Kleine Anfrage 518
des Abgeordneten Markus Wagner vom 05.10.2022
Abgeschobene Clanmitglieder – Landesregierung ist immer noch ahnungslos!
Vor vier Jahren hat der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul den Kampf gegen kriminelle Familienclans zur Chefsache erklärt.1 Und auch im Wahlkampf für die Landtagswahl im Mai 2022 wurde die Clan-Kriminalität als ein Schwerpunkt im CDU-Wahlkampf zur Schau gestellt, während es gleichzeitig wiederholt zu Massenschießereien und -schlägereien im Clanmilieu kam. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass diesem wichtigen Thema im Koalitionsvertrag so gut wie kein besonderer Stellenwert beigemessen wird und diese Thematik mit folgenden Worten beinahe beiläufig abgehandelt wird:
„Wir legen bei der Kriminalitätsbekämpfung einen Schwerpunkt auf die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, insbesondere der Clan-Kriminalität sowie der Rocker- und Mafia-Kriminalität. Wir schaffen eine für die Erfassung der Straftaten maßgebliche, einheitliche polizeiliche und justizielle Definition zur Clan-Kriminalität, ohne Personen unter Generalverdacht zu stellen.“2
Leider haben es die Koalitionsparteien versäumt, dem so wichtigen Thema „Clankriminalität“ die nötige und erforderliche Aufmerksamkeit zu geben und es in mehr als einem einzigen Absatz zu behandeln. Ebenfalls sträflich versäumt wurde die Notwendigkeit, eine dringend benötigte Statistik über abgeschobene Clankriminelle einzuführen. Bereits mit Antwort der Landesregierung vom 25. November 2020, Drucksache 17/11975 auf die Kleine Anfrage 4622 vom 23. Oktober 2020 offenbarte sich das nur halbherzig verfolgte Ziel, effizient gegen Clankriminalität vorzugehen. Auf der einen Seite machte zwar die Landesregierung deutlich, dass eine
„konsequente Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen von kriminellen Clanangehörigen mit ausländischer Staatsangehörigkeit“ ein „wichtiges Ziel der Landesregierung zur Verbesserung der nordrhein-westfälischen Sicherheitslage“ sei.3
Gleichzeitig gab sie aber auch auf die Frage, wie viele Straftäter ohne deutsche Staatsangehörigkeit und mit Bezug zum Phänomenbereich der Clankriminalität von 2018 bis zum 23. Oktober 2020 zurückgeführt wurden, an, dass
„statistische Erfassungen im Sinne der Fragestellung der Landesregierung nicht“ vorliegen.4
Und auch auf die Frage, ob der Landesregierung Zahlen über registrierte Wiedereinreisen von bereits zurückgeführten Kriminellen vorliegen, wurde wie folgt geantwortet:
„Statistische Erfassungen im Sinne der Fragestellung liegen der Landesregierung nicht vor.“5
In der Zwischenzeit hat die Landesregierung einige teils groß angelegte Razzien im Clanmilieu in Nordrhein-Westfalen durchgeführt. Allerdings hat sich an der Ahnungslosigkeit der Landesregierung nichts geändert. Denn auf die folgende Frage, die im Innenausschuss am 22. September 2022 über einen Berichtswunsch gestellt wurde:
„Wie viele Clankriminelle aus Mönchengladbach wurden in den letzten fünf Jahren abgeschoben?“
hat die Landesregierung wie folgt wiederkehrend geantwortet:
„Zu der Frage, wie viele kriminelle Angehörige eines Clans aus Mönchengladbach in den letzten fünf Jahren abgeschoben worden sind, hat mir das Ministerium für Kinder, Jugend, Gleichstellung, Flucht und Integration mit Schreiben vom 14.09.2022 mitgeteilt, dass eine statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung nicht erfolgt.“6
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wann will die Landesregierung endlich eine Abschiebeoffensive gegen Clankriminelle mit ausländischer Staatszugehörigkeit starten, um so das kriminelle Personenpotenzial zu vermindern?
- Wann will die Landesregierung sich endlich dafür einsetzen, dass unsere Grenzen so geschützt werden, dass die Entstehung neuer Clans und der personelle Zuwachs für „alte“ Clans gedrosselt werden?
- Zu welchem Zeitpunkt plant die Landesregierung die Einführung einer statistischen Erfassung, wann welches Clanmitglied aus Deutschland abgeschoben wurde?
Markus Wagner
1 Vgl. h tt ps : / / www. Westfalen – blatt .de/ ueberregional /sogar- kinder -von-zeugen- in -gefahr-253 3191.
2 Zukunftsvertrag für Nordrhein-Westfalen – Koalitionsvereinbarung von CDU und Grünen, S. 80.
3 Vgl. http://intranet.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-11975.pdf, S. 2.
4 Ebenda.
5 Ebenda, S. 3.
6 Vgl. Schriftlicher Bericht des Ministeriums des Innern für die Sitzung des Innenausschusses am 22.09.2022 zu dem Tagesordnungspunkt „Mönchengladbach: Schießerei im Rocker-Milieu?“, S. 13.
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 518 mit Schreiben vom 7. November 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.
- Wann will die Landesregierung endlich eine Abschiebeoffensive gegen Clankriminelle mit ausländischer Staatszugehörigkeit starten, um so das kriminelle Personenpotenzial zu vermindern?
- Zu welchem Zeitpunkt plant die Landesregierung die Einführung einer statistischen Erfassung, wann welches Clanmitglied aus Deutschland abgeschoben wurde?
Die Fragen 1 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Die konsequente und prioritäre Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen bei straffälligen ausländischen Staatsangehörigen hat für die Landesregierung hohe Priorität. Das ehemalige Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat vor diesem Hintergrund im Jahr 2018 das Fallmanagement NRW eingerichtet. In diesem Rahmen begleiten und koordinieren Regionale Rückkehrkoordinationsstellen (RRK) bei den fünf Bezirksregierungen gezielt aufenthaltsrechtliche Verfahren und aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ausländischen strafrechtlich auffälligen Personen und bei ausländischen Personen mit erheblich negativem Sozialverhalten. Aktiv unterstützt werden die RRK im Fallmanagement durch die Verbindungsstelle der Polizei zu den Bezirksregierungen in Flüchtlingsangelegenheiten beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW sowie ihre dezentralen Vertretungen vor Ort bei den fünf Bezirksregierungen. Darüber hinaus besteht seit 2021 eine erweiterte Sicherheitskooperation mit dem Ministerium des Innern NRW und dem Landeskriminalamt NRW, die mit dem Fokus auf ausländische Mehrfach- und Intensivtäter sowie organisierte kriminelle Strukturen kontinuierlich ausgebaut wird. Neben diesem operativen Handlungsansatz ist die Implementierung einer gesonderten statistischen Erfassung von Rückführungen von straffälligen Clanangehörigen mit ausländischer Staatsangehörigkeit derzeit nicht vorgesehen.
- Wann will die Landesregierung sich endlich dafür einsetzen, dass unsere Grenzen so geschützt werden, dass die Entstehung neuer Clans und der personelle Zuwachs für „alte“ Clans gedrosselt werden?
Der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes obliegt allein der Bundespolizei.