Antrag der Fraktion der AfD – Rechtssicherheit durch pflichtgemäße Altersbestimmung bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA), die sich nicht zweifelsfrei ausweisen können und nicht eindeutig als minderjährig erkennbar sind

Antrag
vom 09.01.2018

Antrag der Fraktion der AfD vom 9.1.2018

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I. Ausgangslage

Dem Bericht des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration (MKFFI) (Vorlage 17/234) folgend, hat sich die Anzahl der unbegleiteten minderjährigen Ausländer (UMA), im Zeitraum vom 31.12.14 mit 2925 Personen bis zum 30.06.17 mit 12.539 Personen, um 328 Prozent erhöht.

Bei 64 Prozent der Personen soll es sich um Jugendliche im Alter von 16-17 handeln, bei 32 Prozent der Personen um Kinder im Alter von 11-15 Jahren und bei 4 Prozent der Personen um Kinder bis zu einem Alter von 10 Jahren.

90 Prozent der unbegleiteten minderjährigen Ausländer stammen aus den zehn Hauptherkunftsländern Afghanistan, Syrien, Irak, Guinea, Eritrea, Marokko, Somalia, Albanien, Algerien und aus dem Irak. Damit stammen die Kinder fast ausschließlich aus Staaten außerhalb Europas, in denen der Islam die vorherrschende Religion ist.

Zu 88 Prozent handelt es sich um männliche Personen und damit nur zu 12 Prozent um weibliche Personen.

Die deutschen Jugendämter sind seit 2005 verpflichtet, jeden unbegleitet eingereisten ausländischen Jugendlichen in Obhut zu nehmen. Kommen deutsche Behörden, z. B. die Bundespolizei, mit einem möglicherweise jugendlichen Ausländer in Kontakt, der nach seinen eigenen Angaben unbegleitet, minderjährig und ohne Papiere ist, müssen sie diesen dem Jugendamt übergeben. Allein die Tatsache, dass der Jugendliche unbegleitet ist und behauptet minderjährig zu sein, verpflichtet das Jugendamt zur Inobhutnahme. Die in Obhut genommenen jugendlichen Ausländer werden aus den üblichen asylrechtlichen Verfahren herausgenommen und stattdessen nach dem Kinder- und Jugendhilferecht betreut.

Das Bundesverwaltungsamt hat für unbegleitete minderjährige Ausländer einen durchschnittlichen Kostentagessatz von 175 Euro pro Kopf ermittelt 1, also 5250 Euro monatlich. Der durchschnittliche Kostenansatz für einen volljährigen Flüchtling beträgt laut dem Statistik-Portal „de.statista.com“ im Gegensatz dazu ca. 35 Euro am Tag (ohne die Kosten für Krankheit, Rechtsschutz etc.). 2

Wer nach Deutschland einreist, hat – aus seiner Perspektive – gute Gründe sich jünger zu machen, denn unbegleitete minderjährige Ausländer erhalten eine besonders aufwendige Betreuung. Ob ein unerlaubt eingereister Migrant schutzbedürftig ist oder nicht, ist für den Verbleib in Deutschland zweitrangig, wenn er als unbegleiteter Minderjähriger eingestuft wird. In Strafverfahren hat das Alter des Angeklagten einen erheblichen Einfluss auf das Strafmaß. Das Jugendstrafrecht hat ganz anderen Sanktionscharakter als das Erwachsenenstrafrecht. In Deutschland ist die Chance für einen jungen Ausländer bisher leider extrem hoch, mit einer falschen Altersangabe durchzukommen, da es weder bundesweit noch innerhalb Nordrhein-Westfalens ein einheitliches, zuverlässiges und standardisiertes Verfahren zur Einschätzung des Alters bei minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen gibt.

Derzeit gibt es laut einer Handreichung des MKFFI ein abgestuftes Verfahren. Sofern Ausweispapiere vorliegen, sind diese zur Grundlage der Altersfeststellung zu machen. Sollten keine eindeutigen Ausweispapiere vorliegen, ist mittels qualifizierter Inaugenscheinnahme das Alter einzuschätzen. Bestehen nach Ermessen des Jugendamts weiterhin Zweifel an der Minderjährigkeit, ist eine ärztliche Untersuchung zu veranlassen. Diese Untersuchung bedarf der Zustimmung der Jugendlichen und ihrer Vertreter. In Dänemark und Schweden haben Untersuchungen von vermeintlich minderjährigen Flüchtlingen ergeben, dass mindestens 75 Prozent von ihnen in Dänemark 3 und mindestens 85 Prozent von ihnen in Schweden 4 nicht minderjährig sind. Hieran wird deutlich, wie wichtig die korrekte Altersfeststellung ist, da sich erhebliche rechtliche und finanzielle Folgen aus falschen Altersangaben per Selbstauskunft bzw. fehlerhafter Altersfeststellungen ergeben.

