Abgetrennter Kopf vor Bonner Landgericht gelegt

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 93
der Abgeordneten Markus Wagner und Prof. Dr. Daniel Zerbin vom 04.09.2022

 

Abgetrennter Kopf vor Bonner Landgericht gelegt

Am 28. Juni 2022 wurde ein 38-jähriger Mann in der Bonner Altstadt dabei beobachtet, wie er einen abgetrennten Männerkopf offen vor den Haupteingang des Landgerichts legte. Anschließend setzte er sich daneben. Bei dem Opfer handelt es sich um einen 44-jährigen Libyer. Der mutmaßliche Täter, ein Marokkaner, sowie das Opfer sollen aus dem Obdachlosenmilieu stammen.1

Nach aktuellen Ermittlungsergebnissen habe der mutmaßliche Täter, H., sein Opfer nicht ermordet, sondern dessen Kopf im Drogenrausch abgetrennt. Wie die Bild-Zeitung berichtet, sei der Tatverdächtige wegen Drogen- und Einbruchskriminalität bereits einschlägig polizeibekannt. Darüber hinaus soll er auch wegen Körperverletzungen, bei denen Messer zum Einsatz kamen, aktenkundig sein.2

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte den Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaft des Tatverdächtigen, Vornamen des deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeilichen Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen)
  2. Welche Erkenntnisse liegen hinsichtlich des Opfers vor? (Bitte Vorstrafen des Opfers, Straftatbestände, Staatsbürgerschaft des Opfers und sonstige polizeilichen Erkenntnisse über das Opfer nennen)
  3. Wurden gegen den mutmaßlichen Täter bisher aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet?
  4. Wenn nein, warum nicht und werden diese Maßnahmen nun umgesetzt?

Markus Wagner
Prof. Dr. Daniel Zerbin

 

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1 Vgl. https://www.bild.de/regional/koeln/koeln-aktuell/schreckensfund-kopf-vor-bonner-landgericht-abgelegt-80542824.bild.html.

2 Vgl. https://www.bild.de/bild-plus/regional/koeln/koeln-aktuell/bonn-in-einer-plastiktuete-trug-er-den-kopf-durch-die-stadt-80554806.bild.htm l.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 93 mit Schreiben vom 1. August 2022 im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration und dem Minister der Justiz namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte den Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaft des Tatverdächtigen, Vornamen des deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeilichen Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen)
  2. Welche Erkenntnisse liegen hinsichtlich des Opfers vor? (Bitte Vorstrafen des Opfers, Straftatbestände, Staatsbürgerschaft des Opfers und sonstige polizeilichen Erkenntnisse über das Opfer nennen)

Zur Beantwortung der Fragen 1 und 2 hat mir das Ministerium der Justiz mit Schreiben vom 14.07.2022 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:

„„Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet:

‘Der Leitende Oberstaatsanwalt in Bonn hat dem Ministerium der Justiz unter dem 12.07.2022 unter anderem wie folgt berichtet:

„Am Nachmittag des 28.06.2022 meldeten Passanten der Polizei den Fund eines abgetrennten menschlichen, männlichen Kopfes vor dem Eingang des Landgerichtsgebäudes in der Wilhelmstraße in Bonn. Bei Eintreffen der ersten polizeilichen Einsatzkräfte trat der 38 Jahre alte Beschuldigte […][X], der nach den in den hiesigen Systemen erfassten Daten die marokkanische Staatsbürgerschaft besitzt, an die Beamten heran und äußerte, er habe den Kopf dort abgelegt. Er wurde wegen des Verdachts des Totschlages vorläufig festgenommen.

Auf einen späteren Hinweis des Beschuldigten hin konnte der Rumpf des Körpers in etwa einem Kilometer Entfernung auf einem Rasenstück oberhalb des Biergartens „Alter Zoll“ in einem Schlafsack liegend aufgefunden werden. Der Leichnam wurde im Zuge der weiteren Ermittlungen als der eines 44 Jahre alten Mannes identifiziert, der in den hiesigen Systemen als lybischer Staatsangehöriger erfasst ist.

Sowohl der Beschuldigte als auch der Verstorbene sind der Obdachlosenszene zuzuordnen.

Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen hatte der Beschuldigte den Kopf des Verstorbenen in einer Mehrweg-Einkaufstasche zum Landgerichtsgebäude transportiert.

Das Tatwerkzeug konnte bislang nicht aufgefunden werden.

Der Beschuldigte hat sich zu den Vorwürfen nicht weiter eingelassen.

Die am 29.06.2022 im Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Bonn durchgeführte Obduktion hat ergeben, dass die Trennung von Kopf und Rumpf mittels eines scharfen Gegenstandes (vermutlich Messer) nicht todesursächlich gewesen ist, sondern postmortal erfolgte. Als Todesursache wurde eine ausgeprägte Erkrankung festgestellt. Anhaltspunkte für todesursächliche oder anderweitige Gewalteinwirkungen fanden sich nicht.

Der Beschuldigte befindet sich derzeit aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Bonn vom 29.06.2022 wegen des dringenden Tatverdachts der Störung der Totenruhe in Untersuchungshaft.

Die Ermittlungen dauern an.“

Der Beschuldigte ist ausweislich des Berichts des Leitenden Oberstaatsanwalts in Bonn vom 12.07.2022 in der Vergangenheit bereits vielfach wegen verschiedener Delikte, überwiegend Vermögens-, Körperverletzungs- und Betäubungsmitteldelikte, strafrechtlich in Erscheinung getreten. Der Generalstaatsanwalt in Köln hat dem Ministerium der Justiz am 13.07.2022 berichtet, dass er gegen die Sachbehandlung keine Bedenken habe.

Von der Mitteilung weiterer personenbezogener Angaben zu dem Geschädigten wird im Hinblick auf den Opferschutz bzw. den postmortalen Persönlichkeitsschutz abgesehen.““

  1. Wurden gegen den mutmaßlichen Täter bisher aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet?
  2. Wenn nein, warum nicht und werden diese Maßnahmen nun umgesetzt?

Zur Beantwortung der Fragen 3 und 4 hat mir das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration mit Schreiben vom 20.07.2022 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:

„Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Für eine zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht sind eine verbindliche Klärung seiner Identität und Staatsangehörigkeit als Voraussetzung für eine Passersatzpapierausstellung und Rückübernahme durch einen Zielstaat erforderlich. Bislang sind sämtliche im Aufenthaltszeitraum eingeleitete Identifizierungsverfahren gegenüber unterschiedlichen potentiellen Herkunftsstaaten ohne positives Ergebnis geblieben. Die Bemühungen werden unbeschadet des laufenden Ermittlungsverfahrens weiter fortgesetzt.“

 

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