Angriffe auf Autofahrer

Kleine Anfrage
vom 03.12.2019

Kleine Anfrage 3217des Abgeordneten Sven Werner Tritschler vom 03.12.2019

 

Angriffe auf Autofahrer

Nach dem Vorbild einer amerikanischen Tradition sollte die seit drei Jahren in Berheim veranstaltete „Christmas Jeep Parade“ auch in diesem Jahr stattfinden. Allerdings wurde sie kurzfristig abgesagt. Grund für den Ausfall der Veranstaltung sind massive Anfeindungen selbsternannter „Klimaschützer“, welche die Veranstalter im Internet derart unter Druck gesetzt haben, dass von einer Durchführung der Parade abgesehen wurde.1 Ob das Event im Jahre 2020 wieder stattfinden kann, bleibt angesichts der Bedrohungslage noch völlig unklar.

Die Bedrohung der Veranstaltungsplaner ist dabei kein Einzelfall. So bilden Übergriffe und Beschimpfungen gegenüber Fahrern großer Fahrzeuge keine Seltenheit. Die Düsseldorfer FDP-Lokalpolitikerin Jessica Brück wurde, nach eigenen Angaben, am 21.09.2019 von einem 15 Mann starken Mob in ihrem SUV gestoppt und bedrängt.2 Unter anderem habe man ihr klargemacht, sie habe „hier nichts zu suchen“.3

Immer wieder sehen sich SUV-Besitzer, zum Beispiel auf Parkplätzen, Beschimpfungen und Pöbeleien ausgesetzt. Die zunehmende Feindseligkeit gegenüber Autofahrern nähert sich Verhältnissen anderer Bundesländer an, in welchen es zum Beispiel üblich geworden ist, Geländewagenfahrern sogenannte „Wutzettel“ mit Beschimpfungen auf die Windschutzscheibe zu kleben4, oder sich die Gewalt soweit hochschaukelt, dass Unbekannte 40 Luxusautos eines Jaguar-Händlers demolieren. Eine linksextreme Internetseite veröffentlichte ein Bekennerschreiben.5

Dabei ist das Image des gefährlichen Rasers und des „Großstadtpanzers SUV“, für den man einen Waffenschein benötige, nicht mehr als ein Vorurteil, wie die Auswertung von selbst verursachten Haftpflichtschäden der vergangenen drei Jahre des Vergleichsportals „Verivox“ zeigt. Fahrer von SUV-Modellen wie dem BMW X6 oder dem Audi Q7 verursachten fünf Prozent weniger Unfälle als der durchschnittliche Autofahrer. Geländewagen-Fahrer überbieten diesen Wert sogar noch. Hier kam es zu 21 Prozent weniger Unfällen.6 7

Ich frage daher die Landesregierung:

1. Wie viele Straftaten von „Klima-Aktivisten“ gegenüber Autofahrern sind der Landesregierung seit 2016 bekannt geworden?

2. Wie viele Sachbeschädigungen an Autos und SUVs von vermeintlichen Umweltschützern konnten bisher verzeichnet werden? (Bitte Ordnungswidrigkeiten, Straftaten und mediale Berichterstattung mit einbeziehen)

3. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Organisationsstrukturen krimineller „Klimaschützer“?

4. Werden Sachbeschädigungen mit klimaaktivistischer Motivation als linksextremistische Straftaten aufgeführt?

5. Falls nein, warum nicht?

Sven Werner Tritschler

 

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1 https://www.radioerft.de/artikel/bergheim-jeep-parade-abgesagt-375128.html

2https://twitter.com/jekbrueck/status/1175717952102051840?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed %7Ctwterm%5E1175717952102051840&ref_url=https%3A%2F%2Fwww.merkur.de%2Fpolitik%2Fduessel dorf-suv-anfeindungen-gegen-fdp-politikerin-nachhaltig-verstoert-zr-13034605.html

3https://www.merkur.de/politik/duesseldorf-suv-anfeindungen-gegen-fdp-politikerin-nachhaltig-verstoert-zr-13034605.html

4https://www.tz.de/muenchen/muenchen-suv-fahrer-werden-boese-angefeindet-zettel-auf-autos-zr-12837650.html

5 https://www.focus.de/auto/news/kriminalitaet-maskierte-demolieren-bei-haendler-mehr-als-40-luxusautos_id_11071828.html

6 https://www.t-online.de/auto/recht-und-verkehr/id_86458128/auto-statistik-ueber-suv-fahrer-sind-sie-wirklich-wilde-raser-.html

7https://www.bild.de/auto/auto-news/auto-news/suv-debatte-versicherungsdaten-zeigen-dass-sie-weniger-unfaelle-haben-64784730.bild.html


Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 06.01.2020

 

Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3217 mit Schreiben vom 6. Januar 2020 na­mens der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheit­lich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“.

Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie

  • den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politi­scher Entscheidungen richten.
  • sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesens­merkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Ver­fassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben.
  • durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden.
  • gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehö­rigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausal­zusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institu-tion/Sache oder ein Objekt richtet.

Darüber hinaus gehören Straftaten gemäß §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102-104a, 105­108e, 109-109h, 129a, 129b, 234a oder 241a StGB als Staatsschutzdelikte zur PMK, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.

Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.

Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KPMD-PMK).

1. Wie viele Straftaten von „Klima-Aktivisten“ gegenüber Autofahrern sind der Lan­desregierung seit 2016 bekannt geworden?

2. Wie viele Sachbeschädigungen an Autos und SUVs von vermeintlichen Umwelt­schützern konnten bisher verzeichnet werden? (Bitte Ordnungswidrigkeiten, Straftaten und mediale Berichterstattung mit einbeziehen)

Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet:

Im KPMD-PMK werden Ordnungswidrigkeiten sowie mediale Berichterstattung nicht statis­tisch erfasst.

Seit dem 01.01.2019 ist im KPMD-PMK ein Angriffszielkatalog eingeführt. Seitdem existiert u. a. das Angriffsziel „Sonstiges Fahrzeug“. Dieses umfasst alle gezielten Angriffe (Sachbeschä­digungen) auf Fahrzeuge (außer Polizei- und Militärfahrzeuge). Es umfasst nicht Angriffe auf Fahrzeughalter bzw. Autofahrer, die aufgrund dieser Eigenschaft außerhalb ihres Fahrzeuges angegriffen werden.

Eine Einzelfallauswertung der Meldungen mit dem Angriffsziel „Sonstiges Fahrzeug“ und den Themenfeldunterbegriffen „Klima“ und „Umwelt“ ergab bisher zwölf statistisch erfasste Straf­taten für das Jahr 2019. Drei dieser Fälle lassen auf eine Tatmotivation aufgrund der Umwelt­eigenschaften der Fahrzeuge schließen. In einem Fall kam es zu Nötigungshandlungen ge­genüber Fahrzeugführern im Rahmen einer nicht angemeldeten „Fridays for Future“- De­monstration. In zwei Fällen kam es zu Sachbeschädigungen an geparkten SUV.

Für den Zeitraum vor dem 01.01.2019 müsste eine Einzelfallauswertung und Sachverhalts­prüfung aller Fälle mit dem Themenfeldunterbegriff „Klima“ und „Umweltschutz“ durchgeführt werden. Dies betrifft über 1000 Meldungen. Diese Auswertung ist in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

3. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Organisationsstrukturen krimineller „Klimaschützer“?

Soweit linksextremistisch motivierte Straftaten in den genannten Themenfeldern begangen werden, sind die ermittelten Tatverdächtigen regelmäßig sogenannten autonomen Gruppie­rungen zuzurechnen. Feste Organisationsstrukturen existieren, dem „autonomen“ Selbstver­ständnis folgend, in diesem Spektrum nicht.

Weit verbreitet innerhalb der linksautonomen Szene ist allerdings der intensive Wissenstrans­fer. Im Rahmen von sogenannten „Skillsharing Camps“ werden Verhaltensweisen vermittelt, um gegen die Polizei oder den politischen Gegner wirksamer vorzugehen.

Im Rahmen von Aktionen des sog. zivilen Ungehorsams kommt es im Themenfeld Umwelt-bzw. Klimaschutz darüber hinaus auch zu Straftaten von Personen, die nicht dem extremisti­schen Spektrum angehören. Als Beispiel sind hier etwa als „ziviler Ungehorsam“ deklarierte Hausfriedensbruchsdelikte durch Eindringen in Tagebaubetriebsstätten anlässlich des dies­jährigen Klimacamps im Rheinland zu nennen, das im Juni 2019 unter maßgeblicher Organi­sation des Bündnisses „Ende Gelände“ stattfand.

4. Werden Sachbeschädigungen mit klimaaktivistischer Motivation als linksextre­mistische Straftaten aufgeführt?

5. Falls nein, warum nicht?

Die Fragen 4 und 5 werden aufgrund ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet:

Gemäß des aktuell bundesweit gültigen „Definitionssystems Politisch motivierte Kriminalität“ ist für die Zuordnung eines Phänomenbereiches die Würdigung der Gesamtumstände der Tat und/oder die Einstellung des Täters von Bedeutung. So können bei einer Straftat mit der vor­genannten Motivation grundsätzlich verschiedene Phänomenbereiche zutreffend sein. Ebenso ist die Erfassung als extremistische Straftat von der Einzelfallbewertung abhängig.

 

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Beteiligte:
Sven Tritschler