Altersfeststellung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA)

Kleine Anfrage
vom 29.01.2018

Kleine Anfrage 745
der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky AfD

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Laut einer Handreichung des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration (MKFFI) gibt es derzeit in Nordrhein-Westfalen ein abgestuftes Verfahren zur Altersfeststel­lung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA). Sofern Ausweispapiere vorliegen, sind diese zur Grundlage der Altersfeststellung zu machen. Sollten keine eindeutigen Aus­weispapiere vorliegen, ist mittels qualifizierter Inaugenscheinnahme das Alter einzuschätzen. Bestehen nach Ermessen des Jugendamts weiterhin Zweifel an der Minderjährigkeit, ist eine ärztliche Untersuchung zu veranlassen. Diese Untersuchung bedarf der Zustimmung der Ju­gendlichen und ihrer Vertreter.

Im Saarland hat man die medizinische Altersuntersuchung in allen zweifelhaften Fällen zur Pflicht gemacht, den Jugendämtern hat man diese Aufgabe entzogen. In einem mehrtägigen Verfahren werden Zweifelsfälle von verschiedenen Fachleuten begutachtet. Dabei zeigt sich, dass rund die Hälfte der Kandidaten falsche Angaben macht.

Laut Informationen des Bayerischen Rundfunks geht man in Schweden seit Mitte März 2017 einen strikteren Weg. „Hier wird das Alter von unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen sys­tematisch überprüft. Das Amt für Rechtsmedizin testete innerhalb eines halben Jahres fast 2.500 Personen. Mehr als 80 Prozent von ihnen erklärte man für volljährig. Methode der Wahl ist eine Kombination aus Röntgen der Weisheitszähne und eine Magnetresonanztomographie (MRT) der Kniegelenke.“ 1

In Nordrhein-Westfalen glaubt man auch im Zweifel den vorgeblich jugendlichen Migranten.

1 https://www.br.de/nachrichten/so-laufen-alterstests-fuer-fluechtlinge-100.html

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. In wie vielen Fällen wurde in NRW in den Jahren 2016 und 2017 eine medizinische Über­prüfung der Altersangaben durch Jugendämter im Rahmen der Altersfeststellung veran­lasst? (Bitte getrennt angeben nach a) Jahr und b) Ort)
  2. In wie vielen Fällen ist in NRW, in den Jahren 2016 und 2017, nach einer medizinischen Überprüfung der Altersangaben die Alterstfeststellung abweichend von den Angaben er­folgt? (Bitte getrennt angeben nach a) Jahr und b) Größenordnung der wahrscheinlichen Abweichung in Jahren)
  3. Wie viele Fälle von nachträglichen Korrekturen der Altersfeststellungen sind der Landes­regierung bekannt, zum Beispiel nach Hinweisen von Ärzten, die im Rahmen von Behand­lungen zu einem anderen Ergebnis kamen, und die dem zuständigen Jungendamt gemel­det haben? (Bitte getrennt angeben nach a) Jahr, b) Ort und c) Größenordnung der wahr­scheinlichen Abweichung in Jahren)
  4. In wie vielen Fällen wurden medizinische Untersuchungen von unbegleiteten minderjähri­gen Ausländern (UMA) abgelehnt?
  5. Welche Konsequenz auf das Asylverfahren hatten Ablehnungen einer medizinischen Un­tersuchung durch unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA)?

Gabriele Walger-Demolsky

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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,

namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage 745 wie folgt:

Vorbemerkung der Landesregierung

Die mit der Kleinen Anfrage implizit vorgenommene Bewertung, dass es eine mangelhafte Praxis der nordrhein-westfälischen Jugendämter bei der behördlichen Altersfeststellung nach § 42f SGB VIII gibt, wird seitens der Landesregierung nicht geteilt.

Auch wenn keine landesweiten Daten vorliegen ist festzustellen, dass bei einem nicht unerheblichen Teil von Personen, die vorgeben minderjährig zu sein, im Rahmen des behördlichen Verfahrens zur Altersfeststellung Volljährigkeit angenommen und in der Folge die Inobhutnahme abgelehnt wird. Nach allgemeinen Erkenntnissen der Landesregierung erfolgen diese Ablehnungen im Übrigen bereits überwiegend vor einer medizinischen Untersuchung als Ergebnis der qualifizierten Inaugenscheinnahme.

1. In wie vielen Fällen wurde in NRW in den Jahren 2016 und 2017 eine medizinische Überprüfung der Altersangaben durch Jugendämter im Rahmen der Altersfeststellung veranlasst? (Bitte getrennt angeben nach a) Jahr und b) Ort)

2. In wie vielen Fällen ist in NRW, in den Jahren 2016 und 2017, nach einer medizinischen Überprüfung der Altersangaben die Alterstfeststellung abweichend von den Angaben erfolgt? (Bitte getrennt angeben nach a) Jahr und b) Größenordnung der wahrscheinlichen Abweichung in Jahren)

3. Wie viele Fälle von nachträglichen Korrekturen der Altersfeststellungen sind der Landesregierung bekannt, zum Beispiel nach Hinweisen von Ärzten, die im Rahmen von Behandlungen zu einem anderen Ergebnis kamen, und die dem zuständigen Jungendamt gemeldet haben? (Bitte getrennt angeben nach a) Jahr, b) Ort und c) Größenordnung der wahrscheinlichen Abweichung in Jahren)

4. In wie vielen Fällen wurden medizinische Untersuchungen von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA) abgelehnt?

Die Fragen 1 bis 4 werden zusammenhängend beantwortet:

Eine statistische Meldung der angewandten Methoden im Rahmen des behördlichen Verfahrens zur Altersfeststellung ist bundesgesetzlich nicht vorgesehen. Insoweit liegen in Nordrhein-Westfalen dazu keine landesweiten Daten vor.

5. Welche Konsequenz auf das Asylverfahren hatten Ablehnungen einer medizinischen Untersuchung durch unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA)?

Ablehnungen medizinischer Untersuchungen haben zunächst Auswirkungen auf die weiteren jugendhilferechtlichen Schritte. Das Jugendamt entscheidet nach Würdigung aller Umstände, ob eine lnobhutnahme erfolgt oder diese aufgrund der Annahme von Volljährigkeit abgelehnt wird. Die in der Folge festgestellte Voll- bzw. Minderjährigkeit    hat Auswirkungen auf die Unterbringung des Ausländers. Daran knüpfen auch die Auswirkungen im Asylverfahren an, das durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchgeführt wird (z.B. Fähigkeit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen, Anhörung Minderjähriger durch besonders geschulte Personen,).

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Stamp