Deutsche Staatsbürgerschaft für alle?

Vor einer Weile warb NRWs Staatssekretärin für Integration, Serap Güler, für niedrigere Einbürgerungshürden für Türken der ersten Gastarbeitergeneration.

Diese ab 1961 angeworbenen Menschen hätten sich längst zu unserem Land bekennen können. Darauf hingewiesen, überrascht die Landesregierung mit noch größeren Plänen.

„Wir würden uns wünschen, dass der Bund der ersten Gastarbeiter-Generation die Möglichkeit einräumt, sich einbürgern zu lassen, ohne den türkischen Pass abgeben und ohne einen Einbürgerungstest ablegen zu müssen.“ Das sagte CDU-Politikerin Güler der WAZ am 8. Dezember 2019. Wo soll man anfangen?

Zum einen ist es paradox, seit Jahrzehnten in NRW lebenden Migranten, die bislang anscheinend auch gut darauf verzichten konnten, jetzt die deutsche Staatsbürgerschaft schmackhaft zu machen – zumal die benötigten Voraussetzungen bereits viel zu lasch sind.

Außerdem wäre eine Vorzugsbehandlung explizit für türkische Personen ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß GG Art. 3 – das kann die Landesregierung doch nun wirklich nicht wollen, oder?

Nein, angeblich nicht. Schon in der Vorbemerkung ihrer Antwort an die integrationspolitische Sprecherin der AfD-Fraktion NRW, Gabriele Walger-Demolsky, erklärt sie:

„Sonderregelungen“ für türkische Gastarbeiter würde es nicht geben. Stattdessen sollen „die geplanten Neuregelungen“ für einfach alle Gastarbeiter gelten, also auch für Italiener, Spanier, Griechen, Marokkaner, Südkoreaner, Portugiesen, Tunesier, Jugoslawen, ja sogar ehemalige DDR-Vertragsarbeiter aus Angola, Mosambik und Vietnam seien gemeint! Die hatte Frau Güler wohl alle vergessen.

In einem anderen Punkt klingen sie und die Landesregierung jedoch fast wortgleich:

Der Grund für die gewünschte Absenkung der rechtlichen Einbürgerungshürden liege „in der Anerkennung der Lebensleistung und Wertschätzung der ersten Einwanderergeneration“. Diese hätte schließlich „einen wesentlichen Beitrag zur positiven Entwicklung Deutschlands erbracht“. Dazu muss gesagt werden:

Nicht Italiener oder Griechen, geschweige denn Südkoreaner sind in NRW hinter Syrern die zweitgrößte Ausländergruppe, die Hartz-IV bezieht – sondern Türken.

Trotzdem würden am meisten Türken von einer vereinfachten Einbürgerung profitieren. Sie bilden die mit Abstand größte infrage kommende Gruppe. Doch über wie viele Menschen reden wir eigentlich insgesamt? Das weiß nicht einmal das Integrationsministerium.

„Türkische Gastarbeiter hatten bis zu 59 Jahre Zeit, sich bei uns zu integrieren und dann auch deutsche Staatsbürger zu werden“, kommentiert Gabriele Walger-Demolsky. „Bedauerlicherweise haben das viele versäumt und selbst ihren Kindern zum größten Teil die Integration nicht besonders leicht gemacht. Ihnen jetzt die deutsche Staatsbürgerschaft hinterherzutragen, erschließt sich mir nicht.“

zum AfD-Antrag und Antwort der Landesregierung: https://bit.ly/2LMXtY8

Weitere Beiträge