Kleine Anfrage 2729
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
35-Jähriger zwang 18-Jährige zu Gruppensex und Prostitution
Am Düsseldorfer Landgericht muss sich der 35-jährige F. wegen einer Vielzahl von Verbrechen verantworten.1 Unter anderem soll er eine 18-jährige Schülerin zu Gruppensex gezwungen und sie in die Prostitution getrieben haben. Im Jahr 2018 soll der Angeklagte die damals 18-Jährige über Social Media kennengelernt haben. Im Laufe der Zeit soll sich das Mädchen dann in den 35-Jährigen verliebt haben und sogar für ihn nach Düsseldorf gezogen sein. Als die beiden dann für eine Urlaubsreise in den Libanon gingen, offenbarte der Angeklagte seine wahren Absichten. Dort soll er nämlich seine Partnerin zu Gruppensex mit mehreren seiner Freunde und Verwandten gezwungen haben und sie, wenn sie sich wehrte, körperlich geschädigt haben. Zurück in Düsseldorf soll die 18-Jährige weiter misshandelt und unter Gewaltandrohung gegen sie und ihre Verwandten zur Prostitution gezwungen worden sein. So soll sie nicht nur für das Luxusleben ihres Partners zum Anschaffen genötigt worden sein, sondern auch zur Begleichung der Mietschulden und Strafzettel ihres Zuhälters. Nach Informationen der Bild-Zeitung, soll sie sich erst nach mehreren Monaten von ihrem Partner getrennt haben können. Zu diesem Zeitpunkt soll sich ihr Peiniger jedoch bereits um mehr als 84.000 Euro bereichert haben.2
Die aktuelle Anklage ist nicht der erste Berührungspunkt des Angeklagten mit dem Düsseldorfer Landgericht. Er soll nämlich bereits 2022 zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt worden sein. Damals soll er einen Mann niedergestochen haben und in der Verhandlung auf seine „schwere Jugend“3 und einen „vollzogenen Sinneswandel“4 gepocht haben. In weiteren, parallel laufenden Gerichtsverfahren soll er unter anderem wegen Menschenhandel, Verkehrsgefährdung, Waffenbesitz und Erpressung angeklagt sein. In dem oben beschriebenen Verfahren wird ein Urteil etwa Mitte Dezember 2023 erwartet.5
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
- Wie viele Fälle von Zwangsprostitution wurden seit 2015 bis heute in NRW pro Jahr gemeldet? (Bitte nach Jahr, Ort sowie nach Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
- Wie viele dieser Fälle sind aus einer vorherigen Beziehung bzw. Partnerschaft entstanden?
- Warum wurde das Verfahren gegen den mutmaßlichen Zuhälter erst fünf Jahre nach der Tat eröffnet?
- Was ist über das damals 18-jährige Opfer bekannt? (Bitte den Gesundheitszustand, mögliche ärztliche Behandlungen aufgrund ihrer Misshandlung und weitere ausschlaggebende Kriterien in die Antwort miteinbeziehen.)
Markus Wagner
2 https://www.news.de/panorama/857060315/missbrauchsprozess-in-duesseldorf-zuhaelter-an-landgericht-angeklagt-35-jaehriger-soll-18-jaehrige-zu-prostitution-gezwungen-haben/1/.
3 Ebenda.
4 Ebenda.
5 Ebenda.
Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 2729 mit Schreiben vom 21. November 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Als Datenbasis für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung dient die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung.
Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen umfangreiche und aufwändige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssicherungsprozesses durch. Insofern liegen die Daten zu Straftaten – auch im Zusammenhang mit Zwangsprostitution – für das Jahr 2023 derzeit noch nicht qualitätsgesichert vor. Die Daten können regelmäßig nach der Pressekonferenz zur Polizeilichen Kriminalstatistik für das zurückliegende Jahr abgefragt werden.
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
Die Leitende Oberstaatsanwältin in Düsseldorf hat dem Ministerium der Justiz unter dem 03.11.2023 berichtet, sie habe gegen einen in Deutschland geborenen deutschen Staatsangehörigen unter dem 21. Februar 2020 Anklage zum Landgericht – Schwurgericht – Düsseldorf erhoben, mit der dem Angeklagten unter anderem Vergewaltigung, räuberische Erpressung, gewerbsmäßiger Menschenhandel in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Zwangsprostitution sowie – betreffend einen der anderen Sachverhalte – versuchter Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zur Last gelegt worden sei.
