Köln: Brutaler Angriff auf Mitarbeiter eines Sportgeschäfts – Warum wird die Öffentlichkeitsfahndung erst nach fast einem halben Jahr eingeleitet?

Kleine Anfrage
vom 10.10.2023

Kleine Anfrage 2735

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Köln: Brutaler Angriff auf Mitarbeiter eines Sportgeschäfts Warum wird die Öffentlichkeitsfahndung erst nach fast einem halben Jahr eingeleitet?

Bereits am 26. April 2023 kam es im Kölner Stadtteil Ehrenfeld in einem Sportgeschäft in der Venloer Straße zu einem Angriff, bei dem ein Angestellter schwer verletzt wurde. Zuerst griff der Unbekannte den Angestellten mit den Fäusten an. Anschließend nahm er einen Hocker und schlug damit auf das Opfer weiter ein. Im weiteren Verlauf griff der mutmaßliche Täter nach einer Schere, mit der er den 28-jährigen Angestellten bedrohte. Daraufhin floh der Täter in einem rotfarbenem Auto der Marke Smart.1

Während der Tat soll der Mann eine schwarze Jacke und eine schwarze Trainingshose der Marke Adidas getragen haben. Nun hofft die Polizei auf aufmerksame Zeugen, die den Mann kennen könnten, und veröffentlichte die Fotos der Überwachungskamera, um die öffentliche Fahndung gegen den unbekannten Täter einzuleiten.2

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
  2. Warum wurde die Öffentlichkeitsfahndung erst nach mehr als fünf Monaten gestartet?
  3. Wie viele Angriffe auf Mitarbeiter von Geschäften hat es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW gegeben? (Bitte nach Ort, Verletzung sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
  4. Was ist über den Gesundheitszustand des 28-jährigen Opfers bekannt? (Bitte die entstandenen Verletzungen sowie daraus resultierende Langzeitschäden und sonstige Erkenntnisse über den Gesundheitszustand nennen.)
  5. Welche Hilfe (psychologisch wie physisch) wurde dem Opfer bisher angeboten? (Bitte einzeln aufschlüsseln.)

Markus Wagner

 

MMD18-6303

 

1 https://www.bild.de/regional/koeln/koeln-aktuell/brutale-attacke-in-koeln-angreifer-geht-mit-schere-auf-angestellten-los-85577796.bild.html.

2 Ebenda.


Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 2735 mit Schreiben vom 22. November 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)

Der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln hat dem Ministerium der Justiz unter dem 30.10.2023

Folgendes berichtet:

„Wegen des […] in Bezug genommenen Sachverhalts, der sich bereits am 26.04.2022 ereignet hat, führt die Staatsanwaltschaft Köln ein Verfahren gegen unbekannt wegen gefährlicher Kör­perverletzung u. a., dem im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

Am 26.04.2022 betraten zwei männliche Personen die Geschäftsräume eines Sportgeschäfts in Köln-Ehrenfeld, in dem der spätere Geschädigte angestellt war. Kurz zuvor hatte sich eine männliche Person telefonisch in dem Geschäft erkundigt, ob der Geschädigte vor Ort sei. Eine der beiden Personen war dem Geschädigten flüchtig aus einem früheren Verkaufsgeschäft bekannt, ohne dass er jedoch nähere Angaben zur Identifizierung des Tatverdächtigen ma­chen konnte. Nachdem der andere, dem Geschädigten völlig unbekannte Mann nach dem Befinden des Geschädigten gefragt hatte, schlug er unvermittelt mehrfach mit Fäusten auf ihn ein, wodurch der Geschädigte zu Boden stürzte. Daraufhin nahm der Täter einen Hocker und schlug damit wiederholt auf den Geschädigten ein. Anschließend nahm er eine Schere vom Tresen des Geschäfts, hielt sie dem Geschädigten vor und forderte ihn unter Todesdrohungen auf, nicht die Polizei zu informieren. Ferner kündigte er an, Geld zu fordern, wenn er zurück­komme. Schließlich flüchtete er mit seinem Begleiter aus dem Geschäft. In den Folgetagen unternahm der Täter mehrfach den Versuch, den Geschädigten telefonisch zu kontaktieren, worauf dieser jedoch nicht einging.“

  1. Warum wurde die Öffentlichkeitsfahndung erst nach mehr als fünf Monaten gestartet?

In seinem in der Antwort auf die Frage 1 genannten Bericht hat der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln Folgendes ausgeführt:

