Siegen: Prozess wegen eines Messerangriffs und Debatte um zunehmende Gewalt

Kleine Anfrage
vom 16.01.2025

Kleine Anfrage 4979

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Siegen: Prozess wegen eines Messerangriffs und Debatte um zunehmende Gewalt

Am Bahnübergang Siegen-Weidenau eskalierte im Juni 2024 ein Streit zwischen zwei Männern und endete in einem Messerangriff. Ein 22-Jähriger stach drei Mal auf einen 37­Jährigen ein, der schwer verletzt zusammenbrach. Die Angriffe hätten tödlich enden können – nur eine Rippe des Opfers verhinderte, dass die Klinge die Lunge perforierte. Der Täter wurde nach dem Vorfall festgenommen und steht nun wegen versuchten Totschlags vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Siegen. Der Angriff begann laut Anklage mit einer Beleidigung des späteren Opfers, die den mutmaßlichen Täter wütend machte. Es kam zu einer körperlichen Auseinandersetzung, in deren Verlauf der Jüngere das Opfer wiederholt schlug. Ein Zeuge versuchte, den Streit zu schlichten. Dennoch eskalierte die Situation weiter: Der Angeklagte holte ein Messer aus seinem Rucksack und fügte dem Opfer mehrere Stiche zu. Der Zeuge griff erneut ein und konnte den Angriff stoppen, doch der 37-Jährige brach schwer verletzt an einer Parkbank zusammen. Am 19. November 2024 wurde die Anklage verlesen. Der Verteidiger kündigte an, dass sich sein Mandant zur Tat äußern werde. Die Urteilsverkündung ist für den 16. Dezember angesetzt.1

Der Vorfall ist einer von sechs Messerangriffen, die innerhalb von drei Monaten in Siegen verzeichnet wurden. Diese Serie hat die öffentliche Aufmerksamkeit auch in Siegen auf die Problematik der Messergewalt gelenkt, die bundesweit zunehmend als Sicherheitsrisiko wahrgenommen wird. In Reaktion auf die Vorfälle hat die Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein an der nordrhein-westfälischen Präventionskampagne „Besser ohne Messer“ teilgenommen. Zudem wurde am 15. November am Hauptbahnhof Siegen ein Verbot für gefährliche Gegenstände erlassen. Diese Regelung gilt an insgesamt 26 Bahnhöfen in Nordrhein-Westfalen bis zum 23. Dezember und soll mit verstärkten Kontrollen umgesetzt werden, um insbesondere in der Vorweihnachtszeit für mehr Sicherheit in Innenstädten und auf Weihnachtsmärkten zu sorgen. Der Fall verdeutlicht die Herausforderungen, vor denen Kommunen und Sicherheitsbehörden stehen. Neben rechtlichen Konsequenzen für Täter wird auch die gesellschaftliche Debatte um Gewaltprävention und öffentliche Sicherheit intensiver geführt. Die Kombination aus Präventionsmaßnahmen und verschärfter Kontrolle zeigt, dass die Behörden das Problem ernst nehmen und aktiv handeln.2

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
  2. Wie viele Gewalttaten auf öffentlichen Straßen und Plätzen, bei denen ein Messer eingesetzt wurde, wurden in Siegen von 2015 bis heute pro Jahr registriert?
  3. Über welche Nationalität verfügen die unter Frage 2 abgefragten Straftaten verantwortlichen Tatverdächtigen?
  4. Welche Mehrfachstaatsangehörigkeiten haben die unter Frage 2 abgefragten Straftaten verantwortlichen Tatverdächtigen jeweils?
  5. Wie lauten die Vornamen der unter Frage 2 abgefragten Straftaten verantwortlichen deutschen Tatverdächtigen jeweils?

Markus Wagner

 

MMD18-12470

 

1 Vgl. https://www.wp.de/lokales/siegen-und-umland/article407716624/siegen-er-beleidigt-die-mutter-des-anderen-und-der-sticht-zu.html.

2 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4979 mit Schreiben vom 10. Februar 2025 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Datenquelle für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfas­sung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nord­rhein-Westfalen umfangreiche und aufwändige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssiche-rungsprozesses durch. Insofern liegen die Daten zu Straftaten des Jahres 2024 nicht vor.

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Er­mittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftat­bestände aufschlüsseln.)

Die Leitende Oberstaatsanwältin in Siegen hat dem Ministerium der Justiz unter dem 20.01.2025 im Wesentlichen berichtet, das Landgericht Siegen habe eine seit dem 24.12.2024 rechtskräftige Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten wegen versuchten Tot­schlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung festgesetzt. Dem auf die Urteilsfest­stellungen gestützten Bericht zufolge kam es am 18.06.2024 zu einer Begegnung und Ausei­nandersetzung zwischen dem Verurteilten und dem Geschädigten. Nachdem letzterer sich entfernt habe, sei der Verurteilte auf ihn zugelaufen und habe ein Messer drei Mal in den Rü­cken des Geschädigten gerammt, ehe es diesem gelungen sei, dem Verurteilten das Messer zu entreißen.

