Silvester 2022 in Essen: Mehrere hundert Personen wüten gewaltbereit gleich in mehreren Stadtteilen

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1044
des Abgeordneten Markus Wagner vom 10.01.2023

Silvester 2022 in Essen: Mehrere hundert Personen wüten gewaltbereit gleich in mehreren Stadtteilen

In der Silvesternacht 2022/2023 kam es zu vielen Einsätzen der Polizei und Rettungskräfte in diversen Stadtteilen von Essen. Das sich darbietende Bild ist immer das gleiche: eine große Ansammlung junger Männer, die aggressiv und gewaltbereit auftreten und für sinnlose Zerstörung sorgen.

Am Wasserturm in Essen-Steele sahen sich die verständigten Polizeibeamte gleich einer Menschenansammlung von rund 200 Personen ausgesetzt, die sich gegenseitig mit Feuerwerkskörpern beschossen. Als die Polizisten am Ort des Geschehens eintrafen, seien auch sie mit Böllern beworfen worden, wodurch zwei Polizeibeamte verletzt wurden.1

Wie Medien berichten, wurden Feuerwehrleute im Essener Stadtteil Kray bei der Ausübung ihrer Arbeit mit Pyrotechnik attackiert und verletzt. Außerdem wird berichtet, dass die Außendekoration sowie Holzpaletten eines Geschäfts im Bereich Krayer Straße/Heinrich-Sense-Weg von mehreren Personen in Brandt gesetzt wurden. Diese flüchteten, als sie die eintreffende Polizei bemerkten.2

Nur kurze Zeit später wurde ein weiterer Brand im Bereich Tempelhof gemeldet. Die dort eingesetzten Polizeibeamte erkannten einen 16 Jahre alten tatverdächtigen Randalierer wieder, der zuvor schon an der Krayer Straße/Heinrich-Sense-Weg gesehen wurde, und konnten ihn vorläufig festnehmen. Dabei wurde ein Polizist verletzt, der den Dienst nicht mehr fortsetzen konnte.3

Am Altenessener Bahnhof und am Katernberger Markt wurden zwei Ticketautomaten vermutlich mit Feuerwerkskörpern gesprengt und zerstört. Außerdem wurde am Katernberger Markt und auf der Hachestraße/Ecke Steeler Straße jeweils eine Bushaltestelle stark beschädigt, das Glas vollständig zertrümmert.4

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu den oben genannten Vorfällen, die sich in Essen ereignet haben? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen der deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Welche der oben beschriebenen Vorfälle/Tatgeschehen wurden als Tumultlage gewertet?
  3. Wie hoch ist der bisher ermittelte finanzielle Sachschaden, der durch die Gewaltexzesse im Zuge der oben beschriebenen Vorfälle entstanden ist?

Markus Wagner

 

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1 Vgl. h t t p s : / / w w w . w a z . d e / s t a e d t e / e s s en/essen-feuerwehrleute-und-polizisten-mit-boellern-beworfen-id237264047.html.

2 Ebenda.

3 Ebenda.

4 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1044 mit Schreiben vom 7. Februar 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu den oben genannten Vorfällen, die sich in Essen ereignet haben? (Bitte Tatver­dächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staats­bürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen der deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  1. Wie hoch ist der bisher ermittelte finanzielle Sachschaden, der durch die Gewaltexzesse im Zuge der oben beschriebenen Vorfälle entstanden ist?

Die Fragen 1 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Die Leitende Oberstaatsanwältin in Essen hat dem Ministerium der Justiz unter dem 13.01. und 18.01.2023 im Wesentlichen Folgendes berichtet:

„I. Geschehen am Wasserturm Essen-Steele

Zu Frage 1:

Etwa in Höhe des Hauses Steeler Str. 178 traf ein Knallkörper gegen 00:30 Uhr gleichzeitig zwei im Einsatz befindliche Polizeibeamte. Beide wurden nur leicht an der Wade verletzt. Sie erlitten ein Hämatom bzw. eine Platzwunde, konnten aber ohne Behandlung im Dienst verblei­ben. Vor Ort hielten sich etwa 150 – 200 Personen in verschiedenen Gruppen auf. Eine Vielzahl von ihnen zündete und warf Feuerwerkskörper. Es ist daher ungewiss, ob der Knallkörper gezielt auf die Polizeibeamten geworfen wurde, oder ob es sich um einen Querschläger ge­handelt haben könnte. Ein Beschuldigter konnte nicht ermittelt werden. Nach ergebnisloser Auswertung der Aufzeichnungen der polizeilichen „Body-Cams“ sind die Ermittlungen wegen des Verdachts von Straftaten des Widerstands gegen die Staatsgewalt (§§ 113 -115 StGB), gegen die öffentliche Ordnung (§§ 125 f. StGB) und die körperliche Unversehrtheit (§§ 223 f. StGB) sowie der Straftatbestände des strafbaren Umgangs mit explosionsgefährlichen Stoffen (§ 40 SprengG) und des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion (Verbrechen nach § 308 StGB) eingestellt worden.

Zu Frage 3:

Hinweise auf einen Sachschaden liegen mir nicht vor.

