Mehr Straußwirtschaften in NRW ermöglichen – regionale Direktvermarktung stärken – neue Einkommensmöglichkeiten für Landwirte schaffen

Antrag
vom 01.10.2024

Antrag

der Fraktion der AfD

Mehr Straußwirtschaften in NRW ermöglichen regionale Direktvermarktung stärken neue Einkommensmöglichkeiten für Landwirte schaffen

I. Ausgangslage

Im Zuge der Föderalismusreform 2006 wurde den Bundesländern die ausschließliche Gesetz­gebungskompetenz für das Gaststättenrecht übertragen. Das geltende Gaststättengesetz des Bundes behält seine Gültigkeit, soweit die Länder nicht durch den Erlass eigener Gaststätten­gesetze von ihren Kompetenzen Gebrauch machen.

Für den Bereich der Straußwirtschaften haben die meisten Bundesländer mit Weinanbauge­bieten Regelungen in ihren Gaststättenverordnungen erlassen; die übrigen Landesrechte ken­nen Regelungen für Straußwirtschaften nicht. Die Regelungen in den einzelnen Bundeslän­dern sind zwar tendenziell ähnlich, im Detail bestehen aber Unterschiede.

Nach dem Vorbild der süddeutschen „Straußwirtschaften“ können seit dem Jahre 2012 auch in Nordrhein-Westfalen Wein- und Obstbauern ohne bürokratische Hürden selbst produzierte alkoholische Getränke anbieten. Für vier Monate im Jahr ist keine Erlaubnis zum Ausschank von Obstwein und jungem Wein mehr nötig. Die Umsetzung dieser Möglichkeit liegt in den Händen der jeweiligen Kommunen.

NRW ist zwar kein typisches Weinland, es gibt aber mehrere Regionen mit Streuobstbestän-den. Dazu kommen die Weinbaugebiete am Mittelrhein (Siebengebirge) und an der Ahr in der Grenzregion zu Rheinland-Pfalz.

Allen bisherigen Landesverordnungen gemeinsam ist die Feststellung der Erlaubnisfreiheit ei­ner Straußwirtschaft für einen geltenden Zeitrahmen. Allerdings muss der Zeitraum des Aus­schanks vom Betreiber dem jeweils zuständigen Gewerbeamt im Voraus angezeigt werden. Die Straußwirtschaft darf u. a. nicht mit einer anderen Schank- oder Speisewirtschaft oder mit einem Beherbergungsbetrieb verbunden sein. Der Ausschank muss am Ort der Erzeugung erfolgen; ein Anmieten von Räumlichkeiten zum Ausschank ist regelmäßig unzulässig. Es dür­fen nur kalte und einfache warme Speisen angeboten werden.

Vom süddeutschen Raum bis hin nach Südtirol sind Straußwirtschaften oder Buschenschän-ken eine feste Institution. Schon weit vor der Saison freut man sich dort, „zum Heurigen“ hin­auszufahren.

Durch diese Institution wird neben der Akzeptanz der bäuerlichen Landwirtschaft auch die tier­gerechte und naturverträgliche Bewirtschaftung durch die Landwirte gefördert, da die Verbraucher einen direkten Einblick in das Hofleben haben. Eine Straußwirtschaft ermöglicht als saisonaler Gaststättenbetrieb einen direkten Einblick in die landwirtschaftliche Produkti­onsweise und zudem den direkten Austausch zwischen Verbrauchern und Produzenten. Ins­besondere durch die saisonale und regionale Natur dieser Vertriebsform ist eine hohe Um­weltverträglichkeit gesichert, wobei zusätzlich die bäuerliche Kultur erhalten und gefördert wird.

Diese Form der Direktvermarktung ist nicht nur für Wein- und Mostbauern interessant, sondern kann jedem Landwirt die Möglichkeit geben, seine Erzeugnisse direkt zu verkaufen. Da jedoch nur wenige landwirtschaftliche Erzeugnisse ohne Verarbeitung ab Hof vermarktbar oder kon-sumierbar sind, muss die Ausgestaltung der Straußwirtschaften entsprechend flexibel gestal­tet werden.

Der nach wie vor andauernde Strukturwandel in der Landwirtschaft zwingt die Landwirte, sich neue Einkommensmöglichkeiten zu erschließen, wozu eine Ausweitung des Rechts auf eine temporäre Straußwirtschaft ein geeignetes Mittel darstellt.

