Mühlheim: Messerstecherei nach Streit – Erneut sind Jugendliche beteiligt

Kleine Anfrage
vom 27.10.2023

Kleine Anfrage 2794

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Mühlheim: Messerstecherei nach Streit Erneut sind Jugendliche beteiligt

Am Dienstag, den 17. Oktober 2023, eskalierte ein Streit zwischen zwei 17-jährigen Jugendlichen auf einem Mülheimer Spielplatz, in dessen Verlauf einer der beiden durch ein Messer lebensgefährlich verletzt wurde. Die Auseinandersetzung soll auf dem Spielplatz an der Karlsruher Straße in Mülheim-Speldorf stattgefunden haben. Nach dem Streit flohen sowohl der Täter als auch das Opfer vom Tatort. Der schwer verletzte Jugendliche wurde daraufhin von Passanten auf dem Parkplatz eines Supermarktes gefunden, von einem Krankenwagen notärztlich versorgt und anschließend in das Mülheimer Krankenhaus gebracht. Dort musste er durch eine Notoperation gerettet werden.1

Der 19-jährige Bruder des Opfers soll den Vorfall mitbekommen haben und alarmierte daraufhin seinen Vater. Beide verfolgten den Täter und stellten ihn in einem Küchenstudio an der Duisburger Straße, in welches der 17-jährige Tatverdächtige geflohen war. Im weiteren Verlauf entwickelte sich dort eine handgreifliche Auseinandersetzung, bei welcher laut Polizeiauskünften auch der 19-Jährige leicht verletzt worden sein soll.2 Die durch Zeugen alarmierte Polizei versuchte die drei Aggressoren zu trennen, allerdings wehrten sich der Bruder und der Vater des Opfers und mussten überwältigt werden. Der jugendliche Täter soll nun einem Haftrichter vorgeführt werden. Des Weiteren wurde durch die Polizei eine Mordkommission errichtet, die die Ermittlungen übernommen hat und wegen versuchten Totschlags gegen den 17-Jährigen ermittelt. Die Hintergründe der Tat seien bis auf Weiteres allerdings noch unklar.3

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Wie viele Gewaltdelikte gab es seit 2015 bis heute pro Jahr in Mühlheim? (Bitte nach Jahr und Delikt aufschlüsseln.)
  3. Welchen Alterskohorten (0 – 13, 14 – 17, 18 – 21 und über 21) gehörten die für die in Frage 2 abgefragten Gewaltdelikte verantwortlichen Tatverdächtigen zum Tatzeitpunkt an? (Bitte entsprechend der Klammer aufschlüsseln.)
  4. Welches Geschlecht haben die für die in Frage 2 abgefragten Gewaltdelikte verantwortlichen Tatverdächtigen?
  5. Welche Nationalität haben die für die in Frage 2 abgefragten Gewaltdelikte verantwortlichen Tatverdächtigen? (Bitte bei  Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)

Markus Wagner

 

MMD18-6591

 

1 https://www.waz.de/staedte/muelheim/muelheim-streit-unter-jugendlichen-eskaliert-messerangriff-id239826055.html.

2 Ebenda.

3 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2794 mit Schreiben vom 4. Dezember 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Datenquelle für die Beantwortung zu Fragen der Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich jährlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfas­sung.

Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nord­rhein-Westfalen umfangreiche und aufwändige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssiche-rungs-prozesses durch. Insofern liegen die Daten zu Straftaten für das Jahr 2023 derzeit noch nicht qualitätsgesichert vor.

Die Gewaltkriminalität wird in der Polizeilichen Kriminalstatistik unter dem Summenschlüssel: „892000 Gewaltkriminalität“ zusammengefasst und enthält folgende Straftatenschlüssel:

  • 010000 Mord
  • 020000 Totschlag und Tötung auf Verlangen
  • 111000 Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexueller Übergriff im besonders schwe­ren Fall einschl. mit Todesfolge
  • 210000 Raub, räuberische Erpressung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer
  • 221000 Körperverletzung mit Todesfolge
  • 222000 Gefährliche und schwere Körperverletzung, Verstümmelung weiblicher Genita­lien
  • 233000 Erpresserischer Menschenraub
  • 234000 Geiselnahme
  • 235000 Angriff auf den Luft- und Seeverkehr
  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Er­mittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)

Der Leitende Oberstaatsanwalt in Wuppertal hat dem Ministerium der Justiz unter dem 02.11.2023 im Wesentlichen Folgendes berichtet:

