Aachen: Polizei findet „Terroristen-Sprengstoff“ in Wohnung – Bleibt NRW weiterhin ein Hort für Attentäter?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1510

des Abgeordneten Markus Wagner vom 13.03.2023

Aachen: Polizei findet „Terroristen-Sprengstoff“ in Wohnung – Bleibt NRW weiterhin ein Hort für Attentäter?

Erneut ist Nordrhein-Westfalen unrühmlich medial in Erscheinung getreten. Und erneut geht es um mutmaßliche terroristische Aktivitäten in unserem Bundesland. Bei einer in Aachen am Freitagmittag, den 3. Februar 2023, gegen 14:00 Uhr durchgeführten Wohnungsdurchsuchung haben Polizeibeamte zufällig eine unbekannte Substanz in einem Karton gefunden. Die hinzugezogenen Spezialisten des Landeskriminalamtes identifizierten die Chemikalie als Sprengstoff. Nach Angaben der Polizei handelt es sich dabei um TATP, welches auch als „Sprengstoff der Terroristen“ bekannt ist. Diese Substanz wurde beispielsweise für Anschläge in Paris und in Brüssel verwendet. Darüber hinaus wird sie auch oft von Tätern bei Geldautomatensprengungen eingesetzt.1

Der gefundene Sprengstoff wurde am selben Abend gegen 23:30 Uhr durch eine kontrollierte Sprengung in einer provisorischen Grube vor dem Gebäude beseitigt. Die Detonation verursachte einen lauten Knall, durch die Druckwelle zersplitterten an einem Haus die Fensterscheiben und Steine flogen bis in den Hausflur eines Nachbargebäudes hinein. Zuvor wurden rund 50 Anwohner mit Bussen evakuiert. Außerdem wurden im Zuge der Durchsuchung ein Mann und eine Frau festgenommen.2

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen der deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Welche Hinweise oder Bezüge gibt es auf Verbindungen zu terroristischen Gruppen?
  3. Welche Bezüge gibt es zur Organisierten und/oder Clan-Kriminalität?
  4. Welche (Er-)Kenntnisse liegen hinsichtlich des gefundenen Sprengstoffs TATP vor, beispielsweise zu Menge, Ursprung und Beschaffungswegen?
  5. Welche Gründe lagen vor, die einen gesicherten Abtransport des Sprengstoffs verhinderten, sodass dieser noch vor Ort gesprengt werden musste und dabei Schäden an den umliegenden Häuser verursacht wurden?

Markus Wagner

 

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1 Vgl. https:// www .bild.de/regional/koeln/koeln-aktuell/chemikalien-in-wohnung-haeuser-in-aachen-durch-sprengung-beschaedigt-83093430.bild.html.

2 Ebenda.


Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 1510 mit Schreiben vom 5. April 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen der deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)

Der Generalstaatsanwalt in Köln hat dem Ministerium der Justiz unter dem 23.03.2023 im We­sentlichen folgende Berichtsausführungen des Leitenden Oberstaatsanwalts in Aachen über­mittelt:

„Am 03.03.2023 wurde eine Wohnung in Aachen aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Aachen durchsucht. Der Beschluss war erlassen worden, weil sich gegen den Wohnungsnutzer der Verdacht der Zwangsprostitution ergeben hatte.

In der Wohnung wurde eine größere Menge des Sprengstoffs TATP aufgefunden. Gegen die beiden Tatverdächtigen, die bei der Durchsuchung in der Wohnung angetroffen wurden, erließ das Amtsgericht Aachen am folgenden Tag Haftbefehl wegen des dringenden Verdachts des gemeinschaftlich begangenen Verstoßes gegen das Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe und der gemeinschaftlichen Vorbereitung eines Explosionsverbrechens.

Der Verdacht der Zwangsprostitution hat sich bislang nicht bestätigt.

Die Ermittlungen zur Herkunft und zum möglichen Verwendungszweck des Sprengstoffs dau­ern an.

Es handelt sich um einen männlichen Tatverdächtigen und eine weibliche Tatverdächtige, beide haben die rumänische Staatsangehörigkeit. Beide Beschuldigte sind ausweislich der Bundeszentralregisterauszüge in Deutschland noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getre­ten. […]“

  1. Welche Hinweise oder Bezüge gibt es auf Verbindungen zu terroristischen Grup­pen?

Dem vorbezeichneten Bericht zufolge liegen Hinweise auf Verbindungen zu terroristischen Gruppen nicht vor.

  1. Welche Bezüge gibt es zur Organisierten und/oder Clan-Kriminalität?

Dem in der Antwort auf die Frage 1 genannten Bericht zufolge sind Bezüge zur sogenannten „Clan-Kriminalität“ bislang nicht erkennbar. Inwieweit Bezüge zur Organisierten Kriminalität bestehen, wird derzeit ermittelt.

  1. Welche (Er-)Kenntnisse liegen hinsichtlich des gefundenen Sprengstoffs TATP vor, beispielsweise zu Menge, Ursprung und Beschaffungswegen?

Auf die Antwort zur Frage 1 wird verwiesen. Nach den Ermittlungen ist davon auszugehen, dass 2 – 3 kg Sprengstoff TATP aufgefunden wurden.

  1. Welche Gründe lagen vor, die einen gesicherten Abtransport des Sprengstoffs verhinderten, sodass dieser noch vor Ort gesprengt werden musste und dabei Schäden an den umliegenden Häuser verursacht wurden?

Der aufgefundene Sprengstoff ist in trockener Form stark schlag- und reibungsempfindlich und dementsprechend weder handhabungs- noch transportsicher. Nach eingehender Überprüfung und Beurteilung des Aggregatzustandes des Sprengstoffes und der Lage durch die vor Ort eingesetzten Kräfte der Tatortgruppe Sprengstoff/Brand des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen war ein gefahrloser Abtransport des Sprengstoffes unter keinen Umständen mög­lich. Der Sprengstoff wurde daher unmittelbar vor Ort sprengtechnisch vernichtet. Um das Schadensausmaß so gering wie möglich zu halten, wurde die Sprengung in einem extra dafür ausgehobenen Erdloch durchgeführt. Dieses wurde zusätzlich mittels Sandsäcken abgesi­chert. Bei der sprengtechnischen Vernichtung von sogenannten Selbstlaboraten können trotz aller Sicherungsmaßnahmen Schäden nie gänzlich ausgeschlossen werden.

 

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Beteiligte:
Markus Wagner