II. Angriff auf Feuerwehrleute in Essen-Kray

Zu Frage 1:

Am 01.01.2023 gegen 01:30 Uhr bewarfen und beschossen mehrere unbekannte Täter aus einer Gruppe von etwa 50 – 60 Personen heraus im Bereich Albert-Schweitzer-Straße/Philo-sophenweg in Essen-Freisenbruch Feuerwehrleute und ein Löschgruppenfahrzeug bei einem

Einsatz – drei in Brand gesteckte Müllcontainer – mit Knallkörpern und Silvesterraketen. Kurz darauf stellten mehrere Täter einen Tannenbaum in einen Einkaufswagen, setzten diesen in Brand und stießen den Wagen in Richtung der Einsatzkräfte der Feuerwehr. Auch die zur Unterstützung hinzugezogenen Beamten der Polizei wurden von den Randalierern in einer Vielzahl von Fällen mit Feuerwerk beworfen und beschossen. Im Geschosshagel traf eine Ra­kete eine Polizeibeamtin am Fuß.

Zu möglichen Verletzungen, insbesondere etwaigen Knalltraumata von Polizeibeamten oder Feuerwehrkräften, liegen hier noch keine Erkenntnisse vor. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Beschädigung von Sachmitteln der Einsatzkräfte.

Die Ermittlungen wegen des Verdachts von Straftaten des Widerstands gegen die Staatsge­walt (§§ 113 -115 StGB), gegen die öffentliche Ordnung (§§ 125 f. StGB) und die körperliche Unversehrtheit (§§ 223 f. StGB) sowie Taten der Sachbeschädigung (§§ 303 ff. StGB), des strafbaren Umgangs mit explosionsgefährlichen Stoffen (§ 40 SprengG) und des Herbeifüh-rens einer Sprengstoffexplosion (Verbrechen nach § 308 StGB) dauern an. Tatverdächtige konnten bislang nicht namhaft gemacht werden.

Zu Frage 3:

Zur Höhe des Schadens liegen mir keine belastbaren Informationen vor.

III. Brände in Essen-Kray

Zu Frage 1:

Am 01.01.2023 gegen 00:20 Uhr setzten vier Täter u.a. Holzpaletten und die Außendekoration eines nahegelegenen Bekleidungsgeschäfts auf der Kreuzung Krayer Straße/Heinrich-Sense-Weg in Brand. Bei Eintreffen der Polizei konnten die Täter flüchten. Vor Ort informierten Bürger die Beamten, dass Jugendliche an der Krayer Straße / Tempelhof Müll mit Benzin in Brand setzen würden. Auf dem Weg dorthin erkannte ein Polizeibeamter einen der mutmaßlichen Täter, einen 16-jährigen deutschen Staatsangehörigen, wieder. Nach gescheiterter Flucht konnte der Beschuldigte ergriffen und seine Personalien geklärt werden. In Ermangelung eines Haftgrundes wurde der Jugendliche sodann in die Obhut seiner Eltern gegeben. Die in der Presse berichtete Verletzung eines Polizeibeamten geht nicht auf einen Angriff des Beschul­digten zurück. Ein Polizeibeamter stürzte und verletzte sich sein rechtes Knie bei der Verfol­gung der Jugendlichen.

Die Ermittlungen wegen des Verdachts der Sachbeschädigung (§ 303 StGB) und Körperver­letzung (§ 230 StGB) dauern an.

Zu Frage 3:

Zur Höhe des Schadens liegen mir noch keine belastbaren Informationen vor. Der polizeiliche

Sachbearbeiter hat den Schaden auf 600,– Euro geschätzt.

IV. Sachbeschädigung am Altenessener Bahnhof (Ticket-Automat)

Zu Frage 1:

Am 01.01.2023 gegen 00:30 zerstörte ein unbekannter männlicher Täter einen im Bahnhof Altenessen-Süd aufgestellten Ticket-Automaten der Ruhrbahn mittels eines Feuerwerkkör-pers. Die polizeilichen Ermittlungen wegen des Verdachts des Herbeiführens einer Spreng­stoffexplosion (§ 308 StGB) und der Sachbeschädigung (§ 303 StGB) blieben erfolglos, und das Verfahren ist eingestellt worden, ohne dass die Identität des Täters geklärt werden konnte.

Zu Frage 3:

Im Vorgang hat der polizeiliche Sachbearbeiter den Schaden auf 5.000 Euro geschätzt. Ange­sichts des Zerstörungsbildes halte ich einen deutlich höheren Schaden für wahrscheinlich (zu vgl. die Schätzung unter V.).

V. Sachbeschädigungen am Katernberger Markt (Ticket-Automat, Bushaltestelle)

Zu Frage 1:

Der Vorgang liegt mir noch nicht vor. Laut Auskunft der Polizei Essen soll auch dieser Ticket-

Automat mittels eines Feuerwerkkörpers zerstört worden sein.

Zu Frage 3:

Laut Auskunft der Polizei soll die Ruhrbahn AG den ihr entstandenen Schaden auf 33.000

Euro geschätzt haben.

VI. Sachbeschädigung Bushaltestelle Hachestraße/Ecke Steeler Straße

Zu Fragen 1 und 3:

Hachestraße und Steeler Straße kreuzen sich nicht im Gebiet der Stadt Essen. Gemeint sein dürfte möglicherweise die Kreuzung von Holle- (Fortsetzung der Hachestraße) und Steeler Straße. Erkenntnisse zur Beschädigung einer Haltestelle in diesem Bereich liegen mir nicht vor.“

  1. Welche der oben beschriebenen Vorfälle/Tatgeschehen wurden als Tumultlage gewertet?

Keiner der in der Kleinen Anfrage beschriebenen Sachverhalte ist als Tumultlage im Sinne der polizeilichen Definition eingeordnet worden.

 

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Beteiligte:
Markus Wagner