Angriffe auf Busse in Hagen – Ist die Umleitung von Bussen die Lösung?

Kleine Anfrage
vom 25.05.2021

Kleine Anfrage 5521des Abgeordneten Andreas Keith vom 25.05.2021

 

Angriffe auf Busse in Hagen Ist die Umleitung von Bussen die Lösung?

Die Haltestelle „Akku Hawker“ liegt in einem sozialen Brennpunkt in Hagen. Busfahrer fürchten sich vor dieser Straße. In dem Problemviertel an der „Wehringhauser Straße“ attackieren Kinder und Jugendliche regelmäßig Linienbusse. Im Vorbeifahren werden, laut Aussage eines Busfahrers, Steine und Eisenstangen auf die Fahrzeuge geworfen. Kinder spielen mitten auf der Straße und springen zwischen Autos hervor auf die Fahrbahn. Nach einem Unfall mit einem fünfjährigen Kind zieht die Verkehrsgesellschaft Ennepe-Ruhr (VER) Konsequenzen und fährt die Haltestelle in diesem sozialen Brennpunkt nicht mehr an.

Die Leitstelle der Hagener Straßenbahn AG (HAST) hat ebenfalls Konsequenzen aus den Angriffen auf die Busse gezogen und lässt die Linie 542 künftig eine Umleitung nehmen.

Ein Sprecher der Hagener Verkehrsgesellschaft äußerte in der „Bild-Zeitung“, dass man nicht damit rechne, dass das Problem von sich aus aufhöre. Eine Verlegung der Fahrtroute sei eine Option, die hier in Betracht käme. Bei weiteren Angriffen auf die Busse sei in jedem Fall auch eine kurzfristige Umleitung nicht ausgeschlossen.1

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Übergriffe bzw. Angriffe auf Busse im Problemviertel „Wehringhauser Straße“ in Hagen sind der Landesregierung bekannt? (Bitte aufschlüsseln nach Zeitpunkt und Art des Angriffs)
  2. Ein Sprecher der Verkehrsgesellschaft rechnet nicht damit, dass die Angriffe auf die Busse von sich aus aufhören. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung künftig, damit Busfahrer, Fahrgäste und Busse unbeschadet die Haltestellen im sozialen Brennpunkt in Hagen nutzen können? (Bitte aufschlüsseln nach Art und Zeitpunkt der Maßnahme)
  3. Inwiefern sind der Landesregierung weitere Fälle aus Nordrhein-Westfalen bekannt, bei welchen Verkehrsgesellschaften aufgrund von Übergriffen auf Busse einzelne Haltestationen nicht mehr anfahren können bzw. wollen? (Bitte aufschlüsseln nach Ort und Haltestelle)
  4. Wie viele körperliche Übergriffe bzw. Angriffe gab es in den vergangenen fünf Jahren auf Busfahrer? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren, Ort und Art des Übergriffs)
  5. Wie hoch ist der in den vergangenen fünf Jahren entstandene Schaden durch Vandalismus an Bussen des öffentlichen Nahverkehrs? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren)

Andreas Keith

 

Anfrage als PDF

 

1 https://www.bild.de/bild-plus/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet-aktuell/hagen-weil-kinder-busse-attackieren-strasse-wird-zum-sperrgebiet-76464836.bild.html


Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 5521 mit Schreiben vom 25. Juni 2021 na­mens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Planung, Organisation und Ausgestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs in Nord­rhein-Westfalen ist nach § 3 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Nord­rhein-Westfalen (ÖPNVG NRW) eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe der Kreise und kreisfreien Städte. Eine Weisung der Landesregierung, den ÖPNV in einer bestimmten Weise zu gestalten, ist daher bereits aus rechtlichen Gründen nicht möglich.

Aus von der Bezirksregierung Arnsberg eingeholten Stellungnahmen der Verkehrsgesellschaft Ennepe-Ruhr GmbH (VER) und der Hagener Straßenbahn AG (HST) geht hervor, dass zum Fahrplanwechsel am 15. Dezember 2019 das Verkehrsangebot auf der Linie 511 der VER zwischen Hagen-Haspe und der Hagener Innenstadt neu geordnet wurde. In Abstimmung mit der für die ÖPNV-Anbindung in dem Bereich zuständigen Stadt Hagen und der HST verkehrt die Linie auf dem o.g. Streckenabschnitt als Schnellbus. Durch die Umsetzung der Maßnahme wurde dem Wunsch der Hasper Bevölkerung nach einer schnellen Busverbindung in und aus Richtung Innenstadt Rechnung getragen. Die Linie 511 bedient hier nur noch die Haltestellen „Haspe Zentrum“, „Basse Druck“, „Schwenke“, „Hagen Hbf.“ und „Hagen Stadtmitte/Volme-Galerie“. In Wehringhausen wurde der Streckenverlauf von der Wehringhauser Straße auf die L700 verlagert. Die Bedienung der Haltestelle „Akku Hawker“ und somit der genannte Bereich der Wehringhauser Straße (Innenerschließung) hat die HST-Linie 542 übernommen. Nur in Ausnahmefällen ist dieser Bereich in einem sehr beschränkten Zeitraum in Einzelfällen nicht befahren worden.

Die Umsetzung der o.g. Fahrplanmaßnahme basiert auf den Beratungen zur Fortschreibung des Nahverkehrsplans (NVP) der Stadt Hagen (Vorstufe) und sind aus rein planerischen Ge­sichtspunkten umgesetzt worden. Die Vermutung des Fragestellers, dass die Umstrukturie­rung auf Vorfälle im Haltestellenbereich zurückzuführen sei, trifft daher nicht zu.

