Spendenbetrug in Nordrhein-Westfalen

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 280
der Abgeordneten Andreas Keith und Markus Wagner vom 04.08.2022

 

Spendenbetrug in Nordrhein-Westfalen

Hunderte gefälschte Webseiten haben zu Spenden für Menschen, die vom Ukraine-Krieg betroffen sind, aufgerufen. Doch das Geld kam zu häufig nie bei den Betroffenen an. Die Betrüger haben dabei Logos und Brandings bekannter Wohltätigkeitsorganisationen (z.B. „Save the Children“) verwendet, um Spender zu täuschen. Die Betreiber der Spenden-Webseiten gaben entweder vor echte Menschen in der Ukraine zu sein, die Hilfe benötigen, oder die betroffenen Bürger der Ukraine mit Ausrüstung versorgen zu wollen.1

Aber nicht nur im Internet findet regelmäßig Spendenbetrug statt, sondern auch im echten Leben. Hungernde, unterernährte Kinder, offenkundige Folteropfer, eingesperrte oder gequälte Tiere – Bilder, die uns emotional erreichen, Nachdenklichkeit und Betroffenheit auslösen. Spendenbetrüger wissen ganz genau, welche Auslöser die Spendenbereitschaft und Freigiebigkeit befördern. Sie sprechen ihre potentiellen Opfer auf der Straße, in Fußgän­gerzonen, Ladenpassagen, vor Supermärkten, Banken oder Bahnhöfen an.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Wie viele Betrugsdelikte im Zusammenhang mit angeblichen Spendensammlungen sind der Landesregierung seit 2017 in Nordrhein-Westfalen bekannt? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren und Art der Spendensammlung)
  2. Wie hoch belaufen sich die unter Frage 1 jeweils unrechtmäßig eingenommenen Spendengelder?
  3. Welche vermeintlichen Spendenzwecke sind der Landesregierung bei Betrugsdelikten im Zusammenhang mit angeblichen Spendensammlungen in Nordrhein-Westfalen seit 2017 bekannt?
  4. Inwieweit weisen Betrugsdelikte im Zusammenhang mit angeblichen Spendensammlun­gen in Nordrhein-Westfalen Bezüge zum Phänomenbereich der Organisierten Kriminalität auf?
  5. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um Bürgerinnen und Bürger vor falschen Spenden-Webseiten aufzuklären?

Andreas Keith
Markus Wagner

 

Anfrage als PDF

 

1 https://www.bbc.com/news/uk-61079742


Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 280 mit Schreiben vom 2. September 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.

  1. Wie viele Betrugsdelikte im Zusammenhang mit angeblichen Spendensammlun­gen sind der Landesregierung seit 2017 in Nordrhein-Westfalen bekannt? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren und Art der Spendensammlung)
  2. Wie hoch belaufen sich die unter Frage 1 jeweils unrechtmäßig eingenommenen Spendengelder?

Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet.

Als Datenbasis zur Beantwortung der Fragen 1 und 2 dient die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Diese wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt und ist eine Jahresstatistik. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Da die Erfassung dieses Phänomens „Sammlung/Spendenbetrug“ in der PKS erst ab dem Jahr 2019 erfolgte, stehen für die Jahre 2017 und 2018 keine Daten zur Verfügung.

Die Darstellung unterjähriger Entwicklungen in der PKS des Landes Nordrhein-Westfalen be­sitzt lediglich eine eingeschränkte Validität, da Qualitätssicherungsmaßnahmen nicht abschlie­ßend durchgeführt sind.

Vom 01.01.2019 bis einschließlich des ersten Halbjahrs 2022 wurden im Phänomen „Sammlung/Spendenbetrug“ 349 Straftaten erfasst.

Die Schadenssumme beläuft sich auf 135.536,- EUR.

Justizielle statistische Erhebungen im Sinne der Anfrage liegen nicht vor. Dementsprechend bedürfte es zur validen Beantwortung der Fragen 1 und 2, soweit der Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz berührt ist, einer händischen Auswertung sämtlicher in Betracht kom­mender Verfahren, die innerhalb der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht zu leisten ist.

  1. Welche vermeintlichen Spendenzwecke sind der Landesregierung bei Betrugsde­likten im Zusammenhang mit angeblichen Spendensammlungen in Nordrhein-Westfalen seit 2017 bekannt?

Statistische Erhebungen im Sinne der Anfrage liegen nicht vor.

Soweit aus der staatsanwaltschaftlichen Praxis vereinzelt Verfahren im Zusammenhang mit betrügerischen Spendensammlungen berichtet worden sind, sollten die eingeworbenen Spen­den schwererkrankten Kindern, notleidenden Tieren, der Ukraine oder von dort Geflüchteten zu Gute kommen.

  1. Inwieweit weisen Betrugsdelikte im Zusammenhang mit angeblichen Spenden­sammlungen in Nordrhein-Westfalen Bezüge zum Phänomenbereich der Organi­sierten Kriminalität auf?

In zumindest einem dem Ministerium der Justiz berichteten Verfahren sind die Taten nach den bisherigen Ermittlungen nach Struktur und Vorgehensweise insgesamt dem Bereich der Or­ganisierten Kriminalität zuzuordnen.

Im Übrigen konnten aus den in den Jahren 2017 bis 2021 geführten Ermittlungsverfahren im Phänomenbereich keine Erkenntnisse, welche sich auf Betrugsdelikte im Zusammenhang mit Spendensammlungen beziehen, generiert werden.

  1. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um Bürgerinnen und Bürger vor falschen Spenden-Webseiten aufzuklären?

Das Land Nordrhein-Westfalen stellt über das Programm „Polizeiliche Kriminalprävention“ auf der Internetseite https://www.polizei-beratung.de/startseite-und-aktionen/aktuelles/detailansicht/spenden-aber-sicher/ umfangreiche Informationen, Beratungs- und Hilfsangebote sowie Handlungsempfehlungen zu dieser Thematik zur Verfügung.

Zudem informiert die Polizei Nordrhein-Westfalen in diesem Zusammenhang auch ausführlich zur Kriminalität im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine unter dem nachfolgenden Link:

https://polizei.nrw/kriminalitaet-im-zusammenhang-mit-der-aktuellen-lage-in-der-ukraine.

Überdies werden Präventionshinweise zu unseriösen Spendenaufrufen speziell im Zusam­menhang mit der Corona-Pandemie auf der Internetseite https://www.polizei-beratung.de/startseite-und-aktionen/aktuelles/detailansicht/richtig-spen-den/ zur Verfügung gestellt.

Darüber hinaus wird in allen Informationsangeboten auf das Deutsche Institut für Soziale Fra­gen hingewiesen. Auf der Internetseite https://www.dzi.de finden Interessierte eine Liste mit Warnungen vor Organisationen und Vereinen, die sich als nicht vertrauenswürdig herausgestellt haben. Zudem können seriöse Institutionen und Hil­feeinrichtungen auf der Internetseite über eine Datenbank recherchiert werden.

Zusätzlich informieren Mitarbeitende in den 47 Kreispolizeibehörden NRW Bürgerinnen und Bürger anlassabhängig und anlassunabhängig in ihren Präventions- und Beratungsgesprä­chen über unseriöse Spendenaufrufe.

 

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