Bei Dienstwagen der Bundesminister gelten Schweigeklauseln! Wie verschwiegen ist die NRW-Landesregierung?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 554
des Abgeordneten Markus Wagner vom 13.10.2022

 

Bei Dienstwagen der Bundesminister gelten Schweigeklauseln! Wie verschwiegen ist die NRW-Landesregierung?

Die bisherige RBB-Intendantin Patricia Schlesinger kam unter anderem in den Genuss, einen Behördenrabatt von fast 70 Prozent für ihre Audi-Limousine zu erhalten. Welt.de nahm diese Tatsache zum Anlass, um in den einzelnen Bundesministerien und bei den Autoherstellern nachzufragen, ob und in welchem Umfang die Minister bei ihren Dienstlimousinen von Rabatten der Hersteller profitieren und wie die Fahrzeuge ausgestattet sind. Die wenigen Antworten sind allerdings mehr als ernüchternd, und gerade für alle Bürger, die seit Monaten mit einer nie dagewesenen Inflation konfrontiert sind, stellen sie eine abgehobene und dekadente Handlungsweise dar.1

Die Bundesregierung bezieht ihre Limousinen von den drei großen deutschen Autoherstellern Audi, BMW und Mercedes, die somit durch die tägliche politische Berichterstattung zwangsläufig eine wirksame Werbeplattform bekommen – Minister und ihre Dienstfahrzeuge werden regelmäßig gefilmt und fotografiert. Welt.de spricht dabei von einem möglichen verdeckten Sponsoring.2

Nach Angaben des Finanzministeriums liege die Obergrenze für den Kauf eines Fahrzeugs bei 75.000 Euro. Ob im Falle des Arbeitsministers Hubertus Heil, der zwei Fahrzeuge des Typs Mercedes S580 zum Stückpreis von mindestens 132.780 Euro erhalten hat, diese Grenze eingehalten wurde oder der Hersteller einen Rabatt von mindestens 43 Prozent gewährte, ist nicht bekannt. Zum einen, weil die Autos nicht gekauft, sondern geleast sind, zum anderen, weil sich das Ministerium hinsichtlich der Sonderausstattung auf eine „Stillschweigeklausel“ im Vertrag mit den Autobauern beruft. Das Arbeits- wie auch das Bauministerium behaupten zudem, dass die Schweigeklausel über Preise und Konditionen „in den Verträgen für alle Behörden“ stehe.3 Die Obergrenze wird im Übrigen ab dem kommenden Jahr auf 83.000 Euro pro Fahrzeug angehoben.4

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie hoch ist die vorgegebene Obergrenze bei einem Kauf eines neuen Dienstfahrzeugs der Landesregierung aktuell in Nordrhein-Westfalen?
  2. Auf welche Summe wird die Obergrenze bei einem Kauf eines neuen Dienstfahrzeugs der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen im kommenden Jahr angehoben?
  3. Welche Dienstfahrzeuge haben die einzelnen Ministerien in Nordrhein-Westfalen für ihre Minister seit dem 1. Januar 2017 käuflich erworben? (Bitte nach Autohersteller, Anschaffungspreis und Anschaffungsdatum aufschlüsseln bzw. nach der Leasingrate und -dauer aufschlüsseln.)
  4. Über welche Sonderausstattungen verfügen die einzelnen Fahrzeuge der Minister in Nordrhein-Westfalen? (Bitte nach Art wie Panzerung, Sitzheizung, Massagefunktion, Run-Flat-Reifen etc. aufschlüsseln.)
  5. Welche Rabattierungen gewähren die einzelnen Fahrzeugherstellern den Ministerien beim Kauf von neuen Dienstfahrzeugen? (Bitte nach Hersteller und Rabattierungshöhe aufschlüsseln.)

Markus Wagner

 

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1 Vgl. h t t ps :/ / w ww . w el t . de / p ol i t ik / d eu tschland/article241517813/Dienstwagen-der-Bundesregierung-Minister-berufen-sich-auf-Sch w e ig e k l a us e ln .html.