  1. Wie viele Übergriffe bzw. Angriffe auf Busse im Problemviertel „Wehringhauser Straße“ in Hagen sind der Landesregierung bekannt? (Bitte aufschlüsseln nach Zeitpunkt und Art des Angriffs)

Die folgende Übersicht für das Jahr 2021 wurde von der Hagener Straßenbahn AG (HST) übermittelt:

 

Datum Uhrzeit Art des Vorfalls Polizei infor­miert. Bemerkungen
21.01.2021

18:42

Glasflaschen auf der Fahrbahn

ja

 
22.02.2021

15:00

Bälle und Dosen werden unter Busse geworfen, Kinder springen auf die Fahr­bahn

ja

 
05.03.2021

17:38

Kinder werfen Böller unter PKW u. Busse

ja

 
05.03.2021

20:21

Kinder werfen Gegenstände auf Busse und springen auf die Fahrbahn

ja

 
12.03.2021

21:14

Personen werfen Holzteile auf Busse

ja

keine Beschä­digungen
17.03.2021

17:29

Plastikgartenstuhl wird hinten gegen den Bus geworfen

keine Beschä-digungen
18.03.2021

19:39

Kinder springen auf die Fahrbahn und treten gegen einen Bus

ja

 
19.03.2021

16:54

Kinder treten gegen einen Bus

 
31.03.2021

22:05

Zahlreiche Personen inkl. Kinder, die zum Teil spontan auf die Fahrbahn treten

Umfahrung des Abschnitts
12.05.2021

19:04

Spielende Kinder auf der Fahrbahn

ja

Umfahrung des Abschnitts
28.05.2021

13:50

Spielende Kinder auf der Fahrbahn

ja

1 Fahrt betrof­fen
31.05.2021

16:13

Spielende Kinder auf der Fahrbahn

ja

nach Eintreffen

der        Polizei
keine Vorfälle

 

In den Jahren zuvor haben sich nach Auskunft der HST ähnliche Vorkommnisse ereignet.

  1. Ein Sprecher der Verkehrsgesellschaft rechnet nicht damit, dass die Angriffe auf die Busse von sich aus aufhören. Welche Maßnahmen unternimmt die Landesre­gierung künftig, damit Busfahrer, Fahrgäste und Busse unbeschadet die Haltestel­len im sozialen Brennpunkt in Hagen nutzen können? (Bitte aufschlüsseln nach Art und Zeitpunkt der Maßnahme)

Das Verkehrsunternehmen hat keine Einwirkungsmöglichkeit, derartige Vorfälle zu verhindern.

Zur Abwehr von Gefahren und zur Kriminalitätsbekämpfung analysieren die Kreispolizeibehör­den fortlaufend und umfassend die örtliche Sicherheitslage. Auf Grundlage der Analyseergeb-nisse werden in den jeweiligen Sicherheitsprogrammen behördenstrategische Schwerpunkt­setzungen bestimmt und in diesem Kontext auch brennpunktorientierte operative Maßnahmen festgelegt. Insoweit haben die Kreispolizeibehörden Orte mit einer „signifikant höheren Krimi­nalitätslage“ im Blick und richten ihre polizeilichen Maßnahmen, wie z. B. die gezielte Präsenz, an solchen Brennpunkten aus.

Diese Präsenzmaßnahmen unterliegen, als fester Bestandteil der Sicherheitsprogramme der Kreispolizeibehörden, einer fortlaufenden strategischen Überprüfung.

Überörtlich findet eine Koordination bei landesweiten Themen im Rahmen von regelmäßig stattfindenden landesweiten Besprechungen/Arbeitskreisen (mehrmals jährlich auf Einladung des Kompetenzcenters Sicherheit; einmal jährlich auf Einladung der Bundespolizei) statt. Hierbei werden insbesondere Themen in Bezug auf die Sicherheit im ÖPNV und SPNV be­sprochen.

  1. Inwiefern sind der Landesregierung weitere Fälle aus Nordrhein-Westfalen be­kannt, bei welchen Verkehrsgesellschaften aufgrund von Übergriffen auf Busse einzelne Haltestationen nicht mehr anfahren können bzw. wollen? (Bitte auf­schlüsseln nach Ort und Haltestelle)

Der Landesregierung sind hierzu keine Fälle aus Nordrhein-Westfalen bekannt.

  1. Wie viele körperliche Übergriffe bzw. Angriffe gab es in den vergangenen fünf Jah­ren auf Busfahrer? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren, Ort und Art des Übergriffs)

Die Datenquelle für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizei­liche Kriminalstatistik (PKS). Diese wird nach bundeseinheitlich festgelegten Regeln erstellt. Die Erfassungsrichtlinien sehen keine spezifische Erfassung der Berufsgruppe Busfahrer vor. Folglich können auf der Grundlage der PKS keine Fallzahlen beziffert werden. Spezifische Erhebungen für den ÖPNV führt die Landesregierung darüber hinaus nicht durch.

  1. Wie hoch ist der in den vergangenen fünf Jahren entstandene Schaden durch Van­dalismus an Bussen des öffentlichen Nahverkehrs? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren)

Die PKS Erfassungsrichtlinien sehen zwar die Erfassung der Schadenshöhe vor, jedoch erfolgt keine Differenzierung hinsichtlich einzelner Kraftfahrzeugarten. Insoweit kann die Höhe des Schadens an Bussen des öffentlichen Nahverkehrs auf dieser Grundlage nicht abgebildet wer­den. Die Landesregierung führt darüber hinaus keine spezifischen statistischen Erhebungen zu Vandalismusschäden an Bussen des ÖPNV durch.

 

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Beteiligte:
Andreas Keith