Unfallgefahr beim NRW Güterzugverkehr: Wie sicher sind die Güterbahnstrecken?

Antwort
der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1348 vom 9. Februar 2023 des Abgeordneten Klaus Esser AfD
Drucksache 18/2957

Unfallgefahr beim NRW Güterzugverkehr: Wie sicher sind die Güterbahnstrecken?

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

Die Eisenbahn gilt im Vergleich zum Straßenverkehr als sehr sicher, doch auch hier lassen sich Unfälle nicht ausschließen und so ereignen sich bundesweit Jahr für Jahr hunderte Unfälle mit Verunglückten im Eisenbahnverkehr.1 Kommt es zu Unfällen führen diese jedoch häufig zu Personenschäden bzw. sehr erheblichen Sachschäden.

Am 2. Februar 2023 hat in Nordrhein-Westfalen ein Güterzug zwei Jungen erfasst. Ein Zehn­jähriger wurde getötet, ein Neunjährige schwer verletzt. Die Bahnstrecke zwischen Recklin­ghausen und Gladbeck-West wurde im Anschluss gesperrt.2

Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 1348 mit Schrei­ben vom 16. März 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und dem Minister der Justiz beantwortet.

  1. Wie viele Unfälle ereigneten sich seit 2013 im Güterzugverkehr in Nordrhein-West­falen? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr, Ort, Anzahl der Todesopfer, Verletzte, Sach­schäden, Unfallursache)
  2. Liegen Erkenntnisse zum prozentualen Anteil von Suizidfällen bei Unfällen im Gü­terzugverkehr in Nordrhein-Westfalen aus den letzten zehn Jahren vor? (Bitte auf­schlüsseln nach Art des Unfall bzw. Suizid oder Suizidversuch)

Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

In der Aufsichtszuständigkeit des Bundes liegende Unfälle im Eisenbahnbetrieb werden von der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung (BEU) untersucht. Die BEU ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr. Zu den dort erfassten Unfällen liegen der Landesregierung keine Daten vor.

Für die in Landeszuständigkeit liegenden Eisenbahninfrastrukturunternehmen werden melde­pflichtige Ereignisse bei der Landeseisenbahnverwaltung (LEV) erfasst. Die erfassten Daten sind für den Zeitraum ab 2013 der Tabelle der Anlage 1 zu entnehmen.

Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass Art und Umfang der aufgetretenen Sachschäden nicht von der LEV erfasst werden und demnach hierzu keine Daten vorliegen. Zudem muss darauf hingewiesen werden, dass es sich hierbei um von den Unternehmen gemachte Angaben in den Unfallmeldungen handelt.

Suizidale Ursachen sind bei keinem der hier aufgeführten Vorfälle verzeichnet.

  1. Wie ist der Stand der Ermittlungen im Falle des bei Recklinghausen durch einen Güterzug getöteten 10-Jährigen?

Die Leitende Oberstaatsanwältin in Bochum hat dem Ministerium der Justiz am 15.02.2023 zu dem erfragten Sachstand im Wesentlichen berichtet, dass wegen des Geschehens am 02.02.2023 ein Todesermittlungsverfahren anhängig sei und die Umstände, die zum Tod eines Jungen und zu den schweren Verletzungen eines weiteren Jungen bei der Kollision mit einem Güterzug geführt hätten, Gegenstand der andauernden Ermittlungen seien.

  1. Welche Maßnahmen zur Steigerung der Sicherheit entlang von Güterbahnstrecken wurden in den letzten zehn Jahren in NRW veranlasst?

Eisenbahnstrecken sind als solche erkennbar. Das unbefugte Betreten von Bahnanlagen ist nach den §§ 62 und 63 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) untersagt. Ein Ver­stoß dagegen ist nach § 64 b EBO eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 28 AEG und kann von der Bundespolizei verfolgt werden.

Den Betreiber der Eisenbahninfrastruktur treffen daher auch keine allgemeinen oder gesetzli­chen Pflichten, wie zum Beispiel ein vollständiges Einzäunen.

In Ausnahmefällen können jedoch nach den konkreten Umständen des Einzelfalles geson­derte Maßnahmen erforderlich werden. Zum Beispiel wäre in Abstimmung mit den kommuna­len Verantwortlichen an einem Spielplatz in unmittelbarer Gleisnähe zu prüfen, wie der Zutritt von Kindern, welche die Gefahren aus dem Eisenbahnbetrieb nicht einschätzen können, ver­hindert werden kann. Ebenso können nach Prüfung der örtlichen Begebenheiten zum Beispiel zusätzliche Gefahrenhinweise an zu Gleis- oder Abstellanlagen parallel verlaufenden Wegen angezeigt sein.

Die meisten Unfälle mit Personen bzw. Straßenverkehrsteilnehmern passieren an Bahnüber­gängen. Deswegen gibt es Bestrebungen, möglichst viele Bahnübergänge zurückzubauen o­der durch Brücken / Unterführungen zu ersetzen. Daneben wird die Sicherheit an bestehenden Anlagen laufend erhöht, um Unfälle zu vermeiden.

Zudem wird aber auch intensive Aufklärungs- und Präventionsarbeit betrieben. Gemeinsam mit der Bundespolizei und weiteren Kooperationspartnern werden z. B. von der Deutschen Bahn erhebliche Anstrengungen unternommen, um auf das richtige Verhalten bzw. die Gefah­ren an Bahnanlagen aufmerksam zu machen.

  1. Beabsichtigt die Landesregierung die Sicherheit entlang der Güterbahnstrecken auch in Hinblick auf wiederholt eingetretene Sabotageakte grundsätzlich zu überprüfen?

Die Gesamtlänge des Schienennetzes in Deutschland umfasst etwa 38.400 km, davon liegen ca. 6.000 km in Nordrhein-Westfalen – eine flächendeckende und lückenlose Überwachung der Eisenbahninfrastruktur in Nordrhein-Westfalen ist daher nicht umsetzbar.

Allerdings arbeiten beispielsweise die Deutsche Bahn AG und die Sicherheitsbehörden im en­gen Schulterschluss und sorgen für individuelle Sicherheitskonzepte. Zudem wird von der Bun­despolizei und der Deutschen Bahn AG gemeinsam verstärkt an technischen und konzeptio­nellen Maßnahmen gearbeitet, um die Sicherheit noch weiter zu erhöhen. Dazu werden be­stehende gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsprojekte von Deutsche Bahn AG und Bundespolizei genutzt und um weitere Themen zur kritischen Infrastruktur ergänzt.

 

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1 ht t p s : / / w w w .d e s t a t i s. d e / D E/ T h e me n/Gesellschaft-Umwelt/Verkehrsunfaelle/Tabellen/eisen-bahnunfaelle.html

2 ht t p s : / / r p – o n l i ne . d e / n rw / p a n or a ma/recklinghausen-zug-erfasst-zwei-kinder-streckensper-rung_aid-84203591

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