2 Ebenda.

3 Ebenda.

4 Ebenda.


Der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien des Landes Nordrhein-Westfalen und Chef der Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage 554 mit Schreiben vom 23. November 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten sowie allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet.

  1. Wie hoch ist die vorgegebene Obergrenze bei einem Kauf eines neuen Dienstfahr­zeugs der Landesregierung aktuell in Nordrhein-Westfalen?

Die Anschaffungsgrenzen liegen für persönlich zugewiesene Fahrzeuge

–      der oberen Mittelklasse bei 26.331,53 Euro sowie

–      der Oberklasse (Lang- oder Kurzversion) bei 32.722,68 Euro.

Diese Obergrenzen, die ihren Ursprung in einem Kabinettbeschluss aus dem Jahre 2010 fin­den, gelten nicht für sondergeschützte Fahrzeuge.

Bei den Dienstkraftfahrzeugen der Landesregierung handelt es sich um Leasing- bzw. Miet­kraftfahrzeuge, nicht um Kauffahrzeuge, so dass diese Anschaffungsgrenzen keine unmittel­bare Anwendung finden.

  1. Auf welche Summe wird die Obergrenze bei einem Kauf eines neuen Dienstfahr­zeugs der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen im kommenden Jahr angeho­ben?

Es ist bislang nicht beabsichtigt, die oben genannten Anschaffungsgrenzen im Jahr 2023 an­zupassen.

  1. Welche Dienstfahrzeuge haben die einzelnen Ministerien in Nordrhein-Westfalen für ihre Minister seit dem 1. Januar 2017 käuflich erworben? (Bitte nach Autoher­steller, Anschaffungspreis und Anschaffungsdatum aufschlüsseln bzw. nach der Leasingrate und -dauer aufschlüsseln.)
  2. Über welche Sonderausstattungen verfügen die einzelnen Fahrzeuge der Minister in Nordrhein-Westfalen? (Bitte nach Art wie Panzerung, Sitzheizung, Massage-funktion, Run-Flat-Reifen etc. aufschlüsseln.)
  3. Welche Rabattierungen gewähren die einzelnen Fahrzeughersteller den Ministe­rien beim Kauf von neuen Dienstfahrzeugen? (Bitte nach Hersteller und Rabattie-rungshöhe aufschlüsseln.)

Die Fragen 3 bis 5 werden wegen Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Eine Auflistung der erfragten Dienstfahrzeuge ist der Anlage 1 zu entnehmen.

Sämtliche Fahrzeuge liegen innerhalb des für Dienstwagen in NRW im jeweiligen Anschaf­fungszeitraum zulässigen preislichen Rahmens.

Soweit die Frage insbesondere sondergeschützte Fahrzeuge betrifft, würde eine weiterge­hende Beantwortung – auch hinsichtlich des Kaufpreises bzw. der Leasingrate und der Aus­stattungsmerkmale – Rückschlüsse auf den Schutzstatus der Fahrzeuge zulassen und damit Sicherheitsinteressen der Landesregierung beeinträchtigen.

Im Übrigen kann die Landesregierung die erbetene, weitergehende Auskunft nicht erteilen, da der Erteilung der Auskunft grundrechtlich geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter entgegenstehen.

Angaben zu Anschaffungspreis, Leasingraten und Rabattierungen betreffen bereits für sich genommen vertrauliche Informationen zwischen den Marktteilnehmern. Insbesondere im Zu­sammenhang mit dem Listenpreis werden Rückschlüsse auf die interne Kalkulation der Fahr­zeughersteller möglich. An deren Geheimhaltung besteht ein schutzwürdiges Interesse der jeweiligen Anbieter. Zudem würde eine Offenlegung die Position der Landesregierung als Ver­tragspartner für Leasingverträge schwächen und günstige Preisabsprachen zu Lasten des Steuerzahlers in Zukunft erheblich erschwert werden (fiskalisches Interesse des Landes als Marktteilnehmer).

 

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Beteiligte:
Markus Wagner