„Nach einer ausführlichen polizeilichen Vernehmung hat der Geschädigte Einsicht in die Licht-bildvorzeigekartei erhalten. Eine Identifizierung des Täters war ihm dabei jedoch nicht möglich. Eine Überprüfung der Inhaber der Rufnummern, mit welchen der Täter das Geschäft bzw. den Geschädigten kontaktiert hatte, führte ebenfalls nicht zur Ermittlung des Täters, da die An­schlüsse mit nicht existenten Personalien registriert sind. Schließlich sind die Bilder des Täters aus der Videoüberwachung des Geschäfts in das polizeiliche Intranet eingestellt worden, um den Täter namhaft zu machen. Nachdem auch dieser Versuch nicht zu Überführung des Tä­ters geführt hatte, wurde im Mai 2023 ein Beschluss zur Öffentlichkeitsfahndung erwirkt, der am 16.05.2023 an die Polizei übersandt und dort im September 2023 umgesetzt wurde. Dieser Ermittlungsschritt wurde erst zu diesem Zeitpunkt unternommen, da eine Öffentlichkeitsfahn­dung angesichts des damit verbundenen Grundrechtseingriffs höheren Verhältnismäßigkeits-voraussetzungen unterliegt und nur zulässig ist, wenn die Identifizierung des Täters auf ande­rem Wege erheblich weniger Erfolg verspricht. Aufgrund der Öffentlichkeitsfahndung ist inzwi­schen ein konkreter Hinweis eingegangen, dessen Überprüfung andauert. Bislang konnte der Täter nicht identifiziert werden.“

Das Polizeipräsidium Köln hat dem Landeskriminalamt NRW unter dem 09.11.2023 berichtet, dass im Rahmen einer behördeninternen Nachbereitung festgestellt wurde, dass es zu einer zeitverzögerten Umsetzung des gerichtlichen Beschlusses zur Durchführung der Öffentlich­keitsfahndung kam. Diese war auf Abwesenheiten der zuständigen Sachbearbeitung, verbun­den mit einem Dienststellenwechsel, bei gleichzeitig hoher Vorgangsbelastung zurückzufüh­ren. Auch bei anerkannter Aufgabenverdichtung betrachtet das Ministerium des Innern dies als nicht sachgerecht. Das Polizeipräsidium Köln hat die Bearbeitungsdefizite auf Ebene der Leitung der Kriminalinspektion intensiv aufgearbeitet.

  1. Wie viele Angriffe auf Mitarbeiter von Geschäften hat es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW gegeben? (Bitte nach Ort, Verletzung sowie Tätermerkmalen wie Al­ter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfach­staatsangehörigkeit extra ausweisen.)

Datenbasis für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Mitarbeiter von Geschäften werden in der Polizeilichen Kriminalstatistik Nord­rhein-Westfalen nicht gesondert erfasst. Eine insoweit erforderliche händische Auswertung al­ler Vorgänge ist mit einem vertretbaren Verwaltungsaufwand im Rahmen der zur Verfügung stehenden Zeit zur Beantwortung der Kleinen Anfrage nicht möglich.

  1. Was ist über den Gesundheitszustand des 28-jährigen Opfers bekannt? (Bitte die entstandenen Verletzungen sowie daraus resultierende Langzeitschäden und sonstige Erkenntnisse über den Gesundheitszustand nennen.)

Hierzu verhält sich der in der Antwort auf die Frage 1 genannte Bericht wie folgt:

„Der Geschädigte erlitt durch einen der Schläge mit dem Hocker eine Verletzung am Auge, die eine fünftägige stationäre Behandlung erforderte. Von etwaigen Langzeitschäden ist nichts bekannt geworden, zumal der Geschädigte trotz einer entsprechenden Bitte der Polizei keine Unterlagen über seine Heilbehandlung zur Akte gereicht hat.“

  1. Welche Hilfe (psychologisch wie physisch) wurde dem Opfer bisher angeboten? (Bitte einzeln aufschlüsseln.)

Dem Bericht des Leitenden Oberstaatsanwalts in Köln zufolge hat seine Behörde den Geschä­digten durch Übersendung des entsprechenden Merkblatts für Opfer einer Straftat sowohl über seine Verfahrensrechte als auch über Hilfsangebote informiert. Durch die Kreispolizeibehörde Köln wurde unmittelbar nach der zeugenschaftlichen Vernehmung ein Opfernachsorgege-spräch mit dem Geschädigten geführt. Hierbei wurde auf die polizeilichen Angebote des Op­ferschutzes hingewiesen. Eine entsprechende Opferbetreuung wurde durch den Geschädig­ten bislang nicht in Anspruch genommen.

 

MMD18-6910

Beteiligte:
Markus Wagner