„Der 17-jährige Beschuldigte […], welcher sich auf Grund des Haftbefehls des AG Wuppertal vom 18. Oktober 2023 in Untersuchungshaft befindet, ist dringend verdächtig, am 17. Oktober 2023 versucht zu haben, einem 17-Jährigen im Streit mit einem Messer tödliche Verletzungen im Bauchbereich zuzufügen. Der Beschuldigte und der Geschädigte kannten sich aus einem virtuellen Spiel und waren darüber in Streit geraten. Am Tattag reiste der Beschuldigte zum Wohnort des Geschädigten nach Mülheim an der Ruhr und verlangte zur Klärung des Streits ein persönliches Zusammentreffen. Der Beschuldigte und der Geschädigte gerieten hierbei erneut in Streit und beabsichtigten, diesen durch einen Faustkampf auf einem nahegelegenen Spielplatz an der Karlsruher Straße auszutragen. Bevor es zu einem Kampf kam, zog der Be­schuldigte ein Messer und stach auf den Bauch des Geschädigten ein. Gegen ihn wird daher ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung ge­führt. Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen dauern noch an. Der Beschuldigte wurde in Deutschland geboren und ist deutscher und türkischer Staatsangehöriger. Strafrechtlich ist er bislang noch nicht in Erscheinung getreten.“

Zum weiteren Geschehen hat die Leitende Oberstaatsanwältin in Duisburg dem Ministerium der Justiz unter dem 06.11.2023 u. a. Folgendes berichtet:

„Gegen den 19-jährigen Bruder des Opfers sowie den gemeinsamen Vater wird hier auf Grund des dem ursprünglichen Angriffs nachgelagerten Sachverhaltes ein gemeinsames Ermitt­lungsverfahren wegen des Tatvorwurfs der gefährlichen Körperverletzung, der Bedrohung und des Verstoßes gegen das Waffengesetz sowie jeweils noch separat ein weiteres Ermittlungs­verfahren wegen des Tatvorwurfs des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte geführt. […]

Der Sachverhalt stellt sich nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen wie folgt dar:

Im Anschluss an den durch den 17-Jährigen Wuppertaler verübten Angriff verfolgte der Bruder des geschädigten Jungen den Angreifer und kontaktierte parallel den gemeinsamen Vater. Beide konnten den Angreifer in einem Küchenausstattungsgeschäft stellen. Nach dem derzei­tigen Ermittlungsstand sollen ihn der Bruder dort mit einem Messer bedroht und der Vater mit der Faust in das Gesicht geschlagen haben. Sowohl Vater als auch Sohn zeigten sich gegen­über den eintreffenden Polizeibeamten aggressiv. Während die Beamten versuchten, die Par­teien zu trennen, leisteten beide – insbesondere durch Sperren und den Versuch, die Polizei­beamten von Maßnahmen abzuhalten – Widerstand.

Bei dem strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getretenen Vater handelt es sich um einen serbischen Staatsangehörigen, bei dem Bruder um einen deutschen Staatsangehörigen. Seit wann der Bruder über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügt, ist nicht bekannt. Vorstrafen […] liegen nicht vor.

Die Ermittlungen dauern an.“

Der Generalstaatsanwalt in Düsseldorf hat dem Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen unter dem 06.11.2023 im Wesentlichen berichtet, gegen die Sachbehandlung des Leitenden Oberstaatsanwalts in Wuppertal und der Leitenden Oberstaatsanwältin in Duisburg keine Bedenken zu haben.

Von Angaben zu den Vornamen des jugendlichen wie auch des heranwachsenden Beschul­digten wird im vorliegenden Fall unter Abwägung des parlamentarischen Informationsinteres­ses mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Betroffenen und der Unschuldsvermutung sowie dem besonderen Schutz jugendlicher und heranwachsender Straftäter und dem Erzie­hungsgedanken des Jugendstrafrechts abgesehen. Wegen der zeitlichen und örtlichen Ein­grenzung der Taten und weiterer, auch presseöffentlicher Angaben zu den Verfahren wären die Beschuldigten bei Nennung ihrer Vornamen identifizierbar bzw. würde die Gefahr der Iden-tifizierbarkeit erheblich erhöht.

  1. Wie viele Gewaltdelikte gab es seit 2015 bis heute pro Jahr in Mühlheim? (Bitte nach Jahr und Delikt aufschlüsseln.)

Die erfassten Fälle von Gewaltkriminalität in Mülheim bitte ich der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.

Erfasste Fälle von Gewaltkriminalität im Statistikbereich Mülheim; Summenschlüssel: 892000
Jahr Erfasste Fälle
2015 352
2016 409
2017 377
2018 344
2019 347
2020 327
2021 365
2022 473

 

  1. Welchen Alterskohorten (0 13, 14 17, 18 21 und über 21) gehörten die für die
    in Frage 2 abgefragten Gewaltdelikte verantwortlichen Tatverdächtigen zum Tat­zeitpunkt an? (Bitte entsprechend der Klammer aufschlüsseln.)

Die ermittelten Tatverdächtigen, differenziert nach den Altersgruppen Kinder (0 bis 13 Jahre), Jugendliche (14 bis 17 Jahre), Heranwachsende (18 bis 20 Jahre) und Erwachsene (ab 21 Jahren), bitte ich der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.

Tatverdächtige der Gewaltkriminalität (Summenschlüssel 892000) in Mülheim differenziert nach Altersgruppen
Jahr Gesamt Bis unter 14 14 bis un- ter 18 18 bis un-
ter 21
Ab 21
2015 422 12 54 44 312
2016 418 23 47 40 308
2017 393 10 72 46 265
2018 394 21 52 36 285
2019 354 11 54 60 229
2020 353 13 68 43 229
2021 369 13 55 39 262
2022 423 25 68 44 286

 

  1. Welches Geschlecht haben die für die in Frage 2 abgefragten Gewaltdelikte ver­antwortlichen Tatverdächtigen?

Die ermittelten Tatverdächtigen, differenziert nach Geschlecht, bitte ich der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.