Dabei ist es gleichgültig, ob der Betrieb nach ökologischen oder konventionellen Grundsätzen geführt wird. Um die positiven Effekte – wie gesteigerte Akzeptanz, Saisonalität, Regionalität und neue Einkommensmöglichkeiten – zu nutzen, ist entscheidend, dass der wesentliche An­teil der angebotenen Speisen und Getränke vom eigenen Hof und aus saisonalem und regio­nalem Anbau stammt.

Die Straußwirtschaften für Höfe jeder Betriebs- oder Bewirtschaftungsform fungieren als un­bürokratische und weniger arbeits- und zeitintensive Betriebszweig-Ergänzung zu den in der Landwirtschaft bereits etablierten Hofcafés, Hofgastronomien und Hofläden.

Eine unbürokratische Ausgestaltung und die ausschließlich saisonale Natur sorgen für einen niedrigschwelligen Zugang für Landwirte, die den Einstieg in eine volle Hofgastronomie wegen des bürokratischen Aufwandes, der Zeitintensität und möglicherweise hohen Investitionen bis­her gescheut haben.

Ebenfalls profitieren würden kleine Verarbeitungs- und Veredelungsbetriebe, wie örtliche Metzgereien und Käsereien, welche die vor Ort produzierten Produkte nach der regionalen Tradition und mit kurzen Lieferketten weiterverarbeiten. Dadurch würden ebenso kleinräumige und damit umweltverträgliche Wirtschaftskreisläufe gestärkt.

Bedingt durch Arbeitsspitzen in der landwirtschaftlichen Arbeit, die zeitliche Einschränkung zu ihrem Betrieb sowie den rein regionalen Charakter der angebotenen Speisen stellen die Straußwirtschaften keine direkte Konkurrenz für die gewöhnliche Gastronomie dar. Ein abge­stimmtes Konzept, das die angebotenen Speisen passend zur Saison und dem landwirtschaft­lichen Jahresablauf zur „Erlebnisgastronomie“ macht, stärkt die Attraktivität einer ganzen Re­gion für den Tourismus, von der sowohl klassische Gaststätten als auch Beherbergungsbe-triebe profitieren.

Eine zukunftsfähige Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen ist lokal verankert und bietet ange­sichts globaler Lieferketten und ständiger Verfügbarkeit aller Lebensmittel herausragende Qualität mit regionalem und saisonalem Bezug an. Dadurch können sowohl die Wirtschaftlich­keit als auch der langfristige Erhalt der Vielfalt in unserer Landwirtschaft gesichert werden.

II. Der Landtag stellt fest,

–        dass die bisherige Regelung zu Straußwirtschaften in Nordrhein-Westfalen einen wich­tigen Schritt zur Stärkung der regionalen Direktvermarktung darstellt;

–        dass die bisherige Regelung zu Straußwirtschaften in Nordrhein-Westfalen mögliche Po­tentiale ungenutzt lässt und deshalb ausgeweitet werden muss;

–        dass die heimische Landwirtschaft angesichts der Globalisierung und des fortschreiten­den Strukturwandels mehr Möglichkeiten braucht, um ihren langfristigen Fortbestand und ihre Wirtschaftlichkeit zu sichern;

–        dass Straußwirtschaften eine gute Möglichkeit für landwirtschaftliche Betriebe jeder Be-wirtschaftungs- und Betriebsform bieten, um zusätzliche Einkommensquellen zu er­schließen;

–        dass Straußwirtschaften einen guten Beitrag zum Erhalt der heimischen Landwirtschaft, zur Steigerung der Akzeptanz der heimischen Landwirtschaft und zur Pflege der bäuer­lichen Kultur leisten;

–          dass Straußwirtschaften den Vertrieb von saisonalen und regionalen Produkten fördern;

–        dass durch Straußwirtschaften die besonders umweltfreundlichen lokalen Wirtschafts­kreisläufe gefördert werden.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

–        die bestehende Landesverordnung für Straußwirtschaften unbürokratisch auf alle land­wirtschaftlichen Betriebe auszudehnen, sofern diese im Rahmen ihrer Straußwirtschaft im Wesentlichen regionale oder selbsterzeugte Nahrungsmittel anbieten;

–        die bestehende Landesverordnung für Straußwirtschaften dahingehend zu verändern, dass auch komplexere Speisen angeboten werden dürfen, sofern deren wesentlicher Bestandteil ausschließlich selbsterzeugt und regional oder selbst verarbeitet wurde.

Zacharias Schalley

Christian Loose

Dr. Martin Vincentz

und Fraktion

 

MMD18-10885