2021


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 6076 mit Schreiben vom 15. November 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet.

  1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zu verfassungsfeindlichen Grup­pen, Organisationen und Personen im Umfeld des „AZ“ im Jahre 2020 und im lau­fenden Jahr 2021? (Diese Frage umfasst auch den Trägerverein, seine Funktionäre und die ihn unterstützenden Personen)

Die Erkenntnisse zu der vom nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz beobachteten auto­nomen Szene aus dem Jahr 2020 sind im Verfassungsschutzbericht (Vorlage 17/5372, S. 179, 183 f.) über das Jahr 2020 beschrieben. Dem nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz lie­gen keine Erkenntnisse über eine relevante Veränderung im autonomen Spektrum in Nord­rhein-Westfalen vor. Die weitere Auswertung und Analyse der Erkenntnisse für das Jahr 2021 dauert derzeit an. Die Ergebnisse der Auswertung werden in den Verfassungsschutzbericht über das Jahr 2021 einfließen.

  1. Plant die Landesregierung im Rahmen der kommunalen Aufsicht gegen die Stadt Köln vorzugehen, weil sie Linksextremen Immobilien überlässt? (Wir bitten um eine Begründung zu dieser Antwort)

Örtlich zuständige allgemeine Aufsichtsbehörde über die kreisfreie Stadt Köln ist die Bezirks­regierung Köln. Es ist nicht Aufgabe der Kommunalaufsicht, Angelegenheiten zu bewerten, die die Stadt Köln aufgrund ihrer verfassungsrechtlich garantierten kommunalen Selbstverwal­tungshoheit im Rahmen der Gesetze eigenverantwortlich handhabt, namentlich das Führen von Verhandlungen im Zusammenhang mit der Nutzung städtischer Liegenschaften.

  1. Inwieweit hält die Landesregierung die Durchführung von Veranstaltungen gegen eine bestimmte politische Partei in einem staatlich subventionierten Projekt für zulässig? (Wir bitten um eine Begründung zu dieser Antwort)

Die Landesregierung äußert sich ohne erkennbaren Anknüpfungspunkt nicht zu Veranstaltun­gen privatrechtlicher Organisationen, auch wenn diese aufgrund einer privatrechtlichen Nut­zungsvereinbarung in einer städtischen Immobilie untergebracht sind.

  1. Welche zusätzlichen Maßnahmen zum Schutz von Politikern in Köln gerade im ab­gelaufenen Bundestagswahlkampf ergriff die Landesregierung angesichts von Aussagen wie „Leben vermiesen“?

Die Sicherheitsbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen erheben fortwährend sicherheits­relevante Erkenntnisse. Bei Bekanntwerden einer möglichen Gefährdung wird bei der zustän­digen Kreispolizeibehörde eine sogenannte Beurteilung der Gefährdungslage erstellt. Diese umfasst die anlassbezogene oder wiederkehrend vorgenommene Analyse und Bewertung von Informationen sowie die Feststellung des Grades der Gefährdung. Auf dieser Grundlage wer­den dann weitere Schutzmaßnahmen getroffen, die sich nach der Polizeidienstvorschrift 129 Personen- und Objektschutz (VS-NfD) richten.

Somit gibt es keine allgemeingültigen Schutzmaßnahmen für Personen, sondern alle durch die Polizei veranlassten Maßnahmen unterliegen immer einer Einzelfallprüfung und werden hinsichtlich Erforderlichkeit, Dauer, Wirksamkeit und Umfang regelmäßig oder anlassbezogen überprüft. Nach Bekanntwerden einer Gefährdung wird mit Betroffenen unverzüglich ein aus­führliches Sicherheitsgespräch geführt.

Wegen der besonderen Bedeutung von Bedrohungen und Straftaten zum Nachteil politischer Amts- bzw. Mandatsträger hat das Ministerium des Innern mit Wirkung vom 26. Juli 2019 die „Zentrale Ansprechstelle zu polizeilichen Sicherheitsfragen für politische Verantwortungsträ­ger“ eingerichtet. Dort wird sichergestellt, dass im Ereignisfall die zuständige Polizeidienst­stelle unverzüglich informiert wird, Kontakt mit dem Betroffenen aufnimmt und, sofern erfor­derlich, Maßnahmen initiiert. Seit Einrichtung der Anlaufstelle war dies bereits zehn Mal der Fall.

Diese Regularien gelten unabhängig vom Wohn- und Ereignisort landesweit parteiübergrei­fend für alle Funktions- und Mandatsträger.

  1. In welchem Umfang ist das „AZ“ weiterhin ein Zentrum des Linksextremismus’ im Regierungsbezirk Köln im Jahre 2020 und im laufenden Jahr 2021? (Wir bitten hierbei auch um eine Detailbeschreibung der Aktivitäten, z.B. Hausbesetzungen, gewaltsame Störungen von Veranstaltungen und Versammlungen politisch An­dersdenkender, etc.)

Das Autonome Zentrum Köln ist weiterhin ein zentraler Treff- und Anlaufpunkt des autonomen Spektrums aus der Region. Nennenswerte Aktivitäten wurden wegen der weitgehenden Schließung im ersten Halbjahr 2021 zur Einhaltung der Vorgaben des Infektionsschutzgeset-zes nicht bekannt. Die Relevanz des Autonomen Zentrums für die linksextremistische Szene kann exemplarisch an zwei Veranstaltungen mit Öffentlichkeitswirkung verdeutlicht werden: Bei einer Versammlung am 17. April 2021 auf der Luxemburger Straße in der Innenstadt wur­den solidarisierende und auf den Erhalt des autonomen Zentrums gerichtete Ausrufe festge­stellt. Bei der anderen Veranstaltung unter dem Motto „Kein Tag ohne AZ Köln“ fand am 3. Juli 2021 eine Solidaritätskundgebung auf dem Rudolfplatz statt. Im Internet befassen sich die Beiträge des Autonomen Zentrums Köln weiterhin mit den Kernthemen der autonomen Szene wie Antirepression, Antigentrifizierung, Antifaschismus und Anti-rassismus. Der Landesregie­rung liegen derzeit keine Belege dafür vor, dass strafbare Aktionen im Autonomen Zentrum Köln vorbereitet und in der Folge umgesetzt wurden. Für Erkenntnisse aus dem Jahr 2020 wird auf die Antwort auf Frage 1 verwiesen.

 

Antwort als PDF

Beteiligte:
Sven Tritschler