In Nordrhein-Westfalen glaubt man auch im Zweifel den vorgeblich jugendlichen Migranten. Auch bei berechtigten Zweifeln sind also die Voraussetzungen erfüllt, um die unbegleiteten minderjährigen Ausländer (UMA) nach § 42a SGB VIII vorläufig oder nach § 42 SGB VIII in Obhut zu nehmen. Ganz anders argumentiert hingegen das Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge. In Publikationen des Bundesamtes heißt es: „Um die bei allen Methoden nicht hinweg zu diskutierende Fehlerspanne zu verringern, sind mehrere Methoden, nichtmedizinische und medizinische, miteinander zu kombinieren.“

Im Rahmen der medizinischen Altersfeststellung kann eine forensische Altersfeststellung zur Anwendung kommen. Diese kann eine Begutachtung des Gebisses, eine Feststellung der Zahnreife, eine visuelle Beurteilung der körperlichen Reife durch medizinisches Fachpersonal aber auch ärztliche Maßnahmen, wie Ultraschall- und Röntgendiagnostik (Zähne, Handwurzelknochen, Schlüsselbeine) beinhalten. Im Rahmen dieser Untersuchungen lassen sich das wahrscheinliche Alter und auch das Mindestalter angeben. Das Mindestalter ist hierbei das geringstmögliche Alter. Das führt dazu, dass die Schätzungen praktisch immer zu jung ausfallen, damit also, wenn man so will, „für“ den Jugendlichen.

Laut Andreas Schmeling vom Institut für Rechtsmedizin der Universitätsklinik Münster, dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft für Forensische Altersdiagnostik, würde jemand, der tatsächlich minderjährig ist, niemals als volljährig klassifiziert werden. 5 Der Tageszeitung Die WELT sagte er dazu kürzlich: „Zwar kann man nicht das exakte Alter bestimmen, doch der zweifelsfreie Nachweis der Volljährigkeit ist möglich.“ 6 Etwaige Schäden für Leib und Leben können mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Dies gilt auch für die ggf. durchzuführende Röntgenuntersuchung.

Zurzeit besteht bei der medizinischen Altersüberprüfung keine Mitwirkungspflicht der UMA, sondern nur eine Obliegenheit zur Mitwirkung. Sozialstaatliche Solidarität setzt voraus, dass die Leistungsempfänger über ihre Anspruchsgrundlagen wahrheitsgemäß Auskunft geben. Davon geht unser Sozialgesetzbuch gemäß § 62 SGB I aus. „Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, soll sich auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers ärztlichen und psychologischen Untersuchungsmaßnahmen unterziehen, soweit diese für die Entscheidung über die Leistung erforderlich sind.“

Für die Gewährung von Jugendhilfeleistungen sind korrekte Altersinformationen notwendig. Wenn Jugendliche ihr Alter nicht durch aussagekräftige Dokumente belegen können und sich die Minderjährigkeit nicht zweifelsfrei feststellen lässt, sind medizinische Altersüberprüfungen ein wichtiges und essentielles Steuerungsinstrument um die unverhältnismäßig hohen Kosten für die Betreuung jugendlicher Ausländer, die zu einer immer größeren Belastung für kommunale Haushalte und die Kinder- und Jugendhilfe werden, zu vermeiden bzw. auf Personen, die noch nicht volljährig sind, zu beschränken. Mit den so eingesparten Geldern könnten andere wichtige Aufgaben wahrgenommen werden. Für eine annähernd korrekte Alterseinschätzung reichen Inaugenscheinnahmen allein nicht aus, medizinische Untersuchungen sind unabdingbar.

II. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. alle Untersuchungsmöglichkeiten zu nutzen, die eine möglichst sichere Altersfeststellung gewährleisten.
  2. eine medizinische Altersfeststellung bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern zwingend vorzuschreiben, wenn sich das Alter nicht auf anderem Wege sicher und zweifelsfrei bestimmen lässt. Bei kleinen Kindern kann diese Untersuchung auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
  3. der „professionellen Inaugenscheinnahme“ durch pädagogisch geschulte Fachkräfte der Jugendhilfe nicht länger Vorrang zu geben. Die Altersüberprüfung ist unabhängigen Gutachtern, also Ärzten und Psychologen, zu überlassen. Jugendämter bzw. Jugendhilfe sind von dieser Aufgabe zu entbinden.
  4. die gesicherte Altersfeststellung in zweifelhaften Fällen durch oben beschriebene Gutachter im Rahmen der Erstaufnahme in der LEA zwingend durchzuführen. Erst nach der Altersfeststellung ist in zweifelhaften Fällen zu entscheiden, ob die Jugendlichen in die Obhut der Jugendämter übergeben werden oder in das reguläre Asylverfahren überführt werden.
  5. für alle bereits registrierten unbegleiteten minderjährigen Ausländer (UMA), die ihr Alter nicht mittels eindeutigem Dokument nachweisen können, als Sofortmaßnahme, ab einem angegebenen Alter von 15 Jahren, eine nachträgliche medizinische Altersfeststellung anzuordnen um ggf. Volljährigkeit nachweisen zu können, oder den Zeitpunkt der Überprüfung in das reguläre Asylverfahren bestimmen zu können.
  6. im Bundesrat auf eine Änderung der diesbezüglichen Bestimmungen, wie z.B. §42 SGB VIII hinzuwirken.
  7. in der Handreichung des MKFFI „Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA) in NRW 2017“ das Kapitel 3.2.1. (Altersfeststellung) entsprechend zu überarbeiten.

Gabriel Walger-Demolsky

Markus Wagner

Andreas Keith

und Fraktion