Angriff auf eine Gruppe lesbischer Frauen in der Kölner Schaafenstraße am 24./25. Juni 2022

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 129
des Abgeordneten Sven W. Tritschler vom 09.07.2022

 

Angriff auf eine Gruppe lesbischer Frauen in der Kölner Schaafenstraße am 24./25. Juni 2022

Der Kölner Stadtanzeiger berichtet online von einem tätlichen Angriff auf eine Gruppe von drei lesbischen Frauen in der Nacht auf den 25. Juni in der Kölner Schaafenstraße.1

Bei den mutmaßlichen Opfern handelt es sich um ein Paar, das eine andere Frau in einem Club kennengelernt hat. Diese Frauen-Gruppe hat sich wohl untereinander auf der Straße geküsst. Eine Gruppe von Männern habe sich aufgedrängt und „mitmachen“ wollen. Auf den Widerspruch der Damen hin seien sie beleidigt und körperlich attackiert worden. Zumindest eine der Frauen wurde durch Schläge bewusstlos.

KSTA.de verlinkt auf ein Video auf Instagram, in dem sich zwei der Opfer zu Wort melden. Es ist von 5 Tätern die Rede. Es wird auch berichtet, dass Mitarbeiter von Sicherheitsdiensten vor Ort nicht eingegriffen haben und die Täter sogar vor der heranrückenden Polizei gewarnt haben sollen.2 Aufgrund der Opferkonstellation erscheint ein homosexuellenfeindliches Motiv zumindest naheliegend.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Was hat sich in der Schaafenstraße in der Nacht auf den 25. Juni abgespielt? (Bitte das Tatgeschehen einschließlich der Einordnung der Straftaten nach Kriminalitätsphänomen und der aktuell vorliegenden Ermittlungserkenntnisse, auch mit Blick auf die Herkunft der Täter detailliert schildern.)
  2. Gegen wen wird im Zusammenhang mit der Tat ermittelt? (Ich bitte um eine Aufschlüsselung nach der eigentlichen Tätergruppe, aber auch Dritten wie z.B. Türstehern, sowie nach Alter und Staatsangehörigkeit der mutmaßlichen Täter. )
  3. Welche Vornamen haben die Tatverdächtigen mit der deutscher Staatsangehörigkeit?
  4. Wie viele Straftaten gegen Homosexuelle und andere sexuelle Minderheiten haben sich in und um die Schaafenstraße in den letzten 5 Jahren ereignet? (Bitte aufschlüsseln nach: Jahr, Tatbestand, Staatsangehörigkeit der Täter/Tatverdächtigen und Vornamen im Falle von deutschen Tatverdächtigen.)
  5. Welche Maßnahmen trifft die Landesregierung, um Straftaten gegen Homosexuelle und andere sexuelle Minderheiten zu unterbinden?

Sven W. Tritschler

 

Anfrage als PDF

 

1 https://www.ksta.de/koeln/homophober-hintergrund–polizei-ermittelt-nach-angriff-auf-koelner-schaafenstrasse-39799604 abgerufen am 07.07.2022

2 https://www.instagram.com/p/CfeNfJujL31/ abgerufen am 07.07.2022


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 129 mit Schreiben vom 11. August 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration und dem Minister der Justiz beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheitlich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“.

Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie

  • den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten;
  • sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben;
  • durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden;
  • gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet.

Darüber hinaus gehören Straftaten gemäß der §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102-104a, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 130, 192a, 234a oder 241a Strafgesetzbuch als Staatsschutzdelikte zur PMK, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.

Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.

Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KPMD-PMK).

Die Erhebung der Fallzahlen für das Jahr 2022 ist noch nicht abgeschlossen, weshalb die in diesem Bericht angegebenen Fallzahlen als vorläufig zu betrachten sind.

  1. Was hat sich in der Schaafenstraße in der Nacht auf den 25. Juni abgespielt? (Bitte das Tatgeschehen einschließlich der Einordnung der Straftaten nach Kriminalitätsphänomen und der aktuell vorliegenden Ermittlungserkenntnisse, auch mit Blick auf die Herkunft der Täter detailliert schildern.)
  2. Gegen wen wird im Zusammenhang mit der Tat ermittelt? (Ich bitte um eine Aufschlüsselung nach der eigentlichen Tätergruppe, aber auch Dritten wie z.B. Türstehern, sowie nach Alter und Staatsangehörigkeit der mutmaßlichen Täter.)
  3. Welche Vornamen haben die Tatverdächtigen mit der deutscher Staatsangehörigkeit?

Die Fragen 1 bis 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Zur Beantwortung der Fragen hat mir das Ministerium der Justiz mit Schreiben vom 22.07.2022 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:

„Der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln hat dem Ministerium der Justiz unter dem 19.07.2022 auszugsweise wie folgt berichtet:

‚Wegen eines Angriffs auf eine Gruppe lesbischer Frauen in der Nacht des 25. Juni 2022 in der Schaafenstraße in Köln wird bei der Staatsanwaltschaft Köln nach Eingang der polizeilichen Vorgänge […] ein Ermittlungsverfahren gegen […] [zwei Beschuldigte] wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung und der Beleidigung gemäß §§ 185, 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 4, 53 StGB geführt. Zudem wird […] ein Ermittlungsverfahren gegen […] [eine weitere Person] wegen des Verdachts der unterlassenen Hilfeleistung zum Nachteil der angegriffenen Frauen gemäß § 323 c StGB geführt. Diesen Verfahren liegt nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen der folgende Sachverhalt zugrunde.