  1. Wie viele Gewalttaten auf öffentlichen Straßen und Plätzen, bei denen ein Messer eingesetzt wurde, wurden in Siegen von 2015 bis heute pro Jahr registriert?

Seit Einführung eines Tatmittelkatalogs im Jahr 2019 lässt sich die Verwendung von Waffen und gefährlichen Gegenständen in der Polizeilichen Kriminalstatistik NRW auswerten. Grund­sätzlich reicht das bloße Mitführen bei der Tatbegehung für die Erfassung nicht aus, die Tat­mittel müssen konkret bei der Begehung der Tat eingesetzt werden. Eine Ausnahme bilden die Verstöße gegen das Waffengesetz, bei denen das Tatmittel stets erfasst wird, auch unab­hängig von einer konkreten Nutzung.

Zur Beantwortung der Frage wurde der Summenschlüssel „Gewaltkriminalität“ ausgewertet. Der Summenschlüssel der „Gewaltkriminalität“ umfasst folgende Delikte:

  • Mord
  • Totschlag und Tötung auf Verlangen
  • Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexueller Übergriff im besonders schweren Fall einschl. mit Todesfolge
  • Raub, räuberische Erpressung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer
  • Körperverletzung mit Todesfolge
  • Gefährliche und schwere Körperverletzung, Verstümmelung weiblicher Genitalien
  • Erpresserischer Menschenraub
  • Geiselnahme
  • Angriff auf den Luft- und Seeverkehr.

Die polizeilich bekannt gewordenen Fälle der Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein mit dem „Tatmittel Messer“ bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen.

Berichtsjahr Fälle
2019 14
2020 10
2021 10
2022 11
2023 9

Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen

  1. Über welche Nationalität verfügen die unter Frage 2 abgefragten Straftaten verant­wortlichen Tatverdächtigen?

Nach den bundeseinheitlichen Erfassungsrichtlinien der Polizeilichen Kriminalstatistik wird nur eine Staatsangehörigkeit für einen Tatverdächtigen erfasst. Die Tatverdächtigen, die eine deutsche und eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit besitzen, werden in der Polizeilichen Kriminalstatistik mit der deutschen Staatsangehörigkeit ausgewiesen.

Die entsprechenden Staatsangehörigkeiten bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen.

Staatsangehörigkeiten 2019 2020 2021 2022 2023
Afghanistan 1 0 1 0 0
Albanien 0 1 0 0 0
Aserbaidschan 1 0 0 0 0
Deutschland 11 7 4 5 7
Guinea 0 0 1 0 3
Irak 1 0 0 0 0
Kosovo 0 0 1 0 0
Libanon 1 0 0 0 0
Moldau 0 1 0 0 0
Nordmazedonien 0 1 0 0 0

 

Staatsangehörigkeiten 2019 2020 2021 2022 2023
Rumänien 0 3 0 0 1
Russische Föderation (Russland) 2 0 0 0 0
Serbien 0 0 1 0 0
Syrien Arabische Republik 2 1 2 5 1
Tunesien 0 1 0 0 2
Türkei 1 1 1 0 0
Ungeklärt 0 0 0 1 0

Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen

  1. Welche Mehrfachstaatsangehörigkeiten haben die unter Frage 2 abgefragten Straftaten verantwortlichen Tatverdächtigen jeweils?

Ich verweise auf die Antwort der Landesregierung auf Frage 2 der Kleinen Anfrage 1970 (LT- Drs. 18/5015).

  1. Wie lauten die Vornamen der unter Frage 2 abgefragten Straftaten verantwortli­chen deutschen Tatverdächtigen jeweils?

Die Vornamen der polizeilich bekannt gewordenen Tatverdächtigen bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen.

Vornamen 2019 2020 2021 2022 2023
Alex 0 1 0 0 0
Annika 1 0 0 0 0
Cebrail 0 0 0 0 1
Cedric 1 0 0 0 0
Cuma 1 0 0 0 0
Dennis 1 0 0 0 0
Domenick 0 0 0 1 0
Durim 0 0 1 0 0
Enrico 0 0 1 0 0
Fadi 1 0 0 0 0
Jan-Philip 0 1 0 0 0
Josh 0 0 0 1 0
Lennart 0 0 0 0 1
Leon 0 0 0 0 1
Lucas 0 0 0 1 0
Malek 1 0 0 0 0
Meikel 0 0 1 0 0
Merlin 0 1 0 0 0
Michael 1 0 0 0 0
Mohammad 0 0 0 0 1

 

Vornamen 2019 2020 2021 2022 2023
Mustafa 1 0 0 0 0
Nils 0 1 0 0 0
Noel 0 0 0 0 1
Özgürcan 0 0 0 0 1
Ralf 0 1 0 0 0
Sabos 0 1 0 0 0
Sait 1 1 0 0 0
Sameer 0 0 0 1 0
Sascha 0 0 0 1 0
Seckin 1 0 0 0 0
Soufiane 1 0 0 0 0
Xhevdet 0 0 0 0 1
Zafer 0 0 1 0 0

Quelle: Polizeiliche Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen

 

MMD18-12764

Beteiligte:
Markus Wagner