Attacken auf Juden und jüdische Einrichtungen in NRW

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 122
des Abgeordneten Markus Wagner vom 09.07.2022

 

Attacken auf Juden und jüdische Einrichtungen in NRW

Die Antwort auf die Kleine Anfrage 6374 hat ergeben, dass im Jahre 2021 insgesamt 437 antisemitische Straftaten verübt wurden.1

Ziel dieser Anfrage ist es, ein genaueres Lagebild über die Gefährdung von Juden und jüdischen Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen zu erhalten.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Angriffe auf jüdische Einrichtungen gab es in NRW seit dem 1. Januar 2020 bis heute? (Bitte nach Jahr, Ort und Straftatbestand aufschlüsseln)
  2. Wie viele Angriffe auf Juden gab es in NRW seit dem 1. Januar 2020? (Bitte nach Jahr, Ort und Straftatbestand aufschlüsseln)
  3. Welche Motive lagen den Straftaten zu Grunde (religiös, politisch etc.)? (Bitte die Straftatbestände den Motiven zuordnen)
  4. In wie vielen Fällen besaßen die Tatverdächtigen nicht die deutsche Staatsbürgerschaft? (Bitte nach Jahr und Staatsbürgerschaft aufschlüsseln)
  5. In wie vielen Fällen besaßen die Tatverdächtigen zusätzlich zur deutschen eine weitere Staatsbürgerschaft? (Bitte nach Jahr und Staatsbürgerschaft aufschlüsseln)

Markus Wagner

 

Anfrage als PDF

 

1 Vgl. Lt.-Drucksache 17/16665


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 122 mit Schreiben vom 3. August 2022 namens der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheitlich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“.

Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie

  • den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten;
  • sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben;
  • durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden;
  • gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet.

Darüber hinaus gehören Straftaten gemäß der §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102-104a, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 130, 192a, 234a oder 241a Strafgesetzbuch als Staatsschutzdelikte zur PMK, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.

Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungs-zusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.

Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KPMD-PMK).

Die Erhebung der Fallzahlen für das Jahr 2022 ist noch nicht abgeschlossen, weshalb die in diesem Bericht angegebenen Fallzahlen als vorläufig zu betrachten sind.

  1. Wie viele Angriffe auf jüdische Einrichtungen gab es in NRW seit dem 1. Januar 2020 bis heute? (Bitte nach Jahr, Ort und Straftatbestand aufschlüsseln)
  2. Wie viele Angriffe auf Juden gab es in NRW seit dem 1. Januar 2020? (Bitte nach Jahr, Ort und Straftatbestand aufschlüsseln)
  3. Welche Motive lagen den Straftaten zu Grunde (religiös, politisch etc.)? (Bitte die Straftatbestände den Motiven zuordnen)

Die Fragen 1 bis 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Seit dem 01.01.2020 wurden mit Stand 18.07.2022 in Nordrhein-Westfalen bislang 30 Straftaten gegen jüdische Einrichtungen und 694 Straftaten gegen Angehörige der jüdischen Religion erfasst.

15 der oben genannten 724 Straftaten richteten sich zugleich gegen jüdische Einrichtungen und gegen jüdische Personen.

Weitergehende Daten bitte ich den Anlagen 1 (Straftaten gegen jüdische Einrichtungen) und 2 (Straftaten gegen Angehörige der jüdischen Religion) zu entnehmen.

  1. In wie vielen Fällen besaßen die Tatverdächtigen nicht die deutsche Staatsbürgerschaft? (Bitte nach Jahr und Staatsbürgerschaft aufschlüsseln)

Im Jahr 2020 wurden 10, im Jahr 2021 29 und im Jahr 2022 bislang zwei Tatverdächtige nicht deutscher Staatangehörigkeit erfasst.

Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 3 zu entnehmen.

  1. In wie vielen Fällen besaßen die Tatverdächtigen zusätzlich zur deutschen eine weitere Staatsbürgerschaft? (Bitte nach Jahr und Staatsbürgerschaft aufschlüsseln)

Im Jahr 2020 wurden fünf Tatverdächtige bei Tatfeststellung mit der deutschen und je einer weiteren Staatsangehörigkeit erfasst. Hierbei handelte es sich um je eine tunesische, iranische, polnische, türkische und libanesische Staatsangehörigkeit.

Im Jahr 2021 wurden sechs Tatverdächtige bei Tatfeststellung mit der deutschen und je einer weiteren Staatsangehörigkeit erfasst. Hierbei handelte es sich um zwei libanesische und je eine russische, österreichische, türkische und tunesische Staatsangehörigkeit.

Im Jahr 2022 wurden bislang zwei Tatverdächtige bei Tatfeststellung mit der deutschen und je einer weiteren Staatsangehörigkeit erfasst. Hierbei handelte es sich um eine polnische und eine russische Staatsangehörigkeit.

 

Antwort samt Anlage als PDF

Beteiligte:
Markus Wagner