Die Zeuginnen […] befanden sich am 25.06.2022 gegen 01.30 Uhr vor dem Lokal Exile on Main Street in der Schaafenstraße in Köln. Als sie sich zu dritt küssten, zogen sie die Aufmerksamkeit einer Gruppe von fünf Männern auf sich. Der Beschuldigte [X] soll die Frauen daraufhin gefragt haben, ob er ,,mitmachen“ könne. Nach der Ablehnung dieses Ansinnens soll sich der Beschuldigte [X] beleidigend über die sexuelle Orientierung der Frauen geäußert haben. Die darauffolgende verbale Auseinandersetzung sei darin gegipfelt, dass der Beschuldigte [X] die Zeugin […] mit Wucht geschubst und drohend die Hand erhoben habe. Die zur Hilfe geeilte Zeugin […], die sich schützend vor die Zeugin […] gestellt habe, soll von dem Beschuldigten [Y] an den Haaren zu Boden gerissen und trotz Gegenwehr mehrfach derart mit der Faust auf Kopf und Oberkörper geschlagen worden sein, dass sie kurzzeitig ohnmächtig geworden sei und eine Schädelprellung erlitten habe.

D[ie] sich unmittelbar vor dem Lokal aufhaltende […] [weitere Person] sei trotz mehrfacher Bitten der Zeuginnen bei der Auseinandersetzung nicht helfend eingeschritten. Ein[e] weitere[…] noch nicht identifizierte[…] […] [Person] habe die gesamte Männergruppe zudem aufgefordert zu fliehen, da von einer weiteren Zeugin ein Notruf abgesetzt worden sei.

Die Ermittlungen dauern an. […]‘

Der Generalstaatsanwalt in Köln hat unter dem 20.07.2022 mitgeteilt, gegen die staatsanwaltschaftliche Sachbehandlung keine Bedenken zu haben.“

  1. Wie viele Straftaten gegen Homosexuelle und andere sexuelle Minderheiten haben sich in und um die Schaafenstraße in den letzten 5 Jahren ereignet? (Bitte aufschlüsseln nach: Jahr, Tatbestand, Staatsangehörigkeit der Täter/Tatverdächtigen und Vornamen im Falle von deutschen Tatverdächtigen.)

Zur Beantwortung der Frage wurden die Schaafenstraße und die ihr angrenzenden Straßen sowie der Rudolfplatz (nahliegende Verkehrsknotenpunkte) als Örtlichkeit festgelegt. Demzufolge wurden die folgenden Straßen in die Auswertung miteinbezogen: Am Rinkenpfuhl, Balduinstraße, Hahnenstraße, Habsburgerring, Lindenstraße, Maritiuswall, Marsilstein, Rudolfplatz und Schaafenstraße.

Für den Zeitraum vom 01.07.2017 bis zum 01.07.2022 wurden bisher fünf politisch motivierte Straftaten im Sachzusammenhang statistisch erfasst.

Die im Rahmen der hiesigen Kleinen Anfrage erwähnte Straftat zum Nachteil einer Gruppe lesbischer Frauen ist dabei bisher nicht von der Auswertung umfasst. Der zuständigen Staatsschutzdienststelle in Köln ist der Sachverhalt bekannt. Die zur statistischen Erfassung notwendige Meldung steht bisher noch aus.

Weitere Informationen bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen:

Jahr Zähldelikt Täter
ermittelt
Staatsangehörigkeit
der Täter
2018 § 223 StGB nein unbekannt
2019 § 303 StGB nein unbekannt
2019 § 185 StGB nein unbekannt
2021 § 303 StGB nein unbekannt
2021 § 185 StGB nein unbekannt

 

  1. Welche Maßnahmen trifft die Landesregierung, um Straftaten gegen Homosexuelle und andere sexuelle Minderheiten zu unterbinden?

Die nordrhein-westfälische Landesregierung tritt hassmotivierter Gewalt, gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit einschließlich Lesbenfeindlichkeit entschieden entgegen. Dabei setzt sie auf unterschiedliche Strategien. Maßnahmen der Prävention, Information und Aufklärung über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt sollen die gesamtgesellschaftliche Wertschätzung und Akzeptanz queerer Menschen erhöhen und diese vor Gewalt in jeglicher Form schützen. Durch qualifizierte Beratungsangebote werden die Opfer von Gewalt unterstützt.

In Nordrhein-Westfalen existiert eine Vielzahl polizeilicher Opferschutz- und Präventionsmaßnahmen gegen Lesben, Schwule, Bisexuellen, Trans*, Inter* und queeren Menschen (LSBTIQ*) gerichtete Gewalt.

Zu diesen Maßnahmen zählt auch die Kampagne „Ich zeige das an!“ der Landeskoordination der Anti-Gewalt-Arbeit für Lesben, Schwule und Trans* in NRW, die das nordrhein-westfälische Familienministerium fördert. Ziel der Kampagne ist, Opfer und potentielle Opfer von homo- und trans*feindlich motivierter Gewalt zu ermutigen, Strafanzeige zu erstatten. Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen sowie alle Polizeibehörden des Landes unterstützen diese Initiative.

 

Antwort als PDF

Beteiligte:
Sven Tritschler