Kleine Anfrage 61
der Abgeordneten Markus Wagner und Prof. Dr. Daniel Zerbin vom 30.06.2022
Groß-Razzia in Flüchtlingsheimen
Am Donnerstagmorgen, den 7. April 2022 haben mehrere hundert Polizeibeamte zahlreiche Asylunterkünfte und Wohnungen in Köln und Wuppertal durchsucht. Die durchgeführte Razzia richtete sich gegen 18 Männer im Alter von 17 bis 60 Jahren, gegen die das Amtsgericht Köln Untersuchungshaft wegen des dringenden Verdachts des gemeinschaftlichen Totschlags angeordnet hatte. Die Durchsuchungen blieben allerdings ergebnislos und keiner der Haftbefehle konnte vollstreckt werden. Die mutmaßlichen Täter seien jetzt europaweit zur Fahndung ausgeschrieben worden. Die Beschuldigten sollen einen 37-jährigen Mann mit Messerstichen und Tritten so schwer verletzt zu haben, dass dieser Ende März trotz mehrerer Notoperationen verstarb.1
Wir fragen die Landesregierung:
- Wie ist mittlerweile der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen? (Bitte Tatverdächtige, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaft der Tatverdächtigen und sonstige polizeilichen Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen)
- Hat man bei der Razzia Waffen jeglicher Art und/oder Substanzen, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, sicherstellen können? (Bitte nach Waffen- sowie Substanzarten aufschlüsseln)
- Bei den mutmaßlichen Tätern soll es sich um Mitglieder einer jugoslawischen Großfamilie handeln. Wie erklärt die Landesregierung den Umstand, dass sich zahlreiche aus Ländern des ehemaligen Jugoslawiens stammende Personen in Flüchtlingsunterkünften aufhalten, obwohl in deren Heimatland keine Fluchtursachen vorherrschen?
- Wie viele offene Haftbefehle gegen in Flüchtlingsunterkünften gemeldete Personen sind zurzeit in Nordrhein-Westfalen noch offen? (Bitte nach Staatsbürgerschaft, Nationalität und Vornamen der Personen aufschlüsseln)
Markus Wagner
Prof. Dr. Daniel Zerbin
1 Vgl. https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2022/razzia-koeln-grossfamilien/.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 61 mit Schreiben vom 28. Juli 2022 im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration sowie dem Minister der Justiz namens der Landesregierung beantwortet.
- Wie ist mittlerweile der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen? (Bitte Tatverdächtige, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaft der Tatverdächtigen und sonstige polizeilichen Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen)
- Hat man bei der Razzia Waffen jeglicher Art und/oder Substanzen, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, sicherstellen können? (Bitte nach Waffen- sowie Substanzarten aufschlüsseln)
Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Zur Beantwortung der Fragen hat mir das Ministerium der Justiz mit Schreiben vom 13.07.2022 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:
„Soweit mein Geschäftsbereich betroffen ist, hat mir der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln unter dem 07.07.2022 zu Frage 1 der o. g. Kleinen Anfrage Folgendes mitgeteilt:
,Die Ermittlungen in dem Verfahren 91 Js 10/22 gegen A. V. u. a. wegen Totschlags u. a. dauern an.
Bislang konnten 25 Personen im Alter von zur Tatzeit 17 bis 60 Jahren namentlich identifiziert werden. Gegen 21 Beschuldigte hat das Amtsgericht Köln antragsgemäß nationale, europäische und internationale Haftbefehle wegen gemeinschaftlichen Totschlags erlassen. Einer der Haftbefehle konnte am 26.04.2022 vollstreckt werden. Der zur Tatzeit 31 Jahre alte bosnisch-herzegowinische Staatsangehörige befindet sich seit dem 27.04.2022 in Untersuchungshaft.
Die Beschuldigten sind teilweise bereits erheblich strafrechtlich in Erscheinung getreten, vorwiegend im Bereich der Eigentumskriminalität.
Zwölf Beschuldigte besitzen die bosnisch-herzegowinische, drei die kroatische, einer die tschechische und ein weiterer die serbisch-montenegrinische Staatsangehörigkeit. Bei vier Beschuldigten ist die Staatsangehörigkeit bislang nicht bekannt geworden.‘
Zu Frage 2 der Kleinen Anfrage hat der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln Folgendes ausgeführt:
,Im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahmen am 07.04.2022 konnten weder Betäubungsmittel noch scharfe Schusswaffen aufgefunden und sichergestellt werden. Neben zwei Schreckschusswaffen wurden keine weiteren Waffen im Sinne des Waffengesetzes sichergestellt.‘
Der Generalstaatsanwalt in Köln hat dem Ministerium der Justiz unter dem 12.07.2022 wie folgt berichtet:
,Gegen die staatsanwaltschaftliche Sachbehandlung habe ich keine Bedenken.‘“
- Bei den mutmaßlichen Tätern soll es sich um Mitglieder einer jugoslawischen Großfamilie handeln. Wie erklärt die Landesregierung den Umstand, dass sich zahlreiche aus Ländern des ehemaligen Jugoslawiens stammende Personen in Flüchtlingsunterkünften aufhalten, obwohl in deren Heimatland keine Fluchtursachen vorherrschen?
Zur Beantwortung der Frage hat mir das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration mit Schreiben vom 08.07.2022 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:
„Die Fluchtgründe sind Gegenstand der beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anhängigen Asylverfahren. Vor diesem Hintergrund liegen dem Land Nordrhein-Westfalen keine Angaben zu möglichen Beweggründen der Flucht vor.“
- Wie viele offene Haftbefehle gegen in Flüchtlingsunterkünften gemeldete Personen sind zurzeit in Nordrhein-Westfalen noch offen? (Bitte nach Staatsbürgerschaft, Nationalität und Vornamen der Personen aufschlüsseln)
Eine Auswertung des polizeilichen Fahndungsbestandes hinsichtlich der Kriterien der Fragestellung ist automatisiert nicht möglich. Eine händische Auswertung ist mit vertretbarem Aufwand in der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu leisten.