Verbraucherschutz oder bürokratische Kostenmaschine?

Kleine Anfrage
vom 16.01.2025

Kleine Anfrage 4977

des Abgeordneten Zacharias Schalley AfD

Verbraucherschutz oder bürokratische Kostenmaschine?

Die amtierende Landesregierung propagiert das Leitbild des mündigen Verbrauchers, während gleichzeitig kleine und mittelständische Unternehmen entlastet werden sollen.

In einem am 14.11.2024 auf dem Instagramauftritt der Landbäckerei Elshoff aus Nordwalde veröffentlichten Video erläutert ein Mitarbeiter, wie sich für das besagte Unternehmen der Versuch gestaltete, Kaffee mit Bio-Zertifizierung anzubieten.1 Zur Kontrolle der Einhaltung der EU-Öko-Verordnung sei ein Vertreter des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) im Betrieb vorstellig geworden. Dieser Kontrollbesuch und die Fahrtkosten für den Vertreter des LANUV seien der Landbäckerei Elshoff in Rechnung gestellt worden.

Vor diesem Hintergrund frage ich:

  1. Welche Kosten stellt das LANUV Betrieben in Rechnung, wenn es die Einhaltung von Zertifizierungen kontrolliert?
  2. Wie viele Kontrollen in Bezug auf Zertifizierungen hat es in den Jahren 2022 bis 2024 gegeben? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr, Zertifizierung und Ort)
  3. Wie hoch waren die den Betrieben für örtliche Kontrollen des LANUV in Rechnung gestellten Reisekosten in den Jahren 2022 bis 2024? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr und Landkreis)
  4. Wie hat sich die Zahl der Mitarbeiter im LANUV entwickelt, die als Lebensmittelkontrolleure oder Kontrolleure für Zertifzierungen im Zeitraum von 2014 bis 2024 entwickelt?
  5. Was plant die Landesregierung zur Entlastung von Betriebe im Bezug auf Kontrollen und deren Kosten?

Zacharias Schalley

 

MMD18-12468

 

1 https://www.instagram.com/p/DCW4-bLvnv1/


Die Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 4977 mit Schreiben vom 10. Februar 2025 namens der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Hintergrund der Kleinen Anfrage ist ein Video, das am 14. November 2024 auf dem Instagram-Kanal einer Bäckerei mit Sitz in Nordrhein-Westfalen veröffentlicht wurde. Im Video wird auf eine Kontrolle des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) Bezug genommen. Die Kontrolle fand laut Datenlage beim LANUV bereits am 31. März 2016 statt. Nach Feststellung eines Verstoßes gegen geltendes Recht (Auslobung von Bioprodukten ohne Teilnahme am gesetzlich vorgeschriebenen Öko-Kontrollverfahren) wurden Gebühren für die Kontrolle gemäß Allgemeiner Verwaltungsgebührenordnung NRW erhoben. Bei der Beantwortung der Fragen 1 bis 4 wird daher auf Unternehmenskontrollen des LANUV im Rah­men der Marktüberwachung Bezug genommen, die die Einhaltung der gesetzlichen Pflicht zur Teilnahme am Öko-Kontrollverfahren zum Gegenstand haben. Diese Pflicht verlangt grund­sätzlich eine Zertifizierung der Unternehmen, die Öko-Produkte ausloben, durch anerkannte (private) Öko-Kontrollstellen.

  1. Welche Kosten stellt das LANUV Betrieben in Rechnung, wenn es die Einhaltung von Zertifizierungen kontrolliert?

Amtshandlungen auf der Grundlage der EU-rechtlichen und nationalen Vorschriften zum öko­logischen Landbau fallen in den Anwendungsbereich der Allgemeinen Verwaltungsgebühren­ordnung NRW (AVwGebO NRW).

Gemäß den übergreifenden Regelungen der einschlägigen Anlage 5 (Landwirtschaft) der AVwGebO NRW berechnet das LANUV für entsprechende Amtshandlungen den Zeitaufwand je angefangene 15 Minuten nach den jeweils gültigen Stundensätzen. Außerdem werden die im Zusammenhang mit der Behördentätigkeit anfallenden Vorbereitungs-, Fahr-, Warte- und Nachbereitungszeiten als Zeitaufwand mitberechnet und die Auslagen gesondert berechnet.

Im Zuge der Anpassung der Gebührentarifstellen an das geänderte EU-Recht können derzeit für Kontrollen zur Überwachung der Zertifizierungspflicht von Unternehmen keine Gebühren erhoben werden. Mit der anstehenden Änderung der AVwGebO NRW ist eine Gebührenbe­scheidung aufgrund angepasster Formulierung der betreffenden Tarifstelle wieder möglich. Die Biodiversitätsberatung der Landwirtschaftskammer NRW konnte in den vergangenen Jah­ren sukzessive ausgebaut werden, zunächst finanziert im Rahmen von Projekten, seit dem Jahr 2021 auch mit Landesmitteln. Im Kreis Olpe wird eine kostenfreie Biodiversitätsberatung seit Oktober 2022 angeboten. Landwirtschaftliche Betriebe werden auf Wunsch bei der Pla­nung, Beantragung und der weiteren Umsetzung von Fördermaßnahmen begleitet. Ein Schwerpunkt sind dabei die im Rahmen des GAP-Strategieplans angebotenen Öko-Regelun-gen und verschiedene Agrarumwelt- sowie Vertragsnaturschutzmaßnahmen. Im Rahmen der kostenfreien Biodiversitätsberatung wurden im Kreis Olpe im Wirtschaftsjahr 2022/2023 vier landwirtschaftliche Vor-Ort-Betriebsberatungen durchgeführt, im Wirtschaftsjahr 2023/2024 zwei und im aktuellen Wirtschaftsjahr eine Betriebsberatung. Hinzu kamen zahlreiche Telefon­beratungen ohne Besuch der Betriebe vor Ort. Zudem wurden im Jahr 2024 zwei Veranstal­tungen, eine in Zusammenarbeit mit der Landesvereinigung Ökologischer Landbau NRW und der Grünlandberatung der Landwirtschaftskammer, zur extensiven Nutzung von Dauergrün­land durchgeführt.

