Abfrage von Bankdaten durch Landesbehörden – Nachfrage

Kleine Anfrage
vom 23.10.2017

Kleine Anfrage 470
des Abgeordneten Sven W. Tritschler

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In meiner Kleinen Anfrage vom 8. August 2017 (Drs. 17/330) hatte ich die Landesregierung zur automatisierten Anfrage von Kontodaten gemäß § 24c Kreditwesengesetz in Verbindung mit §§ 93 und 93b Abgabenordnung befragt.

Dabei hatte ich u.a. angemerkt: „Die auf diesem Wege bereitgestellten Daten sind u.U. hochsensibel und lassen teilweise Rückschlüsse auf die politische oder religiöse Gesinnung des betroffenen Bürgers zu.“

Der Minister der Finanzen hat die Anfrage am 7. September 2017 (Drs. 17/578) beantwortet. In der Antwort heißt es u.a.: „Abgerufen werden konnten bislang jeweils nur die Kontenstammdaten, nämlich die Nummer eines Kontos oder Depots, der Tag der Errichtung und der Tag der Auflösung des Kontos oder Depots, der Name und – bei natürlichen Personen – der Tag der Geburt des Inhabers und eines Verfügungsberechtigten sowie der Name und die Anschrift eines abweichend wirtschaftlichen Berechtigten.“

Weiterhin heißt es in der Antwort: „Rückschlüsse auf die politische oder religiöse Gesinnung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger ermöglicht der automatisierte Kontenabruf nicht.“

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Ist es zutreffend, dass die Namen aller verfügungsberechtigten Personen auch für Bankkonten von politischen Parteien, anderen politischen Organisationen, wie z.B. Gewerkschaften, Bürgerinitiativen u.ä. gespeichert werden?
  2. Ist es zutreffend, dass die Namen aller verfügungsberechtigten Personen auch für die Bankkonten religiöser Organisationen gespeichert werden?
  3. Unterliegen die im Zusammenhang mit den Bankkonten der unter Ziffer 1 und 2 genannten Organisationen gespeicherten Kontostammdaten einem besonderen Schutz oder können diese von denselben Dienststellen und im Rahmen desselben Verfahrens abgerufen werden, wie die Daten aller übrigen Bankkonten?
  4. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass aus den zuvor beschriebenen Daten keine Rückschlüsse auf die politische oder religiöse Gesinnung der betroffenen Bürger möglich sind?

Sven W. Tritschler

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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,

namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage 470 im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und dem Minister der Justiz wie folgt:

Vorbemerkung der Landesregierung

Der automatisierte Abruf von Kontodaten ist durch das Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland vom 21. Juni 2002 (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz, BGBl. I Seite 2010) zum 1. April 2003 eingeführt worden. Seitdem sind Kreditinstitute verpflichtet, eine aktuelle Datei mit den von ihnen in Deutschland geführten Konten und Depots bereitzuhalten. Darin waren bislang jeweils nur die Kontenstammdaten zu speichern, nämlich die Nummer-eines Kontos oder Depots, der Tag der Errichtung und der Tag der Auflösung des Kontos oder Depots, der Name und – bei natürlichen Personen – der Tag der Geburt des Inhabers und eines Verfügungsberechtigten sowie der Name und die Anschrift eines abweichend wirtschaftlichen Berechtigten.

Durch das Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungs-bekämpfungsgesetz vom 23. Juni 2017, BGBl. 1 S. 1682) sind die Kreditinstitute verpflichtet worden, zusätzlich für jeden Verfügungs­berechtigten und jeden wirtschaftlich Berechtigten im Sinne des Geldwäschegesetzes die Adresse und die Steuer-Identifikations-nummer bzw. die VVirtschafts-Identifikationsnummer oder – falls eine solche noch nicht vergeben wurde und es sich nicht um eine natürliche Person handelt – die für die Besteuerung nach dem Einkommen geltende Steuernummer zu speichern.

Ein Abruf dieser Daten durch einen Kontenabruf nach § 24c KWG oder §§ 93, 93b AO kann nur zu den im Gesetz genannten Zwecken und unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen erfolgen.

