Kleine Anfrage 4154
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Düren: Sexueller Übergriff auf Minderjährige im Freibad – Wer sind die Täter?
In einem Jülicher Freibad kam es am Samstag, den 29. Juni 2024, zu einer sexuellen Belästigung. Ein 17-jähriger Jugendlicher sowie ein 30 Jahre alter Mann sollen insgesamt fünf Mädchen im Alter von 13 und 14 Jahren im Intimbereich berührt haben. Gegen 15:45 Uhr soll die Mädchengruppe in einem der Schwimmbecken von den Männern angefasst worden sein. Noch vor Ort sollen die beiden Täter ermittelt und befragt worden sein können. Im Anschluss sei der jüngere Verdächtige dem zuständigen Kreisjugendamt übergeben worden, während sich der 30-Jährige auf freiem Fuß befindet. Nun wurde durch die Polizei ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Von Seiten der Jülicher Stadtwerke werde der Vorfall bedauert und man hoffe auf eine schnelle Verarbeitung des Erlebten. Die Polizei wollte sich zu der Nationalität der Beschuldigten nicht näher äußern. Sie seien in Jülich und Düren wohnhaft.1 Auch nach konkreter Nachfrage durch die JUNGE FREIHEIT wollte die Polizei keine Angaben zur Nationalität der Tatverdächtigen machen. So heißt es, dass „die Tat nicht in Verbindung mit der Nationalität“2 stehe. Überdies wurde sich nicht zum Aufenthaltsstatus der Verdächtigen geäußert. Es wurde lediglich bekannt gegeben, dass die beiden Männer bisher nicht polizeilich in Erscheinung getreten sein sollen.3
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
- Welche Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen sind bekannt?
- Über welchen Aufenthaltsstatus verfügen die beiden Tatverdächtigen?
- Wie viele sexuelle Übergriffe gab es seit 2015 bis heute pro Jahr in nordrhein-westfälischen Schwimm- bzw. Freibädern?
- Wie bewertet die Landesregierung, dass die Polizei (auch) gegenüber Medienvertretern keine Angabe zu Nationalität und Aufenthaltsstatus der Tatverdächtigen machen wollte?
Markus Wagner
3 Ebenda.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4154 mit Schreiben vom 23. August 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration und dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
Die Leitende Oberstaatsanwältin in Aachen hat dem Ministerium der Justiz unter dem 22.07.2024 im Wesentlichen berichtet, die Staatsanwaltschaft Aachen führe aufgrund des in der Kleinen Anfrage geschilderten Geschehens zwei gesonderte Ermittlungsverfahren. Den Beschuldigten werde vorgeworfen, sich unabhängig voneinander wegen sexueller Belästigung gemäß § 184i des Strafgesetzbuches (StGB) zum Nachteil von insgesamt fünf weiblichen Badegästen strafbar gemacht zu haben, wobei gegen den 30-Jährigen ferner der Verdacht bestehe, in einem Fall tateinheitlich einen sexuellen Übergriff gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 3 StGB begangen zu haben. Die Handlungen des 17-Jährigen hätten sich gegen eine 14-Jährige und eine 13-Jährige gerichtet, diejenigen des 30-Jährigen gegen eine 22-Jährige und zwei 14Jährige.
Die Ermittlungen dauerten weiter an.
Von weiteren Angaben zu den näheren Einzelheiten der den Beschuldigten vorgeworfenen Tathandlungen wird mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte der Geschädigten und den Opferschutz sowie im Hinblick auf die noch andauernden Ermittlungen abgesehen. Dem parlamentarischen Informationsinteresse wird insoweit durch die Mitteilung zum Sachstand der Ermittlungen entsprochen.
- Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen sind bekannt?
- Über welchen Aufenthaltsstatus verfügen die beiden Tatverdächtigen? Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Die Personen besitzen die afghanische Staatsangehörigkeit und sind im Besitz von Aufenthaltserlaubnissen.
- Wie viele sexuelle Übergriffe gab es seit dem 2015 bis heute pro Jahr in nordrhein-westfälischen Schwimm- bzw. Freibädern?
Datenquelle für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Daten zu Straftaten für das Jahr 2024 liegen derzeit noch nicht qualitätsgesichert vor.
Zur Beantwortung der Frage wurde der Straftatenschlüssel „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ ausgewertet.
In der Polizeilichen Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen werden Tatörtlichkeiten erst seit dem Jahr 2019 erfasst. Die folgenden Tatörtlichkeiten wurden in die Auswertung mit einbezogen:
- Freibad und
- Hallenbad/Schwimmhalle
Die in Nordrhein-Westfalen polizeilich bekannt gewordenen Fälle von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Zusammenhang mit den Tatörtlichkeiten Freibad und Hallen-bad/Schwimmhalle für die Jahre 2019 bis 2023 sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.
Jahr | Fälle |
2019 | 137 |
2020 | 59 |
2021 | 23 |
2022 | 231 |
2023 | 268 |
- Wie bewertet die Landesregierung, dass die Polizei (auch) gegenüber Medienvertretern keine Angabe zu Nationalität und Aufenthaltsstatus der Tatverdächtigen machen wollte?
Gemäß § 4 Pressegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landespressegesetz) sind grundsätzlich alle Behörden dazu verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Dies gilt nicht, soweit durch sie die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte. Nach der Strafprozessordnung (StPO) obliegt der Staatsanwaltschaft die Führung des Ermittlungsverfahrens; sie hat daher insoweit grundsätzlich die Pressehoheit (siehe Ziffer 9 des gemeinsamen Runderlasses des Justizministeriums – 4600 – III A. 10 – und des Innenministeriums – IV D 1 – 2941 – vom 1.8.1999 „Richtlinie für die Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei“). Ohne vorherige Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft kann die Polizei die Medien daher nur über Strafsachen der leichten und mittleren Kriminalität unterrichten.
Informiert die Polizei selbst über Strafsachen, bestimmt der Runderlass des Ministeriums des Innern vom 15.11.2011 – 401-58.02.05 „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei Nordrhein-Westfalen“ in Ziffer 1, dass auch die „Richtlinien für die publizistische Arbeit nach den Empfehlungen des deutschen Presserats“ (Pressekodex) zu berücksichtigen sind. Nach Ziffer 12.1 des Pressekodex soll „die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten“ grundsätzlich nicht erwähnt werden. Auf die Zugehörigkeit zu einer Minderheit wird daher in der internen und externen Berichterstattung bisher nur hingewiesen, wenn sie für das Verständnis des Sachverhalts oder für die Herstellung eines spezifischen sachlichen Bezugs zwingend erforderlich ist. Die hiermit erforderliche Einzelfallbewertung obliegt der zuständigen Kreispolizeibehörde.