  1. Wie viele Kontrollen in Bezug auf Zertifizierungen hat es in den Jahren 2022 bis 2024 gegeben? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr, Zertifizierung und Ort)

Alle hier betrachteten Kontrollen zielen auf eine Zertifizierungspflicht nach Öko-Recht ab. Bei den in der nachfolgenden Übersicht angegebenen Orten handelt es sich um die jeweiligen Firmensitze. Einzelne Kontrollen haben auch in Filialen stattgefunden.

Tabelle 1: Anzahl der Kontrollen aufgeschlüsselt nach Ort und Jahr

2022   2023   2024  
Aachen 2 Aachen 6 Aachen 4
Arnsberg 1 Alfter 1 Alfter 1
Bochum 3 Bad Arolsen 1 Bad Arolsen 1
Bonn 1 Bielefeld 6 Bielefeld 6
Dortmund 7 Bochum 2 Bochum 4
Duisburg 4 Bonn 1 Bonn 1
Düsseldorf 9 Bottrop 1 Coesfeld 1
Erkrath 1 Dortmund 6 Dortmund 3
Essen 2 Duisburg 1 Duisburg 1
Gengenbach 2 Düsseldorf 6 Düsseldorf 14
Köln 2 Essen 8 Engelskirchen 1
Langenfeld 1 Haan 1 Erkrath 1
Leverkusen 1 Hagen 2 Essen 10
Meerbusch 1 Herdecke 1 Frechen 2
Mülheim a. d. Ruhr 5 Köln 13 Gelsenkirchen 3
Münster 6 Krefeld 2 Greven 1
Neuss 1 Kreuztal 3 Hagen 1
Tecklenburg 1 Leichlingen 1 Haltern am See 1
    Lotte 1 Herdecke 2
    Lüdinghausen 1 Hückelhoven 2
    Mönchenglad- bach 2 Jülich 1
    Münster 8 Köln 20
    Oberhausen 3 Krefeld 2
    Osnabrück 1 Langenfeld 1
    Paderborn 1 Löhne 1
    Recklinghausen 2 Marienmünster 2
    Wesel 1 Monheim 3
    Witten 1 Monschau 1
    Wuppertal 1 Mülheim a. d. Ruhr 2
        Münster 5
        Neuss 1
        Oerlinghausen 1
        Paderborn 2
        Preußisch-Olden- dorf 1
        Recklinghausen 1
        Rheinbach 1
        Sprockhövel 1
        Tecklenburg 1
        Wetter 1
        Witten 2
        Xanten 1

 

  1. Wie hoch waren die den Betrieben für örtliche Kontrollen des LANUV in Rechnung gestellten Reisekosten in den Jahren 2022 bis 2024? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr und Landkreis)

In den Jahren 2022 bis 2024 wurden vom LANUV aufgrund der geltenden Rechtslage der AVwGebO NRW keine Reisekosten im Zuge von Kontrollen zur Überwachung der Zertifizie-rungspflicht im Bereich des ökologischen Landbaus bei den Unternehmen in Nordrhein-West­falen erhoben.

  1. Wie hat sich die Zahl der Mitarbeiter im LANUV entwickelt, die als Lebensmittel­kontrolleure oder Kontrolleure für Zertifzierungen im Zeitraum von 2014 bis 2024 entwickelt?

Die nachfolgende Übersicht gibt zum einen die Anzahl der Personen wieder, die im Aufgaben­bereich der Marktüberwachung tätig sind, und zum anderen die Vollzeitäquivalente, errechnet anhand der für die Kontrolle der Zertifizierungspflicht im Bereich des ökologischen Landbaus aufgewendeten Stundenzahl.

Tabelle 2: Personalaufwand

Jahr Personenzahl (Köpfe) Vollzeitäquivalente (VZÄ)
2014 3 0,37
2015 5 0,09
2016 6 0,10
2017 5 0,12
2018 5 0,20
2019 4 0,16
2020 6 0,16
2021 3 0,08
2022 4 0,13
2023 5 0,23
2024 3 0,23

 

  1. Was plant die Landesregierung zur Entlastung von Betrieben in Bezug auf Kon­trollen und deren Kosten?

Kontrollen des LANUV im Bereich der Marktüberwachung im ökologischen Landbau erfolgen in Umsetzung der Verordnung (EU) 2018/848, der Verordnung (EU) 2017/625 und des Öko-Landbaugesetzes unter Berücksichtigung der Schutzinteressen der Verbraucher, des Wettbe­werbs und der gebotenen Entlastung der Unternehmen von unnötigen Kontrollen und Gebüh­ren. Vorrangig erfolgen im genannten Aufgabenbereich Kontrollen, um Beschwerden Dritter nachzugehen, und bei vorangegangenen Verstößen.

Im Hinblick auf die in Rede stehende Überwachung der Zertifizierungspflicht im Bereich des ökologischen Landbaus durch das LANUV wird darauf hingewiesen, dass nur bei der Feststel­lung eines Verstoßes ein Gebührenbescheid erlassen wird. Zudem werden möglichst mehrere Kontrollen im Rahmen einer Dienstreise durchgeführt, wodurch die entstehenden Kosten auf­geteilt werden können.

 

MMD18-12760