Anfrage zu dem Rückgang der heimischen Haferproduktion und dem Verbot von Pflanzenschutzmitteln

Kleine Anfrage
vom 11.03.2024

Kleine Anfrage 3497
des Abgeordneten Zacharias Schalley AfD

Anfrage zu dem Rückgang der heimischen Haferproduktion und dem Verbot von Pflan­zenschutzmitteln

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

In Deutschland ist die Haferanbaufläche im zweiten Jahr in Folge zurückgegangen. Im Ver­gleich zum Vorjahr haben sich die Anbauflächen insgesamt um 12 % auf 141.400 Hektar ver-mindert.1

Auch in Nordrhein-Westfalen sind die Flächen trotz erhöhter Nachfrage und einem aufblühen­den Markt für Haferprodukte rückläufig. Von 7.600 Hektar in 2022 sind die Flächen auf 6.500 Hektar in 2023 zurückgegangen. Obwohl Nordrhein-Westfalen einen Anteil von 10 % an der Gesamtfläche Deutschlands aufweist und in etwa so groß wie Baden-Württemberg ist, fallen die Haferanbauflächen in NRW um 65 % geringer aus als dort.2 Daraus resultiert ein hohes Defizit zwischen regionalem Anbau und regionaler Nachfrage.

Die Hafermühlen verzeichnen seit 2008 einen um 70 % gestiegenen Bedarf an Qualitätshafer, wobei sich die heimische Haferproduktion konträr innerhalb der letzten 20 Jahre halbiert hat. Auf Hafer entfällt im Anbauspektrum der Kulturen lediglich ein Anteil von 1,2 %. Die Schäl­mühlen verarbeiten pro Jahr rund 500.000 Tonnen Hafer zu Lebensmitteln, während sich der Gesamtverbrauch inklusive Futterhafer in Deutschland zuletzt auf 915.000 Tonnen belief. 425.000 Tonnen bzw. rund 45 % des verbrauchten Hafers dienen in Deutschland Fütterungs­zwecken, v. a. in der Pferdehaltung. Es ist jedoch ein zunehmender Bedarf an hochwertigem Schälhafer für die Nahrungsmittelproduktion zu beobachten.

Schälhafer lässt sich nur dann zu attraktiven Preisen vermarkten, wenn Qualitätsparameter und Kriterien wie die Schälbarkeit stimmen. In der Regel wird ein Hektolitergewicht von mind. 53 kg sowie ein Spelzenanteil von < 26 % gefordert. Die geforderten Qualitäten können oft nur auf guten Standorten bei gesicherter Wasserversorgung, nicht zu hohen Niederschlägen so­wie kühleren Temperaturen während der Kornfüllungsphase erzielt werden. Der Preis für Qua­litätshafer liegt im Bundesdurchschnitt bei 158 Euro pro Tonne und somit etwa auf dem Niveau von Futterweizen. Wenn eine knappe Marktversorgung gegeben ist, können die Haferpreise auch auf dem Niveau von Qualitätsweizen notieren.

Eine Besonderheit von Hafer ist, dass er auch auf weniger fruchtbaren Böden gedeiht, die für den Anbau von Sommerweizen nicht geeignet sind. Er weist ein hohes Nährstoffaneignungs-vermögen auf, wodurch er die betriebliche Stickstoffbilanz entlastet und eine extensive Kultur­führung ermöglicht. In engen Weizenfruchtfolgen kann der Hafer sogar dazu beitragen, den Befall mit Halmbruch und Schwarzbeinigkeit zu reduzieren. Ertragsschwankungen können dann eintreten, wenn auf den Standorten keine gute Wasserversorgung gesichert werden kann oder Hitzephasen auftreten.

Auf den Ertrag kann sich vor allem der Besatz mit Ackerfuchsschwanz besonders negativ aus­wirken. Für die Schädlingsbekämpfung durch Tiere, Krankheiten oder Pilzbefall in Sommerha­fer sind aktuell keine Pflanzenschutzmittel zugelassen. Abhängig von der Sortenwahl können Krankheiten wie Mehltau, Haferkronenrost oder auch der Befall durch von Blattläusen übertra­genen Viruskrankheiten, insbesondere der Haferröte, zu deutlichen Ertrags- und Qualitätsver­lusten führen.3

Die Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 3497 mit Schreiben vom 2. April 2024 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Wie bewertet die Landesregierung das Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Hafer? Ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Hafer existiert nicht.
  2. Wie lässt sich das Verbot von Pflanzenschutzmitteln nach Einschätzung der Lan­desregierung mit dem Grundsatz der gleichen Teilhabe und Konkurrenzfähigkeit am europäischen Markt seitens deutscher Landwirte vereinbaren?

Siehe Antwort zu Frage 1.

  1. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung um den Rückgang der hei­mischen Haferproduktion zu stoppen?

Das Ausmaß der Haferproduktion in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland wird durch den Markt reguliert und unterliegt nicht dem Einfluss der Landesregierung. Der Anbau von Hafer in Nordrhein-Westfalen schwankte in den vergangenen Jahren vergleichsweise wenig und be­wegte sich zwischen 6.700 und 7.800 Hektar. Der geringe Haferanbau ist auf seine in Deutsch­land und speziell in Nordrhein-Westfalen schwache wirtschaftliche Konkurrenzkraft im Ver­gleich zu anderen Getreidearten zurückzuführen. Ursache hierfür sind witterungsbedingt stark schwankende Erträge und ein niedriges Preisniveau. Für eine Ausdehnung der Anbauflächen müsste sich eine stärkere Nachfrage nach Hafer aus regionalem Anbau für die Humanernäh-rung in deutlich höheren Erzeugerpreisen niederschlagen, die den Ertragsunterschied zu an­deren Getreidearten erlösmäßig kompensieren. Dies war in den vergangenen Jahren nicht der Fall und zeichnet sich aktuell nicht ab.

  1. Wie lässt sich die Importrate von 70% für Industriehafer und die daraus resultie­rende Benachteiligung der deutschen Landwirte begründen?

Die für Schälhafer geforderten Qualitätsmerkmale der Lebensmittelindustrie lassen sich unter den hiesigen Anbau- und Witterungsbedingungen nur schwer und nicht regelmäßig erreichen. Zudem ist die Wirtschaftlichkeit des Haferanbaus im Vergleich zu konkurrierenden Getreide­arten gering (siehe Frage 3). Dies stellt sich in verschiedenen Regionen Europas (Skandina­vien, Polen, Vereinigtes Königreich) vorrangig aus klimatischen Gründen anders dar und führt dort zu einer größeren Vorzüglichkeit des Haferanbaus und begründet deren Exporte nach Deutschland. Eine Benachteiligung der deutschen Landwirtschaft ist hieraus für die Landes­regierung nicht erkennbar.

  1. Setzt sich die Landesregierung bei den zuständigen Instanzen für eine Aufhebung des Pflanzenschutzmittelverbots ein, damit die deutschen Landwirte von der er­höhten Nachfrage profitieren können?

Siehe Antwort zu Frage 1.

 

MMD18-8675

 

1 https://www.back-intern.de/2023/09/14/weniger-haferanbau-steigende-nachfrage/

2 https://www.hafer-die-alleskoerner.de/landwirtschaft/haferanbau-wissen/daten-zum-haferanbau

3 https://www.landwirtschaftskammer.de/landwirtschaft/ackerbau/getreide/sommergetreide/sommerhafer-sv-2020.htm