Der ihn betreffende Bundeszentralregisterauszug habe 14 Voreintragungen unter anderem wegen einschlägiger Gewaltdelikte aufgewiesen. Von der Mitteilung des Vornamens des Angeklagten wird unter Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem Resozialisierungsgedanken vorliegend abgesehen. Wegen der zeitlichen und örtlichen Eingrenzung der Tat und weiterer, auch presseöffentlicher Angaben zu dem Verfahren wäre der Angeklagte bei Mitteilung des Vornamens sowie einer dauerhaften Veröffentlichung des Vornamens in einer Drucksache des Landtags identifizierbar bzw. würde die Gefahr der Identifizierbarkeit erheblich erhöht.
- Wie viele Fälle von Zwangsprostitution wurden seit 2015 bis heute in NRW pro Jahr gemeldet? (Bitte nach Jahr, Ort sowie nach Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
Für den angefragten Zeitraum wurden 324 Fälle der Zwangsprostitution gemäß § 232a Strafgesetzbuch (bis 14.10.2016: gemäß § 232 Absatz 4 Strafgesetzbuch) in der Polizeilichen Kriminalstatistik NRW erfasst. Die Fallzahlen für die einzelnen Jahre bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen:
Zwangsprostitution in Nordrhein-Westfalen 2015 bis 2022 | |
Jahr | Fälle |
2015 | 19 |
2016 | 12 |
2017 | 39 |
2018 | 57 |
2019 | 51 |
2020 | 54 |
2021 | 36 |
2022 | 56 |
- Wie viele dieser Fälle sind aus einer vorherigen Beziehung bzw. Partnerschaft entstanden?
Von den insgesamt 324 Fällen bestand bei 71 Fällen eine formelle Opfer-Tatverdächtigen-Beziehung, bei der mindestens eines der erfassten Opfer mit dem Tatverdächtigen in einer Form der Partnerschaft stand. Als formelle Partnerschaften werden Ehepartner, eingetragene Lebenspartnerschaften, Partner nichtehelicher Lebensgemeinschaften und ehemaliger Partner erfasst.
Diese Fallzahlen für die einzelnen Jahre stellen sich wie folgt dar:
Zwangsprostitution in Nordrhein-Westfalen 2015 bis 2022 (mind. 1 Opfer Partnerschaft) | |
Jahr | Fälle |
2015 | 8 |
2016 | 3 |
2017 | 6 |
2018 | 13 |
2019 | 12 |
2020 | 8 |
2021 | 13 |
2022 | 8 |
- Warum wurde das Verfahren gegen den mutmaßlichen Zuhälter erst fünf Jahre nach der Tat eröffnet?
Die Präsidentin des Landgerichts Düsseldorf hat dem Ministerium der Justiz unter dem 06.11.2023 berichtet, dass der Strafkammervorsitzende sich wie folgt geäußert habe:
„Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vom 21.02.2020 wurde durch Kammerbeschluss vom 01.07.2020 zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor der 2. großen Strafkammer – Schwurgericht – des Landgerichts Düsseldorf eröffnet. Die Hauptverhandlung begann am 21.07.2020 und musste nach dem 78. Hauptverhandlungstag (24.08.2021) mit Beschluss vom 13.09.2021 wegen eines ärztlichen Beschäftigungsverbots eines Kammermitglieds ausgesetzt werden. Ab dem 19.10.2021 fand eine neue Hauptverhandlung statt, in der durch Kammerbeschluss vom 21.02.2022 der Teil der Tatvorwürfe, auf die sich die Anfrage bezieht, zu gesonderter Verhandlung und Entscheidung abgetrennt wurde. Im Übrigen wurde die Hauptverhandlung fortgesetzt. Durch Urteil vom 09.03.2022 wurde der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 3 Monaten verurteilt. Dieses Urteil, gegen das sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwalt Revisionen eingelegt haben, ist nach Durchführung des Revisionsverfahrens vor dem Bundesgerichtshof seit dem 28.07.2023 rechtskräftig. Unmittelbar nach Eintritt der Rechtskraft hat die Hauptverhandlung über den im Februar 2022 abgetrennten Teil der Tatvorwürfe am 01.08.2023 begonnen und dauert noch an.“
Eine darüber hinausgehende Beantwortung der Frage, so die Präsidentin des Landgerichts weiter, sei mit Blick auf Artikel 97 Abs. 1 GG nicht angezeigt.
- Was ist über das damals 18-jährige Opfer bekannt? (Bitte den Gesundheitszustand, mögliche ärztliche Behandlungen aufgrund ihrer Misshandlung und weitere ausschlaggebende Kriterien in die Antwort miteinbeziehen.)
Mit Blick auf den Opferschutz und den Schutz der Persönlichkeitsrechte sowie von Leib und Leben der Zeugin sieht die Landesregierung im Einklang mit entsprechenden Bedenken der Leitenden Oberstaatsanwältin und des Generalstaatsanwalts in Düsseldorf von einer Antwort ab.