Tatverdächtige der Gewaltkriminalität differenziert nach Geschlecht in Mülheim
Jahr Gesamt Geschlecht
Männlich Weiblich
2015 422 367 55
2016 418 346 72
2017 393 327 66
2018 394 314 80
2019 354 306 48
2020 353 290 63
2021 369 299 70
2022 423 354 69

 

  1. Welche Nationalität haben die für die in Frage 2 abgefragten Gewaltdelikte verant­wortlichen Tatverdächtigen? (Bitte bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörig­keit extra ausweisen.)

Die Staatsangehörigkeit der ermittelten Tatverdächtigen im Zusammenhang mit Gewaltkrimi­nalität für den Statistikbereich Mülheim bitte ich der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.

Staatsangehö-
rigkeit
Berichtsjahr
2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022
Deutsch 245 240 251 230 216 214 212 259
Nichtdeutsch 177 178 142 164 138 139 157 164
                 
Afghanistan 1 6 5 2 4 1 3 6
Ägypten 0 0 0 0 0 0 0 1
Albanien 6 7 1 0 2 2 1 2
Algerien 11 5 4 2 2 4 0 2
Armenien 0 0 0 0 1 0 1 0
Bangladesch 0 0 0 1 1 1 2 1
Belgien 0 0 0 0 0 0 0 1
Brasilien 0 0 0 0 0 0 1 0
Bulgarien 6 2 1 3 13 14 9 7
China, Volksre-
publik
0 0 1 1 2 0 0 0
Staatsangehö-
rigkeit
Berichtsjahr
2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022
China, Volksre-
publik
0 0 1 1 2 0 0 0
Dominica 0 0 0 0 0 0 0 1
Elfenbeinküste 0 0 0 0 0 0 1 1
Eritrea 0 0 0 5 0 0 3 1
Estland 0 0 0 0 0 0 1 0
Frankreich 0 1 0 0 1 1 0 1
Georgien 5 1 4 1 0 1 0 1
Ghana 4 1 5 7 1 5 3 5
Griechenland 1 1 2 4 1 0 2 0
Großbritannien
und Nordirland
0 0 0 0 1 1 0 0
Guinea 0 2 5 4 7 6 5 3
Irak 4 7 3 12 1 2 11 5
Iran 1 2 0 3 0 1 1 1
Italien 3 2 2 9 6 4 3 3
Japan 0 0 0 0 0 0 1 0
Kamerun 2 2 0 0 0 0 1 1
Kasachstan 1 0 0 0 0 0 0 0
Kirgisistan 0 0 0 0 0 0 1 0
Kolumbien 0 0 0 0 0 0 1 0
Kongo 0 2 0 0 0 1 0 1
Kosovo 6 4 5 4 2 2 4 2
Kroatien 2 6 2 2 1 1 0 1
Kuba 0 0 0 0 0 2 0 0
Lettland 0 0 0 1 1 0 0 0
Libanon 2 4 2 3 2 2 3 4
Litauen 0 0 0 1 0 0 1 0
Makedonien 10 5 2 2 0 0 0 0
Mali 0 0 0 1 0 1 0 0
Marokko 12 12 4 5 2 3 1 0
Moldau 0 0 0 0 0 0 0 1
Montenegro 0 0 0 1 0 0 0 0
Niederlande 1 0 0 0 0 0 0 1
Nigeria 4 2 2 5 1 5 8 1
Österreich 0 0 0 2 1 0 0 0
Staatsangehö-
rigkeit
Berichtsjahr
2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022
Pakistan 0 0 0 0 3 0 0 1
Polen 12 8 7 6 8 4 9 8
Portugal 2 0 0 3 1 1 0 0
Rumänien 16 1 5 1 0 3 7 2
Russische Föde-
ration
0 4 0 3 1 0 1 5
Serbien 29 21 16 19 13 18 20 29
Sierra Leone 0 0 0 1 0 0 1 2
Slowakei 0 0 0 0 0 0 0 1
Somalia 0 0 0 0 3 0 1 0
Sonstige 1 16 12 0 0 0 0 0
Spanien 0 0 2 1 0 0 2 1
Sri Lanka 2 6 2 3 6 2 0 3
Staatenlos 0 1 1 0 0 0 0 0
Syrien 8 12 21 12 31 21 21 25
Tadschikistan 0 0 0 0 0 0 1 0
Tunesien 0 0 0 1 0 1 2 0
Türkei 24 31 25 26 14 19 15 22
Ukraine 0 0 0 0 0 0 0 3
Ungeklärt 1 0 0 2 3 2 1 4
Vereinigte Staa-
ten von Amerika
0 0 0 0 0 1 0 0
Weißrussland
(Belarus)
0 0 0 0 2 1 1 1

 

MMD18-7183

Beteiligte:
Markus Wagner