Zum automatisierten Abruf der Kontodaten ist nach § 24c Absatz 2 des Kreditwesengesetzes (KWG) die Bundesanstalt für Finanzdienst-leistungsaufsicht befugt, soweit dies zur Erfüllung ihrer aufsichtlichen Aufgaben oder zum Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten, insbesondere Geldwäsche oder unerlaubte Bankgeschäfte, erforderlich ist. Landesbehörden oder Gerichte, die für die Leistung der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen sowie im Übrigen für die Verfolgung und Ahndung von Straftaten zuständig sind, können ihre Ersuchen nach § 24c Absatz 3 KWG an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht richten.

 

Durch das Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit vom 23. Dezember 2003 (BGBl. 1 Seite 2928) wurde zum 1. April 2005 in § 93b der Abgabenordnung (AO) auch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) ermächtigt, Kontoinformationen nach § 24c KWG automatisiert abzurufen. Das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt zu steuerlichen und anderen gesetzlich vorgegebenen Zwecken Kontoinformationen nach § 93 Absatz 7 und 8 AO ebenfalls nur auf konkretes Ersuchen. Ein Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 AO erfolgt insbesondere für Zwecke der Erhebung rückständiger Steuern.

Frage 1:

Ist es zutreffend, dass die Namen aller verfügungsberechtigten Personen auch für Bankkonten von politischen Parteien, anderen politischen Organisationen, wie z.B. Gewerkschaften, Bürgerinitiativen u.ä. gespeichert werden?

Frage 2:

Ist es zutreffend, dass die Namen aller verfügungsberechtigten Personen auch für die Bankkonten religiöser Organisationen gespeichert werden?

Die Verpflichtung der Kreditinstitute zur Speicherung der Kontoinformationen nach § 24c Abs. 1 KWG betrifft alle Konten, die der Verpflichtung zur Legitimationsprüfung nach § 154 Abs. 2 Satz 1 AO unterliegen.

Frage 3:

Unterliegen die im Zusammenhang mit den Bankkonten der unter Ziffer 1 und 2 genannten Organisationen gespeicherten Kontostammdaten einem besonderen Schutz oder können diese von denselben Dienststellen und im Rahmen desselben Verfahrens abgerufen werden, wie die Daten aller übrigen Bankkonten?

Ein Kontenabruf nach § 24c KWG oder §§ 93, 93b AO kann nur zu den im Gesetz genannten Zwecken und unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen erfolgen (vgl. Vorbemerkung der Landesregierung). Für den Abruf der Kontostammdaten von politischen Parteien und politischen oder religiösen Organisationen bestehen darüber hinaus keine besonderen Schutzvorschriften, was dem Sinn und Zweck des § 24c KWG auch zuwiderlaufen würde.

Frage 4:

Wie stellt die Landesregierung sicher, dass aus den zuvor beschriebenen Daten keine Rückschlüsse auf die politische oder religiöse Gesinnung der betroffenen Bürger möglich sind?

Ein Abruf von Kontostammdaten verschafft der zuständigen Behörde nur Auskunft darüber, ob und welche Konten eine Person bei deutschen Kreditinstituten als Inhaberin, Verfügungsberechtigte oder wirtschaftlich Berechtigte unterhält. Die schlichte Einräumung einer Verfügungsbe­rechtigung über das Konto einer juristischen Person kann die unter­schiedlichsten Gründe haben und ermöglicht allenfalls Mutmaßungen über die Art der Beziehung der betroffenen natürlichen Person zu dieser juristischen Person. Rückschlüsse auf eine wie auch immer geartete „Gesinnung” des oder der Verfügungsberechtigten wären rein spekula­tiv.

Aus dem Gehalt der Informationen, die automatisiert abgerufen werden können, ergeben sich auch nach Einschätzung des Bundesverfas­sungsgerichts keine Anhaltspunkte für eine gesteigerte Intensität des Grundrechtseingriffs durch einen solchen Abruf (BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 -1 BvR 1550/03 – BVerfGE 118, 168 ff. Rn. 136).

Bei Kontenabrufen der Finanzbehörden nach § 93 Abs. 7 AO unterliegen die durch den Kontenabruf gewonnenen Informationen dem Steuergeheimnis.

Mit freundlichen Grüßen

Sven Tritschler

Beteiligte:
Sven Tritschler