Agroforst in Nordrhein-Westfalen

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1293

der Abgeordneten Zacharias Schalley und Andreas Keith vom 09.02.2023

Agroforst in Nordrhein-Westfalen

Mit dem Begriff Agroforstwirtschaft werden Landnutzungssysteme bezeichnet, bei denen Gehölze mit Ackerkulturen und/oder Tierhaltung so auf einer Fläche kombiniert werden, dass zwischen den verschiedenen Komponenten ökologische und ökonomische Vorteilswirkungen entstehen.

Dabei müssen nicht immer Bäume und Feldflächen oder Viehnutzung kombiniert werden, auch die Strukturierung der Fläche durch Hecken zählt bereits als Agroforstwirtschaft. Im Grunde sind Agroforstsysteme nichts Neues, sondern ein altes Prinzip traditioneller Bewirtschaftung. Die althergebrachte Kulturlandschaft ist ein einziges Agroforstsystem.

Die Vorteile des Agroforstsystems sind mehr Biodiversität, weniger Bodenerosion und -degradation, bessere Verwertung der Ressource Wasser etc. Bislang finden Agroforstsysteme im deutschen Agrarförderrecht keine Berücksichtigung.1 Dabei können sowohl die konventionelle als auch die ökologische Landwirtschaft auf sie zurückgreifen und beide Formen die Positiveffekte nutzen.

Je nach Bewirtschaftungsform kann auf Agroforstversuchsflächen sogar mehr Ertrag erzielt werden als auf klassischen Anbauflächen. Bei der ab 2023 geltenden GAP wird der Agroforstwirtschaft auf europäischer Ebene eine hohe strategische Bedeutung für die Erreichung der gesetzten Ziele beigemessen. Dies spiegelt sich auch in der Umsetzung der GAP auf nationaler Ebene wider. So ist die Etablierung von Agroforstsystemen erstmals auch in Deutschland rechtlich geregelt.2

Im Rahmen der ersten Säule der GAP werden für die Öko-Regelung „Beibehaltung einer agroforstlichen Bewirtschaftungsweise“ die geringsten Mittel zur Verfügung (anteilig < 1 %) bereitgestellt. Bisher geplante Ansätze zur Förderung von Agroforstsystemen über die 2. Säule beschränken sich auf den Bereich investive Förderung. Dabei ist absehbar, dass innerhalb dieses Bereiches nur ein sehr kleiner Teil der verfügbaren Mittel für die Anlage von Agroforstflächen zur Verfügung stehen wird. Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie hat sich die als Agroforstsystem genutzte Fläche in Nordrhein-Westfalen in den letzten fünf Jahren entwickelt?
  2. Wie hoch waren in den vergangenen fünf Jahren die finanziellen Zuwendungen für Agroforstsysteme?
  3. Wie plant die Landesregierung Agroforstsysteme in Nordrhein-Westfalen zu fördern?
  4. Wie bewertet die Landesregierung das Konzept des Agroforstsystems unter den Aspekten des Naturschutzes, der Lebensmittelversorgungssicherheit und der Wirtschaftlichkeit für Landwirte?

Zacharias Schalley
Andreas Keith

 

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1 Htt p s : / /agro f o r s t-info.de/r e c h t l i c h e-und-poli t i s c h e-rahmen bedingungen/

2 Htt p s : / / agro f o r s t-info.de/w p- c o n t e n t/uploads/2022/11/Themen b l a t t 3-Agro forst systeme-in-der-G A P-ab-2 0 2 3 .p d f


Die Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1293 mit Schreiben vom 6. März 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen beantwortet.

  1. Wie hat sich die als Agroforstsystem genutzte Fläche in Nordrhein-Westfalen in den letzten fünf Jahren entwickelt?

Hierzu liegen der Landesregierung keine Daten vor, da Agroforstflächen in der Bodennutzungserhebung nicht separat erfasst werden und in den Daten des INVEKOS-Systems der EU-Agrarförderung nicht ausgewiesen werden.

  1. Wie hoch waren in den vergangenen fünf Jahren die finanziellen Zuwendungen für Agroforstsysteme?

Eine regelmäßige Förderung von Agroforstflächen im Rahmen von Zahlungen aus der ersten oder zweiten Säule der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (EU-Direktzahlungen und/oder Zahlun­gen des Programms Ländlicher Raum) existiert in Nordrhein-Westfalen nicht.

Vereinzelt ist es nach Kenntnis der Landesregierung in geringem Umfang zu Projektförderun­gen im Zusammenhang mit Agroforstsystemen gekommen.

  1. Wie plant die Landesregierung Agroforstsysteme in Nordrhein-Westfalen zu för­dern?

Es gibt in der aktuellen Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU zwei Neuerungen bei Agroforstsystemen: Erstens können sie als förderfähige landwirtschaftliche Fläche aner­kannt werden, sofern die Gehölzstreifen der Rohstoffgewinnung oder Nahrungsmittelproduk­tion dienen und dies in einem positiv geprüften Nutzungskonzept bestätigt wird. Zweitens kann die Beibehaltung bestehender Agroforstsysteme als sogenannte „Öko-Regelung“ zusätzlich gefördert werden. Beide Förderungen können in Nordrhein-Westfalen seit Beginn der Förder­periode im Jahr 2023 grundsätzlich in Anspruch genommen werden.

  1. Wie bewertet die Landesregierung das Konzept des Agroforstsystems unter den Aspekten des Naturschutzes, der Lebensmittelversorgungssicherheit und der Wirtschaftlichkeit für Landwirte?

Agroforstsysteme können sehr unterschiedlich ausgestaltet sein, insofern ist eine pauschale Beantwortung der Frage nicht möglich. Die durch die Gehölze entstehenden zusätzlichen Strukturen können sich günstig auf die Biodiversität in der Agrarlandschaft und auch auf den Biotopverbund auswirken. Positive Aspekte werden darüber hinaus in der Verringerung von Wind- und Wassererosion sowie der Anreicherung von Kohlenstoff in der Biomasse der Ge­hölze und im Boden gesehen.

Ein Einfluss auf die Lebensmittelversorgungssicherheit besteht derzeit aufgrund des absehbar geringen Flächenanteils in Nordrhein-Westfalen nicht, zumal es sich hier um produktive Sys­teme handelt. Die Wirtschaftlichkeit beurteilen Landwirtinnen und Landwirte betriebsspezi­fisch, sie hängt u.a. von den Standortbedingungen bzw. der Standortgüte, den Investitions­kosten und den Markterlösen für die Erzeugnisse ab.

 

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